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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume
Autoren: Jacques Berndorf
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machte eine hastige Bewegung. Der Reiher stieg senkrecht hoch und verschwand zwischen den Häusern.
    »Das ist nochmal gut gegangen«, seufzte ich.
    »Der Fisch war so schön rot«, murmelte Vera traurig.
    »Die Fische sind nicht mein Problem«, stellte ich fest.
    »Mein Problem sind die Krallen an des Reihers Füßen. Er könnte problemlos schwere Schnitte in die Teichfolie einbringen und ich würde mich morgen früh sehr wundern über Kröten, die traurig aussehen, und Fische, die kein Wasser mehr haben und im Modder verreckt sind.«
    »Daran habe ich gar nicht gedacht«, gab sie sachlich zu.
    Clarissa trat aus dem Wohnzimmer und sah verwegen aus. Sie trug ein rosafarbenes Oberteil, das etwa zwanzig Zentimeter zu kurz war und einen wunderbar gebräunten Bauch freiließ, der nach unten hin mit einer Jeans bedeckt war, die mein Vater Arschbetrüger genannt hätte.
    »Chic!«, lobte Vera. »Nur zu kühl.«
    Meine Tochter erwiderte obenhin: »Macht nichts, ich will, dass Sommer ist. Väterchen, ich bin mit Tante Anni verabredet, wir wollen spazieren gehen. Und ich soll dich von deiner früheren Frau grüßen, die sehr beunruhigt darüber ist, dass ich die Eifel gut finde und meinen Vater auch. Im Ernst, sie hat gesagt, ich würde schon noch herausfinden, dass deine Versprechungen nichts taugen.«
    »Alles wie gehabt«, sagte ich. »Bestell deiner Mutter schöne Grüße von mir und lass sie einfach in ihrem Urteil verharren. Das werden wir zwei nicht mehr ändern.«
    Clarissa zögerte, dann sagte sie: »Es heißt, dass du viele Versprechungen gemacht hast, die du nicht eingehalten hast.«
    »Das ist wohl richtig«, nickte ich. »Süchtige sind so, Suffköppe erst recht. Wir wissen, dass wir täglich versagen, und können doch nichts dagegen machen. Wir sind krank. Und irgendwann werden die, mit denen wir leben, auch krank. Das ist unvermeidlich.«
    »Bin ich also auch krank?«
    »Das ist die Frage, wie du mit mir umgehst. Du musst nicht krank werden, du kannst begreifen, was mit mir los war und mit dir. Du hast alle Chancen, ein ganz normales Leben zu leben. Jedenfalls hoffe ich das.«
    »Manchmal, nachts, denke ich, dass du uns loswerden musstest, um gesund werden zu können.« Sie knabberte an ihrer Unterlippe und sie sah sehr hübsch aus.
    »Ein höchst unangenehmer Gedanke«, gab ich zu. »Aber er ist richtig. Ich musste gehen, um mich selbst zu finden. Und die Tatsache, dich zurücklassen zu müssen, hat mich viele tausend Nächte gekostet. Ich habe geheult wie ein Schlosshund, aber es gab keinen anderen Weg.«
    Dann fragte ich mich verwirrt, ob ich es zu weit getrieben hatte. Clarissa stand vor uns und weinte lautlos. Und in Veras Augen standen ebenfalls Tränen.
    »Himmel, Arsch und Zwirn«, schnauzte ich. »Werdet endlich erwachsen!«
    Ich stapfte an den Frauen vorbei ins Haus und war froh, dass ich mir selbst ausweichen konnte.
    Unter der Dusche ließ ich eiskaltes Wasser über meinen Körper laufen und verfluchte diesen Fall, weil er so große Schwächen bloßlegte – bei anderen, aber auch bei mir. Dann drehte ich das Wasser ein wenig wärmer, um mein Bibbern zu verscheuchen.
    Als Vera ins Bad kam und sich wie selbstverständlich zu mir unter die Wasserstrahlen stellte, erinnerte ich mich daran, dass wir schon einmal – ein paar Stunden nach unserem Kennenlernen – so unter einer Dusche gestanden hatten. Damals war etwas ganz Neues, etwas Großes geboren worden. Bis sie eines Tages gegangen war.
    »Du nimmst mir mein Wasser weg«, sagte ich.
    »Es reicht für zwei«, lachte sie. »Kannst du dich an damals erinnern? Mein Gott, waren wir verrückt.«
    »Na ja, wir hatten es verdient«, sagte ich. »Etwas wärmer, bitte, ich bin ein alter Mann, ich habe keine Temperatur mehr.«
    »Der Meinung bin ich nicht«, gluckste sie. »Und mir bitte ein Handtuch, ich will eine Erklärung abgeben, damit du hinterher nicht sagen kannst, du hättest es nicht gewusst.«
    »Ich hasse Erklärungen«, sagte ich und griff nach einem Badetuch. »Raus damit!«
    »Hast du etwas dagegen, wenn ich um dich kämpfe?«
    Das erstaunte mich, denn ich dachte nicht, dass ich jemand sei, um den zu kämpfen sich lohnte.
    »Ist das dein Ernst?«
    »Ja«, nickte sie und nahm mir das Badetuch ab.
    »Ich werde versuchen, nichts dagegen zu haben«, sagte ich und so etwas wie Frieden senkte sich in meine Seele.
    Plötzlich war Cisco da und bellte uns an, als seien wir Einbrecher. Wir scheuchten ihn raus, weil er an den Handtüchern zu zerren
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