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Eifelbaron

Eifelbaron

Titel: Eifelbaron
Autoren: Rudolf Jagusch
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seh dich schon«, antwortete er und winkte. Ihre rote Daunenjacke leuchtete in der schmutzig braunen, von zwei Scheinwerfern erleuchteten Umgebung unwirklich grell. Sie trat von einem Bein auf das andere. Ihre dunkelblonden, mit hellen Strähnen durchzogenen, schulterlangen Haare klebten feucht am Kopf. Fischbach verspürte Mitleid mit ihr. Es war offensichtlich, dass Andrea Lindenlaub bis auf die Knochen durchgefroren war.
    Ein rot-weißes Absperrband war in einem Radius von circa zwanzig Metern um den Tatort von Baum zu Baum gespannt. Beim Näherkommen zählte Fischbach fünf Kollegen der Kriminaltechnik, alle in weißen Schutzanzügen und mit Schutzhauben auf dem Kopf. Sie werkelten emsig um ein Stück alte Mauer, das nicht viel größer als ein Garagentor war. Moos hatte sich in den Ritzen ausgebreitet und schimmerte feucht. Links an den Bruchsteinen saß eine lebensgroße Steinstatue, von der nur noch der Rumpf und die Oberschenkel vorhanden waren.
    Fischbach schluckte trocken, als sein Blick auf den Leichnam fiel. Der Tote saß mit dem Rücken in den Winkel gedrückt, den die Statue zur Mauer bildete. Kuschelig. Auch dem Opfer fehlte der Kopf. Knochensplitter, Blut und Gehirnmasse klebten an der Steinwand, an der der Leichnam lehnte.
    »Gütiger Gott. Der Kopf ist ja explodiert«, sagte er leise.
    Neben Andrea Lindenlaub fröstelte Guido Büscheler, totenbleich und heftig an einer Zigarette ziehend.
    »Wenn du dem noch die Hände und Füße abhackst, sieht er aus wie der steinerne Kollege«, flüsterte er rau.
    Büscheler stand kurz vor der Pensionierung. Fischbach wusste, dass er mit den Nerven runter war, und hätte ihm die ganze Sache hier gerne erspart. Doch bei der speziellen Sachlage konnte er auf einen so routinierten, zuverlässigen und emsigen Kollegen nicht verzichten.
    »Na dann mal rein ins Vergnügen«, seufzte Fischbach und hieb seinem neuen Kollegen aufmunternd auf die Schulter.
     
    Welscher gab jedem die Hand und stellte sich vor. Dabei vermied er es, zum Toten zu blicken. Wenn er eins hasste, dann waren es Leichen. Nicht gerade von Vorteil in seinem Beruf, das wusste er selbst. Regelmäßig rebellierte sein Magen. Auch jetzt spürte er bereits die aufsteigende Säure in seiner Speiseröhre. Stumm bemitleidete er sich selbst. Offensichtlich hatte sich heute alles gegen ihn verschworen. Es gab keinen gerechten Gott, entschied er.
    »Er wird uns unterstützen«, erläuterte Fischbach. »Mehr nachher im Büro. Lasst uns erst mal hier unsere Arbeit machen.«
    »Wann kommen die Bonner?«, wollte Büscheler wissen, während er seine Kippe auf dem gefrorenen Boden austrat. Er hustete röchelnd in die hohle Hand, räusperte sich und spuckte gelben Schleim auf den Boden. »Blöde Erkältung«, murmelte er und zündete sich direkt eine neue Zigarette an.
    Wohl eher die Raucherlunge, dachte Welscher.
    »Die kommen gar nicht«, antwortete Fischbach und erntete allseits überraschte Gesichter.
    »Wie? Was soll das denn heißen?«, echauffierte sich Andrea Lindenlaub. »Feiern die alle ihre Überstunden ab, oder was? Wenn es das ist, fehlt mir jegliches Verständnis. Ich bin auch schon fünfzehn Stunden im Dienst. Die sollen mal ihre Hintern …«
    »Beruhige dich«, bremste Fischbach sie. »Das wird sich nachher alles aufklären. Jetzt kümmern wir uns erst mal um den Tatort.«
    Welscher legte den Kopf schief. Da war er ja mal gespannt. Normalerweise leitete ein Kollege vom Bonner Polizeipräsidium die Mordermittlungen, das war ihm bekannt. Was war hier los? Ein nicht autorisierter Alleingang? Den würde er schnellstmöglich unterbinden, wenn es denn so wäre. Vielleicht könnte er sich so seine baldige Versetzung verdienen. Köln, ich komme, frohlockte er stumm.
    »Bringt uns mal auf Stand«, forderte Fischbach.
    Büscheler zog an seiner Zigarette und wies mit dem Kinn in Andrea Lindenlaubs Richtung. »Mach du. Du warst zuerst hier.«
    Sie nahm ihr Notizbuch und schlug eine Seite auf.
    »Der Anruf ging um vier Uhr siebzehn in der Leitstelle ein. Anrufer war ein gewisser Adolf Bachem, wohnhaft in Kreuzweingarten. Beruf Förster. Er war auf Inspektion, als er hier gegen drei Uhr fünfundvierzig vorbeikam. Der Streifenwagen und der Rettungsdienst trafen zeitgleich um zwanzig vor fünf ein. Der Notarzt kam zehn Minuten später. Er attestierte Tod durch Fremdeinwirkung.«
    Sie lachte unlustig. »Was unschwer zu erkennen gewesen sein dürfte. Zwischenzeitlich hat man mich aus dem Bett geholt.
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