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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume
Autoren: Jacques Berndorf
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passierte nichts, sie machten keine Liebe, sie redeten bloß miteinander. Annegret sagte schließlich: Das ist langweilig, das macht keinen Spaß.«
    »Hat Anke ihrer Mutter davon erzählt?«
    »Weiß ich nicht, aber ich glaube eher nicht. Annegret sagte nämlich auch, das geht uns sowieso nichts an. Wenn mein Vater hier jemanden treffen würde, würde ich das auch gar nicht wissen wollen.«
    Das schien mir irgendwie verrückt: Da hatten die Eltern Affären, ihre Kinder entdeckten es und beschlossen, darüber zu schweigen.
    »Und was ist nun mit der Liebeslaube? Wenn ich das richtig verstanden habe, trifft sich da doch Kevins Mutter mit dem Polen.«
    »Das ist da vorne«, sagte der Vater. »Zweihundert Meter noch.«
    Also spazierten wir weiter und schwiegen, bis zwischen den Bäumen grellgelbes Laub auftauchte.
    »Das sind Goldulmen«, erklärte Vater Salm. »Kevins Mutter hat sie dicht an dicht setzen lassen. Genauso wie die Brombeerpflanzen. Um das ganze Grundstück herum. Nach zwei Jahren war der Verhau so komplett, dass man jetzt nicht mehr rankommt. Richtig raffiniert. Sehen Sie?«
    Ich nickte. Die Bahn der Brombeeren um das Grundstück war inzwischen sicher mehr als sechs Meter tief.
    »Die sind mit genau der richtigen Erde und mit viel Kunstdünger angesetzt worden. Die wachsen wie verrückt«, murmelte der Vater. »Also, ich mag die Frau ja, aber manchmal denke ich, die treibt’s zu doll. Na ja, der Herbert wird wissen, was sie hier macht. Aber er muss die Schnauze halten.«
    »Wieso das?«, fragte ich.
    »Weil die Frau das Geld mitgebracht hat«, entgegnete er.
    »Herbert Schmitz stand irgendwann mal kurz vor der Pleite. Dann lernte er Griseldis kennen und heiratete sie. Sie hatte mächtig viel an den Füßen, von den Eltern her, und hat ihn gerettet. Wahrscheinlich haben sie eine Abmachung, deren wichtigste Regel lautet: Ich halte die Schnauze und du hältst die Schnauze.«
    »Sieh mal einer an«, sagte ich erheitert. »Zu Hause hat sie ihren Herbert und hier ihr Sommerreich, in das niemand reingucken kann.«
    »Das stimmt so nicht«, stellte Gerd fest. Er ging auf die Längsseite des Grundstücks zu. Vor ihm waren nur Goldulmen und Brombeeren zu sehen.
    »Man muss auf den Boden, dann kommt man dicht an den Zaun ran.« Er griff vor sich und zog an einem Haufen Zweige, die sich mühelos rausziehen ließen. Dann war er zwei Meter näher am Zaun, packte nach rechts und entfernte den nächsten Haufen abgeschnittener Zweige. So ging es weiter im Zickzack, bis er sagte: »Ihr könnt nachkommen, alles klar.«
    »Als Indianer ist der Junge nicht zu schlagen«, sagte ich und kroch tapfer voran.
    Wir erreichten Gerd und legten uns neben den Jungen.
    Nun hatten wir einen freien Blick auf das Grundstück, das im Grunde nichts anderes war als eine Wiese. Links befand sich die Blockhütte mit Liegestühlen und Tischen unter einer Art Vorbau.
    »Wenn sie hier sind«, erklärte Gerd sachlich, »dann liegen sie auf den Liegestühlen da. Die stellen sie auf den Rasen. Sie hat aber immer was an und es passiert nie was. Wenn sie Liebe machen, dann gehen sie rein und du kriegst nichts mit.«
    »Wie hat denn Kevin darauf reagiert, wenn er seine Mutter mit einem anderen Mann sah?«
    »Na ja, beim ersten Mal hat er geweint. Er hat so laut geweint, dass wir schon dachten: Jetzt haben sie uns gehört. Aber irgendwann interessierte ihn das nicht mehr richtig.«
    »Hat er darüber geredet?«
    »Ja, schon. Aber Annegret hat gesagt: Die Erwachsenen sind alle ein bisschen pervers, die muss man in Ruhe lassen. Liebe muss man selber machen, hat sie gesagt.«
    »Das kann ich mir gar nicht vorstellen, dass er nicht zumindest wütend war, wenn er seine Mutter hier sah …«
    »Das war er nur einmal, da hat seine Mutter mit dem Polen auf dem Rasen rumgebalgt und Kevin kroch ganz schnell zurück durch den Tunnel. Als wir anderen auch wieder draußen waren, habe ich gesagt: Leider machen die es immer drinnen, man sieht gar nichts! Da hat Kevin nach mir geschlagen. Er hat mich voll auf dem linken Auge erwischt. Ich habe mich nicht gewehrt, ich dachte, er ist sowieso eine arme Sau.«
    »Wieso meinst du, dass Kevin eine arme Sau ist?«
    »Na ja, ist er doch. Dazu kommt ja auch noch die Geschichte mit seinem Vater.«
    »Und wie geht die?«
    »Kevins Vater hat natürlich eine Sekretärin. Und eines Tages ist Kevin mit dem Fahrrad zum Betrieb seines Vaters gefahren und hat gesehen, wie sein Vater und diese Sekretärin rumgemacht haben. Die haben gar
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