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Ein bisschen schwanger

Ein bisschen schwanger

Titel: Ein bisschen schwanger
Autoren: K Dunker
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mir war kalt und mein Gesicht brannte von der Salzwasserluft. Ich war in der achten Woche schwanger, aber ich hörte das Herz meines Kindes nicht, das Toben der Elemente drum herum war viel zu laut.
    Ich musste mir ein für allemal Klarheit darüber verschaffen, was ich wirklich wollte, und deshalb musste ich Patrick sehen.

Patrick
    19. Oktober, 17 Uhr
    Kurz nachdem ich meine Tasche ausgepackt hatte, nahm ich den Bus. Handy und Fernglas hatte ich dabei.
    Ich stieg dort aus, wo ich vor langer Zeit einmal heulend und zitternd im Wartehäuschen auf der Bank gesessen und den Bus ohne mich hatte fahren lassen.
    Als ich sein Auto vor dem Haus sah, begann mein Puls zu rasen. Ich setzte das Fernrohr an die Augen. In der Küche stand seine Oma, wahrscheinlich briet sie wieder Schnitzel. Ich ging zu seinem Auto und spuckte demonstrativ auf die Motorhaube. Sollte er doch herauskommen!
    Nichts tat sich. Ich ging um das Haus herum. Sein Zimmer war hell erleuchtet und hatte keine Gardinen. Patrick saß an seinem Computer, ich sah sein Gesicht im Profil, er blickte auf den Bildschirm und konnte mich hinter der Hausecke nicht bemerken.
    Es begann zu regnen. Ich blieb stehen. Um mich herum wurde es dunkler. Meine Füße wurden kalt. Ich sah Patrick immer noch an. Da gab es nichts, wovor ich mich fürchten musste. Er war nur ein Wurm, der stundenlang stumpfsinnig in eine Maschine blickte.
    Gut, er hatte mich geschwängert, aber er ahnte nichts von seinem Kind. Er hatte keine Macht, weder über das Ungeborene noch über mich. Praktisch war es gar nicht sein Kind, sondern meins.
    Da stand Patrick auf, öffnete das Fenster, lehnte sich hinaus. Spürte er, dass er beobachtet wurde? Hatte er mich gesehen? Und wenn schon. Diesmal würde er mich nicht kriegen. Weil ich es nicht wollte.
    Ich rannte los, nicht zur Haltestelle, an der ich ausgestiegen war, sondern quer durch die Siedlung zu einer anderen Buslinie. Mein Herz schlug wie verrückt. Ich hatte etwas Ungeheuerliches getan! Ich war hingefahren und hatte ihn mir noch einmal angeguckt. Ich hatte meine Angst vor ihm nicht überwunden, das nicht, aber ich hatte einen allerersten Schritt dazu getan.
    »Es ist mein Kind, Patrick, nicht deins«, sagte ich und legte die Hand auf meinen Bauch, »deshalb mache ich damit auch, was ich will!«

Morgen
    19. Oktober, 18 Uhr
    »Wenn du willst, bin ich gleich bei dir. Ich sitze schon im Bus. Du musst nur Ja sagen, dann komme ich.«
    »Ja! Natürlich! Ich freu mich auf dich, Linda!«
    Ich schaltete das Handy aus und lächelte den türkischen jungen Mann, der mir gegenübersaß, an. Ich meinte ihn nicht. Ich lächelte nur so für mich, für mein Glück und mein Wohlbefinden, aber er bezog es auf sich.
    »Wie heißt du?«, fragte er.
    Ich musste lachen. Glaubte er echt, ich wollte ihn anmachen? Versuchte er es bei jeder Frau oder strahlte ich so eine Lebensenergie aus? Ich legte die Hand wieder auf meinen Bauch, lachte lauter.
    »Du bist nett!«, sagte er. »Wie heißt du?«
    »Wir«, sagte ich und stand auf, »wir sind zwei. Und leider müssen wir jetzt gehen. Aber sei nicht traurig, wir sind schon vergeben und nett sind wir auch nicht.«
    »Hä?« Er fühlte sich veräppelt, doch mir war danach, die ganze Welt zu veräppeln!
    Ich sprang aus dem Bus, hüpfte auf dem Gehsteig zu Martins Haus, flog in seine Arme, flog aus meinen Klamotten, flog auf sein Bett, flog durch den Himmel, flog einmal und noch einmal und noch einmal und kicherte nachher so ausgelassen, als sei ich betrunken von Glück: »Weißt du, was das Gute am Schwangersein ist, Martin? Man kann es tun, so oft man will, und braucht keinerlei Angst zu haben, dass man schwanger wird.«
    »Das stimmt«, antwortete Martin, der unter mir lag, mit einem wohligen Seufzen, » ich werde mich von nun an nur noch mit Frauen einlassen, die gerade von einem anderen ein Kind erwarten.«
    »Soll das heißen, du verlässt mich, wenn ich nicht mehr schwanger bin?« Ich setzte mich auf, packte ein Kissen und schwang es drohend über seinem Kopf.
    »Genau. – Au! « Das Kissen hatte gesessen.
    »Das würde ich mir lieber noch mal überlegen!« Ich brachte das Kissen erneut in Schussposition. »Nun?«
    »Stimmt, das wäre dumm, das wäre ja dann schon morgen.
    Ich müsste dich ja schon morgen verlassen und das will ich dann doch nicht.«
    Martin lächelte mich lieb an, er sah süß aus, seine roten Wangen, sein glückseliger Nach-der-Liebe-Gesichtsausdruck, sein Lachen, seine ungleichen Augenfarben, seine
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