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Eifelbaron

Eifelbaron

Titel: Eifelbaron
Autoren: Rudolf Jagusch
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umzudrehen.
    * * *
     
    Horst Fischbach, den alle bis auf seine Frau nur Hotte nannten, saß gedankenverloren an der Werkbank in seiner kleinen Werkstatt. Er starrte auf die grünliche Plane in der hinteren Ecke des Raumes. Eine Maus flitzte über den Berg, den der Stoff verbarg. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, warum er das Autowrack behalten hatte, erinnerte es ihn doch jeden Tag an den folgenschweren Unfall vor fünfzehn Jahren.
    Fischbach wischte sich über die Augen. Die Wochen vor Weihnachten waren die schlimmsten. Der Schmerz, der ansonsten ganz tief in ihm grummelte, flammte auf und entfachte sich bis zu den Feiertagen zu einer Feuersbrunst. In dieser Zeit wurde er wortkarg und abweisend, ohne es wirklich zu wollen.
    Jemand stupste ihn an die Wade. Er riss sich von dem Anblick los und beugte sich vor. »Mensch, Schnüffel«, seufzte er und tätschelte dem Tier die Seite. »Heitere mich mal was auf.«
    »Klößchen«, hörte er da seine Frau Sigrid über den kleinen Hof rufen. Die Tür der Werkstatt wurde aufgerissen, und sie stürmte herein. »Telefon, dein Chef.«
    Fischbach griff sich den Motorradtank von der Werkbank, klemmte ihn zwischen die Beine und begann, den Lack abzuschmirgeln. »Ich hab frei«, sagte er mit fester Stimme, um keinen Widerspruch zuzulassen. »Und ich mag es nicht, wenn du mich so nennst.«
    Sie legte den Kopf schief und lächelte, ihre Augen strahlten. Wie immer wirkte sie so, als ob ihr der Schalk im Nacken säße. Mit ihrem heiteren, gutmütigen und ehrlichen Charakter schaffte sie es immer wieder, seine trüben Gedanken zu vertreiben. Dafür liebte er sie.
    Sie hielt ihm das Telefon hin. »Nun hab dich doch nicht so. Es ist wohl wichtig.«
    Fischbach schüttelte demonstrativ den Kopf. Er hatte sich seinen freien Tag redlich verdient. Insgeheim wusste er jedoch, dass er gegen Windmühlen kämpfte.
    Sigrid trat neben ihn, streichelte ihm fürsorglich über sein volles Haar und drückte ihm den Hörer ans Ohr.
    »Was ist?«, blaffte Fischbach. »Letzte Woche noch hast du mir versichert, du hättest vollstes Verständnis dafür, dass ich mal eine Woche aussetzen muss. Und jetzt, ich bin kaum ein paar Stunden fort, muss ich schon wieder deine Stimme hören.« Er legte den Tank zur Seite und nahm Sigrid den Hörer aus der Hand.
    »Ich weiß«, hörte Fischbach die knorrige Stimme seines Chefs sagen. »Aber ich brauche dich hier. Dringend.«
    Sigrid winkte ihm stumm zu und schob ihren kleinen, runden Körper elegant wie eine Primaballerina zur Tür hinaus.
    Fischbach schluckte seinen Ärger hinunter. »Leg schon los«, presste er heraus.
    »Du wirst es kaum glauben«, verkündete sein Chef und begann mit wahrscheinlich vor Stolz geschwellter Brust, Ungeheuerliches zu erzählen.
    Staunend hörte Fischbach zu.
    * * *
     
    Welscher nahm die B 51 bis Kreuzweingarten. Immer noch prasselte eisiger Schneeregen auf die Windschutzscheibe. Die Wischer zogen Schlieren, der Austausch der Gummis war schon lange überfällig. Rund um Welschers Auto verschwamm die Landschaft in Grautönen und passte somit zu seiner Stimmung.
    Hinter Kreuzweingarten wusste er nicht weiter, hielt auf Höhe der Münsterbergstraße an und trommelte nervös auf das Lenkrad. Sofort beschlugen die Scheiben von innen.
    »Scheiße«, fluchte er leise und wischte mit der flachen Hand über das Verbundglas. Angestrengt spähte er hinaus. »Irgendwo hier war das doch.«
    Hätte er sich doch nur die genaue Adresse mitgeben lassen. Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als die holde Schützenkönigin mit der kratzigen Stimme anzurufen. Nach seinem Abgang vorhin würde die sich schön ins Fäustchen lachen.
    Er kramte sein Handy aus der Manteltasche. Die Anzeigebalken signalisierten einen miserablen Empfang. »Alles Käffer hier. Technik von anno Pief«, murmelte er und stieg aus.
    Ein tiefergelegter Golf schoss auf ihn zu und haarscharf an der geöffneten Tür vorbei. Mit röhrendem Auspuff und zu hoher Geschwindigkeit verschwand er in der Ferne.
    »Proll«, schimpfte Welscher wütend. »Dich werden die Kollegen auch noch mal aus irgendeiner Baumrinde kratzen.«
    Sicherheitshalber umrundete er das Heck seines Wagens. Sollte der verhinderte Walter Röhrl zurückkommen oder einer seiner bekloppten Rennbrüder auftauchen, konnte er bei Bedarf seine Gesundheit mit einem Sprung hinter die Leitplanke erhalten.
    Er lehnte sich gegen den Kotflügel und suchte in seiner Manteltasche die Telefonnummer der Behörde. Alles, was er
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