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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm
Autoren: Jacques Berndorf
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medizinische Bereitschaftstasche bei mir. Die brauche ich für die Jugendhäuser, die ich betreue. Wir haben zum Beispiel ein Haus, in dem in einer Wohngemeinschaft auch Epileptiker leben. Und manchmal muss man eben eine Beruhigungsspritze setzen. Es ist ein Mittel, das den Wirkstoff Diazepam enthält, und kann intramuskulär gespritzt werden. Außerdem wirkt es schnell. Ich habe gar nicht erst versucht, Wilma zu sagen, dass ich es nicht war. Im Gegenteil: Ich gab es zu. Ich sagte sogar: Wenn du an meiner Stelle gewesen wärst, hättest du es auch getan. Sie regte sich auf, sie brüllte und geiferte. Es war widerlich. Kurz vor Monschau fiel mir das Moor ein. Ich war, wie gesagt, schon oft da gewesen, wir haben oft darüber nachgesonnen, wie tief es wohl ist. Wilma zeterte die ganze Zeit, ich wurde vollkommen wirr und hatte nur noch einen Wunsch: Lieber Gott, lass sie endlich mit diesem Scheiß aufhören. Irgendwann habe ich angehalten, eine Spritze aus der Tasche genommen und ihr gesagt, sie müsse sich endlich zusammenreißen und ich würde ihr jetzt eine Beruhigungsspritze geben. Sie widersprach nicht, sie war sogar irgendwie erleichtert, hat mir den Oberschenkel hingehalten. Ich spritzte ihr die volle Dosis und wusste, ich musste es mit ihr bis ans Moor schaffen – nur bis dahin, das würde reichen. Es reichte knapp, sie brach an der Brüstung zusammen und schlief dort ein.«
    Sie zündete sich wieder eine Zigarette an und zog einige Male hochkonzentriert. »Der Strick, ja, der Strick.« Sie lächelte. »Ich las in der Tageszeitung, dass die Spuren des Stricks an dem Querholm der Absperrung vom Moor gefunden worden sind. Sie haben allerdings etwas übersehen, meine Damen und Herren. Wenn Sie sich bitte die Wasserfläche des Moortümpels vorstellen: Halb rechts steht eine kleine Gruppe von Pfeifenweiden. Ziemlich starke Stämmchen, die im Wurzelbereich durchaus feste Erde gebildet haben. Ich bin zum Wagen zurück und habe den Strick geholt. So etwas haben wir immer im Wagen, weil meine Töchter vier Schafe haben, die zuweilen auf andere Weiden geführt werden müssen. Diesen Strick, der ziemlich lang ist, habe ich an der Absperrung festgebunden, bin dann mit dem anderen Ende bis zu den Weiden gegangen, was gefahrlos möglich ist, habe den Strick um ein Stämmchen gelegt und dann wieder zum Ausgangspunkt zurückgeführt. Ich habe Wilma den Strick um den Oberkörper gelegt und so festgemacht, dass sich bei heftigem Zug die Schlaufe löst, bei normalem, langsamen Zug die Schlaufe aber hält. Segler wissen, wie das geht. Dann zog ich. Es ging ganz leicht. Später habe ich dann von meinem Fehler gehört: Ich habe ihr Handy nicht beiseite geschafft. Wieso hat Sie das eigentlich nicht schon eher zu mir geführt?«
    »Wilma hatte schon seit Tagen nicht mehr damit telefoniert. Sie hat Sie von einem anderen Apparat aus angerufen«, brummte Kischkewitz.
    »Aber Ihre Freundin hatte Ihnen doch für die Nacht, in der Sie Ihren Mann erschossen haben, ein Alibi gegeben«, meinte Rodenstock.
    Anna lächelte sanft. »Frauensolidarität. Sie wissen doch: Wir Weiber müssen zusammenhalten.«
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