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Ein Cowboy aus Manhattan

Ein Cowboy aus Manhattan

Titel: Ein Cowboy aus Manhattan
Autoren: Carter Brown
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muß sie sich mit zweien
zufriedengeben. Meinen Sie wirklich, sie wäre bereit, sie mit Ihnen zu teilen?«
    »Sie haben ein großes Maul,
Boyd«, sagte Virginia gepreßt und schlug mir ins Gesicht.
    »Recht habe ich trotzdem«,
sagte ich.
    »Klar hat er recht«, meinte
Willie heiter. »Wenn jemand so arrogant ist wie unser Primelchen hier, dann
geht das zu weit. Aber jetzt sind wir ja alle gemütlich beisammen und haben
Gelegenheit, die Probleme zu klären.«
    »Und wie?« fragte ich.
    »Darf ich es sagen, Willie?«
bat Virginia mit eifriger Kleinmädchenstimme.
    »Warum nicht?« meinte er
großzügig.
    »Tja, das ist eines dieser
uralten Dreiecke«, sagte sie eifrig. »Wir wissen, es ist ein bißchen kitschig,
aber die Zeitungen fallen nur so darüber her. Das Liebesnest in den Bergen. Da
ist also Boyd, der sich mit der Frau dieses armen Mannes wie wild amüsiert — und
wer kommt ausgerechnet hereinspaziert? Das Mädchen, das Boyd anbetet und bis zu
diesem Augenblick geglaubt hatte, die Zuneigung beruhte auf Gegenseitigkeit.
Sie ist außer sich vor Zorn, zieht einen Revolver und erschießt die beiden. Und
dann?« Virginia kicherte plötzlich. »Dann bekommt sie Gewissensbisse. Sie bekommt
so arge Gewissensbisse, daß ihr nichts anderes einfällt, als den Revolver gegen
die eigene Schläfe zu richten und abzudrücken.« Sie leckte sich die Lippen.
»Nun, Pattie, das klingt doch gut, oder?«
    Pattie stieß einen gequälten
Ton aus, preßte den Handrücken gegen den Mund und sackte an die Wand.
    »Und du?« Virginia sah Primel
an, die mit steinernem Gesicht dastand. »Du bescheuerter Trampel! Du
lächerlicher Abklatsch von Joe Hill! Geht dir das in deinen Kuhkopf?«
    Primel Hill gab ein primitives
Grunzen von sich und handelte dann schneller, als alle anderen denken konnten.
Sie packte Virginia am Pullover, hob sie hoch und schwang sie herum. Ihre
zappelnden Beine trafen den unvorbereiteten Willie in den Magen, ihm fiel der
Revolver aus der Hand. Primel ließ Virginia los, die mit einem lauten Plumps zu
Boden fiel, packte dann die Waffe.
    »So«, sagte sie schwer atmend,
als sie sich wieder aufgerichtet hatte, »jetzt sieht alles anders aus! Ich — «
    »Du — « Virginia kam torkelnd
auf die Füße. Die blonde Perücke war ihr auf den Hinterkopf gerutscht, was ihr
ein groteskes Aussehen verlieh. Aus ihrem Mund quoll ein Strom unflätiger
Wörter, als sie mit erhobenen Händen auf Primel losging.
    »Bleib, wo du bist«, rief
Primel scharf. »Ich schieße, wenn du näherkommst!«
    Virginia sagte ihr, was sie mit
der Knarre machen konnte, und kam näher. Ich griff nach dem kleinen Revolver
unter meinem Hosenbund, weil ich den Eindruck gewann, daß der Mumpitz langsam
zu weit ging. Mädchenkämpfe sind nur im Kino lustig. Und dann wurde aus dem Mumpitz
eine Tragödie.
    Primel drückte zweimal ab, der
schwere .38er zuckte in ihrer Hand, aber aus dieser kurzen Entfernung konnte
sie nicht danebenschießen. Virginia blieb plötzlich stehen, die Vorderfront
ihres Kleides war auf einmal blutrot. Einen Augenblick lang krallten ihre Hände
in die Luft, dann sackte sie seitwärts zu Boden. Willie schrie laut auf, riß
Primel den Revolver aus der Hand und richtete ihn auf sie. Wir feuerten
gleichzeitig. Willies Geschoß machte ein häßliches Loch in Primels Stirn, und ich traf ihn in die Brust.
Ich schoß dreimal, weil Willie ein kräftiger Bursche war und Louises Revolver
kaum mehr als ein Spielzeug.
    Und dann war plötzlich alles
vorbei. Die drei lagen tot auf dem Boden; Pattie versuchte, ihren Kopf in die
Wand der Hütte zu rammen, und Walt stand einfach da und versuchte zu begreifen,
was eigentlich geschehen war.
    »Pattie!« Ich rief ihren Namen
laut genug, um sie heftig zusammenzucken zu lassen.
    »Was?« sagte sie teilnahmslos.
    »Sie nehmen jetzt Virginias
Auto«, sagte ich. »Das blaue Cabrio, das draußen steht. Fahren Sie nach Hause.«
    »Nach Hause?« flüsterte sie.
    »Immerhin sind Sie eine
verheiratete Frau«, sagte ich. »Ihr Mann hat Sie sehr vermißt.«
    »Edwin?« Sie wischte sich
langsam den Mund ab. »Aber was soll ich ihm denn sagen?«
    »Sie werden ihm die Wahrheit
sagen müssen«, meinte ich. »Was Sie waren, und was Virginia war.«
    »Das wird ihn vernichten.«
    »Ich glaube nicht«, sagte ich.
»Aber was bleibt Ihnen anderes übrig?«
    Sie sah mich lange an und
nickte dann langsam. Als sie die Tür erreicht hatte, war ihr Gang schon
entschlossen. Ich fummelte mit einer Hand nach einer Zigarette — an
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