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Ein bisschen schwanger

Ein bisschen schwanger

Titel: Ein bisschen schwanger
Autoren: K Dunker
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sich durch nichts beirren lassen: »Ich bin hier, weil ich dich warnen will. Es geht um die Party, die Torsten am Wochenende macht. Da soll als Gag zu später Stunde eine Gruselrallye stattfinden, die Gäste werden in Gruppen wie auf einer Schnitzeljagd durch den Wald geführt und mit Gummiskeletten und ferngesteuerten kleinen Monsterautos erschreckt. Kinderkram eigentlich, aber wenn man ein bisschen beschwipst und in Stimmung ist, kommt das bestimmt ganz gut. Nur … also, Patrick hat sich da irgendwas richtig Fieses ausgedacht, was, weiß ich nicht genau, aber er will es unbedingt vorher so arrangieren, dass du mit Tim und mir in einer Gruppe bist. Du sollst natürlich nicht wissen, dass er an der Vorbereitung der Rallye beteiligt ist, dass er überhaupt zur Party eingeladen ist, das soll eine Überraschung sein. Also, jedenfalls sollen wir, Tim und ich, dich dann im Wald allein lassen, so dass er dich erschrecken kann. Wie, weiß ich nicht. Er sagt, das soll nur ein besonders toller Spaß sein, aber bei ihm weiß man ja nie, was er so vorhat und … also … ich … ich würde dir raten, da nicht hinzugehen.« Till holte tief Luft.
    »Das war’s eigentlich schon, was ich dir sagen wollte. Sag Patrick nicht, dass ich ihn verpfiffen habe, das verzeiht er mir sonst nie.«
    Ich nickte langsam. »In Ordnung«, flüsterte ich, »ich werde ganz sicher nicht hingehen. Danke.«
    Hinter mir waren die fröhlichen Stimmen verstummt, meine Familie und meine Freunde standen im Flur.
    »Was hat Patrick vor?«, fragte Martin.
    »Hat er einen bestimmten Anlass? Hat er was erfahren?«, wollte meine Mutter wissen.
    Till zuckte die Achseln.
    Dann standen wir da. Still. Rabea hielt ihr Sektglas noch in der Hand, mein Vater trug noch die Leisten für die Rahmen. Aber die Stimmung war umgekippt. Patrick war zurück, und soviel wir uns auch vormachten, das Kind in meinem Bauch war von ihm.

Die letzte Nacht IV
    3. November
    In unserer Straße begegne ich der Zeitungsausträgerin.
    »Guten Morgen«, sagt sie erstaunt, nicht gewohnt, zu dieser Stunde jemanden auf der Straße zu treffen. Ich steige die Stufen zu unserem Haus hinauf, ziehe mit klammen Fingern unsere Tageszeitung aus dem Briefkasten und stecke umständlich den Schlüssel ins Schloss. Es ist kalt geworden, besonders in den Morgenstunden merkt man, dass wir schon richtig Winter haben.
    Im Flur riecht es nach Grünkohl mit Mettwurst. Wenn ich mir das triefende Fett der Wurst nur vorstelle, kippe ich um vor Ekel.
    »Wo zum Teufel warst du?« Meine Mutter steht im Nachthemd in der Tür. Sie flüstert, zieht mich hinein. »Du musst schlafen! Du hast nur noch zweieinhalb Stunden! Um sieben klingelt dein Wecker, dann musst du aufstehen und fit sein!«
    Ihr Hals ist voller roter Flecken. Das ist die Hektik, die Sorge. Wahrscheinlich hat sie, nachdem sie gemerkt hat, dass ich weggegangen war, kein Auge mehr zugetan.
    »Ich muss noch nachdenken. Ich bin noch nicht am Ende.« »Es reicht jetzt! Ab ins Bett und schlafen, aber schnell! Und weck Papa nicht!«
    Sie zieht mir die Zeitung aus der Hand. Bevor sie mich energisch in mein Zimmer schiebt, erhasche ich einen Blick auf den Aufmacher der Titelseite. Der Star-Artist, der während der voll besetzten Show in Amerika von einem seiner Tiger angefallen wurde, schwebt noch immer in Lebensgefahr. Er habe, schreibt ein Experte, die Gefährlichkeit der Raubkatzen unterschätzt, sich einfach zu sehr in Sicherheit gewähnt.
    Ich streife meine Klamotten ab und falle ins Bett. Wach wollte ich bleiben, aber ich kann nicht mehr. Die Augen fallen mir zu. Nur fünf Minuten schlafen, denke ich, nur fünf Minuten ausruhen und dabei noch einmal an etwas richtig Schönes denken. Ich kuschele mich unter meiner Decke zusammen, schnappe mir Plumpsi, schließe die Augen und lasse die Bilder meiner Ausstellung noch einmal vor meinem inneren Auge aufleuchten:
    Zwölf großformatige Dschungelbilder, in denen sich unzählige farbenprächtige Vögel zwischen den grünen Zweigen versteckt haben, aus dem Bild herausgucken oder nach leuchtenden Beeren picken. Und irgendwo sieht man zwischen all den Phantasievögeln auch ein seltenes Exemplar der menschlichen Art, mit zweifarbigen Augen. So was soll’s ja geben.
    Ebenso wie blauäugige Tiger. Auf einem anderen Bild lugt plötzlich der Räuber aus dem Dickicht heraus. Noch haben die Gazellen ihn nicht bemerkt. Rot steht die Sonne am Himmel, als würde sie brennen. Die Dunkelheit naht. Versteckte Schlangen zischen
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