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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume
Autoren: Jacques Berndorf
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zurück, steckte das Handy wieder unter das Kopfkissen und setzte sich.
    »Was hat Gerd gesagt?«, fragte die Mutter.
    »Es stimmt. Er meint, ich soll alles sagen.«
    »Du hast gesehen, wie sie getötet wurde, nicht wahr?«
    Sie starrte mich an und ihre Augen wurden plötzlich riesig. Ihre Hände kamen fahrig nach vorn. »Nein«, sagte sie. Dann begann sie zu weinen.
    Die Mutter stand auf, nahm sie in die Arme und flüsterte:
    »Mein liebes Ankelein.«
    Ich merkte, dass ich meine Pfeife noch immer in der Hand hielt. Ich zündete sie an, ich war jetzt sehr ruhig.
    »Wenn du nichts gesehen hast, ist doch alles in Ordnung«, sagte ich. »Du brauchst doch keine Angst zu haben …«
    »Ich habe keine Angst«, fauchte Anke, schüttelte die Arme ihrer Mutter ab und richtete sich auf. »Ich habe es nicht gesehen«, wiederholte sie.
    Wir warteten, und es erschien mir wie eine Ewigkeit.
    »Also, es war so, dass wir, also Kevin, Bernard und ich, erst mal rauf sind zur Liebeslaube. Es war sehr heiß und Frau Schmitz lag da auf einer Liege … Der Pole hatte ein Feuer angemacht und grillte irgendetwas. Jedenfalls roch es so. Auf einmal sagte Kevin: Ich schlag ihn tot! Und ich sagte: Das ist doch Quatsch! Und er sagte: Sie bescheißt meinen Vater. Ich erwiderte: Dein Vater bescheißt deine Mutter doch auch. Da war Kevin still. Aber nicht lange. Dann merkte ich, dass er weinte. Er schlug immer mit der Faust auf den Boden und kriegte sich gar nicht mehr ein. Und dann kroch er zurück, aus den Brombeeren raus. Er schnappte sich sein Fahrrad und strampelte los wie ein Verrückter. Und ich hinterher.«
    »Er nahm den Weg zum Amor-Busch, nicht wahr?«
    »Ja. Er fuhr runter, weil wir ja wussten, dass Annegret mit Gerd da war. Ich konnte ihn nicht mehr einholen, er war viel zu schnell.«
    »Du hast dein Rad abgestellt und bist hinter ihm in den Busch rein, oder?«
    »Ja. Ich war erstaunt, dass Gerd nicht da war. Annegret war stinksauer und ich dachte noch: Sie hatte Streit mit Gerd. Aber Gerd war gar nicht da gewesen, sagte Annegret. Sie wusste genau, dass er wieder mit dieser Russin zusammen war.«
    »Was war mit Kevin?«, fragte ich.
    »Der hatte sein Fahrrad hingeschmissen und weinte immer noch.«
    »Und dann bist du weggegangen?«, fragte ihre Mutter.
    »Doch, ja. Aber nicht sofort. Annegret sah natürlich auch, dass Kevin nicht gut drauf war. Er sagte sogar, dass er eigentlich keinen Vater und keine Mutter mehr hätte. Annegret nahm ihn daraufhin in die Arme, aber er weinte weiter und wollte gar nicht mehr aufhören. Da habe ich dann tschüss gesagt, mein Fahrrad geschnappt und bin nach Hause gefahren.«
    »Was glaubst du, was danach passiert ist? Oder hast du noch irgendetwas gehört?«
    Sie fuhrwerkte mit den Schuhspitzen im Teppichboden herum. »Ich habe noch etwas gehört. Ich habe gehört, wie Kevin schrie: Ihr seid alle Scheißweiber! So habe ich ihn noch nie schreien hören. Ich fuhr nach Hause, weil ich … , ich hatte Angst.«
    »Du hast keine Vorstellung, wie das weiterging?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Annegret war doch immer so lieb zu Kevin. Wie eine Mutter … Ich weiß nicht, was dann passiert ist. Nur dass Annegret dann tot war.« Sie schluchzte auf und weinte hemmungslos. Ihre Mutter nahm sie wieder in die Arme und drückte sie an sich.
    »Dank dir«, sagte ich beklommen. Ich konnte mir nicht vorstellen, einfach aufzustehen und aus dem Haus zu laufen. Es schien mir, als würde ich Anke im Stich lassen. Ich dachte, das Beste wäre weiterzufragen, um die Traurigkeit nicht so entsetzlich hochsteigen zu lassen. Doch mir fiel nichts mehr ein.
    Also nickte ich der Mutter zu und ging so leise wie möglich hinaus. Als ich auf der Straße stand, versuchte ich, Kischkewitz zu erreichen. Doch sein Handy war abgeschaltet. Der nächste Versuch galt wie immer Rodenstock.
    »Ich muss an Kischkewitz ran, ich weiß, wer Annegret erschlagen hat.«
    »Kischkewitz ist hier. Ich gebe ihn dir.«
    »Ja?«, meldete sich Kischkewitz.
    »Ich weiß, wer Annegret erschlagen hat. Du musst herkommen und weitermachen. Das ist Polizeiarbeit, das ist nichts für mich.«
    »Zu wem?«
    »Zu Kevin Schmitz. Ich stehe vor seinem Haus.«

ZEHNTES KAPITEL
    Er war in weniger als zwanzig Minuten da und blieb unten in einer Kurve der Straße stehen. Ich lief zu seinem Wagen und setzte mich neben ihn. Ich zündete meine Pfeife an und fühlte mich atemlos erregt.
    »Ich habe erst mit Bernard gesprochen, dann mit Anke. Und ich bin mir sicher, Kevin war der
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