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Ein Doppelleben im Kosmos

Ein Doppelleben im Kosmos

Titel: Ein Doppelleben im Kosmos
Autoren: Robert A. Heinlein
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»Können Sie mit diesem Kram irgend etwas anfangen?«
    »Kram« war es wirklich - nämlich das viel zu teuer bezahlte und unfachgemäße Schminkzeug, das an theaterbesessene Jugendliche über dem Ladentisch verkauft wird. Ich betrachtete es mit leiser Verachtung. »Erwarten Sie etwa, daß ich mich jetzt sofort für die Rolle zurechtmache? Ohne Zeit zum Studium?«
    »Nein, nein, nein! Ich möchte nur, daß Sie Ihr Gesicht verändern, damit nicht irgend jemand Sie erkennt, wenn wir von hier weggehen. Das geht doch, nicht wahr?«
    Ich erwiderte steif, daß alle Berühmtheiten ja die Unannehmlichkeit hätten, von der Öffentlichkeit erkannt zu werden.
    »Gut, dann verändern Sie bitte Ihr Gesicht so, daß es nicht mehr das Ihre ist.« Damit entfernte er sich.
    Ich seufzte und sah das Kinderspielzeug durch, das er mir ausgehändigt hatte, sicherlich in der Meinung, daß dies das Handwerkszeug meines Berufs sei: Fettschminken, die für Clowns paßten, stinkenden Spiritusklebstoff, Kräuselhaar, das aus Tante Maggys Wohnzimmerteppich herausgerissen zu sein schien. Kein bißchen Plastilin, keine elektrischen Bürsten, keine modernen Hilfsmittel irgendwelcher Art. Aber ein wahrer Künstler kann Wunder tun mit einem verkohlten Streichholz oder Zutaten, die man in einer Küche findet, und mit seinem eigenen Genie. Ich stellte die Lampen auf und versank in schöpferische Überlegungen.
    Es gibt mehrere Möglichkeiten, ein bekanntes Gesicht unerkennbar zu machen. Die einfachste ist eine Irreführung. Man stecke einen Mann in Uniform, und sein Gesicht wird wahrscheinlich nicht beachtet werden. Oder erinnern Sie sich etwa an das Gesicht des letzten Polizisten, dem Sie begegnet sind? Könnten Sie ihn wiedererkennen, wenn Sie ihn dann in Zivil wiedersähen? Ebenso ist es mit auffallenden besonderen Merkmalen. Wenn man einen Mann mit einer ungeheuren Nase, die vielleicht durch Pickel entstellt ist, ausstattet, so werden die gewöhnlichen Leute fasziniert auf diese Nase starren, die Höflichen werden sich abwenden, aber keiner wird das Gesicht beachten.
    Ich entschied mich aber gegen diese primitiven Maßnahmen, weil ich der Ansicht war, daß mein Arbeitgeber wünschte, daß ich überhaupt nicht bemerkt würde, und nicht, daß ich durch besondere Merkmale auffiele. Das ist viel schwieriger. Jeder kann auffallend sein, aber es ist eine wirkliche Geschicklichkeit erforderlich, wenn man nicht bemerkt werden will. Ich brauchte ein Gesicht, das so alltäglich war, daß man sich unmöglich daran erinnern konnte, so wie das wahre Gesicht des unsterblichen Alec Guinness. Unglücklicherweise sind meine aristokratischen Gesichtszüge viel zu vornehm und zu hübsch - was eine bedauerliche Schwierigkeit für einen Charakterdarsteller ist. Mein Vater pflegte zu sagen: »Larry, du bist bei weitem zu hübsch! Wenn du deine Faulheit nicht überwindest und das Geschäft lernst, wirst du fünfzehn Jahre als jugendlicher Held spielen, in der Einbildung, ein Schauspieler zu sein, und dann wirst du im Foyer Bonbons verkaufen. Dumm und hübsch sind die beiden schlimmsten Laster beim Theater, und du bist beides.«
    Dann pflegte er seinen Gürtel abzunehmen und mein Gehirn anzuregen. Mein Vater war ein praktischer Psychologe und glaubte, daß man, wenn man die Gesäßmuskeln mit einem Riemen erwärmte, dadurch das überschüssige Blut vom Gehirn eines Knaben abzöge. Wenn diese Theorie auch vielleicht auf unsicheren Füßen stand, haben die Ergebnisse doch die Methode gerechtfertigt. Mit fünfzehn Jahren konnte ich auf dem Seil kopfstehen und seitenlang Shakespeare und Shaw rezitieren oder einfach die Aufmerksamkeit aller Leute auf mich lenken, nur indem ich mir eine Zigarette anzündete.
    Ich war noch tief in meine schöpferischen Überlegungen versunken, als Broadbent den Kopf hereinsteckte. »Du meine Güte!« rief er. »Haben Sie noch nichts gemacht?«
    Ich sah ihn kühl an. »Ich hatte angenommen, ich solle beste schöpferische Arbeit leisten; das kann man nicht überstürzen. Würden Sie erwarten, daß ein Meisterkoch auf einem galoppierenden Pferd eine neue Sauce komponiert?«
    »Zum Teufel mit den Pferden!« Er blickte auf die Uhr, die er am Finger trug. »Sie haben noch sechs Minuten Zeit. Wenn Sie bis dahin nichts machen können, müssen wir es eben darauf ankommen lassen.«
    Also gut! Natürlich ist es mir lieber, viel Zeit zu haben, aber ich hatte mit meinem Vater abwechselnd seine Verwandlungsnummer »Die Ermordung des Huey Long« gespielt,
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