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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe
Autoren: Valerie Menton
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U-Boote… deutsche U-Boote…
    Wir sind getroffen… mindestens zwei deutsche Torpedos haben uns getroffen… keine Chance… wir besetzen die Rettungsboote… schwere See… Sturm… sie können es nur schaffen, wenn sie die Küste erreichen… ich sehe Leuchtteuer… während ich darauf zu halte, bricht das Schiff auseinander… der Rumpf versinkt… wenig später zerbirst der Bug auf einem Felsenriff… ich rette mich auf diese Insel… es geht mir schlecht… ich bin verletzt und werde die Nacht nicht überleben… ich bete, dass meine Frau und mein Kind gerettet werden… ich bete für alle… oh, mein Gott, verlass sie nicht…

    Yuna weinte und der Hund versuchte sie zu trösten, indem er ihr mit seiner rauen Zunge den Arm leckte.
    Julien schlug das Buch zu, packte es wieder in das Öltuch und sagte mit belegter Stimme:
    „Wir, wir müssen gehen… die Flut kommt.“
    Und nicht nur die Flut kam. Es kam auch der Nebel.
    Wie häufig in dieser Gegend, in der immer wieder unterschiedliche Temperaturen aufeinander stießen, hatte sich auch heute eine breite Nebelfront draußen vor der Bucht gebildet, die nun mit der Flut zusammen in sie eindrang.
    Yuna und Julien liefen hastig den Weg zurück, halfen dem Hund und sich gegenseitig über den Felsen und eilten dann am Witwenkreuz vorbei über das kleine Inselplateau zur Chaussée du diable .
    Ebenso sehr wie die Flut mussten sie den Nebel fürchten.
    Wenigsten stellten sie erleichtert fest, dass der Weg zum Land noch passierbar war. Auch wenn er an einigen Stellen durch Priele führte und bereits etwas überspült war, würden sie es noch rechtzeitig zum Ufer schaffen.
    Wenn ihnen der Nebel nicht einen Strich durch die Rechnung machte. Die ersten Ausläufer der Front berührten sie bereits mit ihren kalten Fingern und als sie etwa die Hälfte des Weges hinter sich hatten, wurden sie davon eingeholt und der Nebel legte sich wie ein feuchtkaltes Tuch über sie und nahm ihnen fast gänzlich die Sicht.
    Dann standen sie vor dem ersten voll gelaufenen Priel und Yuna konnte nur noch schwer die Panik unterdrücken, welche bei diesem Anblick wie ein kaltes Alien in sie hineinkroch und jede Vernunft und logisches Denken abzutöten schien. Doch sie riss sich zusammen.
    „Bist du sicher, dass wir noch auf dem richtigen Weg sind?“, fragte sie Julien und unterdrückte krampfhaft ihre Angst. „Ist der Priel hier nicht viel zu tief? Ich dachte die Chaussée du diable verläuft oberhalb des tiefen Wassers?“
    Julien schüttelte den Kopf.
    „Nein, nein, wir sind schon richtig hier. Es ist der letzte Priel, vor dem Plage Martin , er liegt in einer Senke und führt deswegen schon so viel Wasser. Der Weg steigt aber noch im Priel wieder an. Wir dürfen jetzt nur nicht von ihm abkommen.“
    Das war leichter gesagt als getan. Außerdem gab es Probleme mit dem Hund. Er weigerte sich nun nämlich weiter durch das Wasser zu laufen, was verständlich war, weil es ihm fast bis zum Hals stand. So nahm Julien ihn schließlich auf den Arm und trug ihn, unter dem Gewicht keuchend, hinter ihr her, während Yuna, das kostbare Päckchen mit dem Logbuch an sich gepresst, versuchte, unter Wasser mit den Füßen den Weg zu ertasten.
    Da die Nebelwand fast das gesamte Sonnenlicht absorbierte, war es inzwischen sehr kühl geworden. Schaudernd dachte Yuna an die Islandfischer . So etwa mussten Yann und seine Kameraden das Meer vor Island erlebt haben, wenn Wasser und Himmel kaum von einander unterscheidbar zu einer einzigen bleiernen Ödnis ineinander rannen.
    Ihr war kalt, die durch das Salzwasser watenden Beine zu Eis erstarrt, und der Nebel schien nach und nach alle Energie aus ihr herauszusaugen. Ihre Konzentration ließ nach und mehr als einmal kam sie vom Weg ab und sie fühlte, wie der Sand unter ihren Füßen nachgab und sie einzusinken drohte.
    Aber Julien blieb wachsam und zog sie stets rechtzeitig zurück.
    Der Hund trottete nun wieder an der Leine dicht bei Fuß neben ihnen her.
    „Wir werden es schaffen, nicht wahr“, sagte Yuna und sie sahen sich mit einem liebevollen Blick an, aus dem sie beide noch einmal Kraft zogen. Julien nickte ihr aufmunternd zu.
    „Jetzt, wo wir mit diesem Logbuch die Lösung aller Rätsel und Geheimnisse in unseren Händen halten, wird mich nichts und niemand davon abhalten, es nach Le Ro zubringen.“
    Sie lachte. „Mich nimmst du aber hoffentlich auch mit?!“
    Es war als wäre plötzlich ein Bann gebrochen und der Eispanzer zerbrochen, in den der kalte
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