Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Al Wheeler und das unheimliche Haus

Al Wheeler und das unheimliche Haus

Titel: Al Wheeler und das unheimliche Haus
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
1
     
    Wir standen unter dem Vordach
und spähten zweifelnd durch die weitgeöffnete Eingangstür in den düster
beleuchteten Vorflur, der aussah, als erstreckte er sich bis in alle Ewigkeit
nach hinten. Von der Sekunde an, da ich den Motor des Austin Healey abgestellt
hatte, war die Stille sozusagen immer lauter und lauter geworden, und ich hatte
das Gefühl, als finge sie jetzt gleich laut zu schreien an,
    »Lieutnant«, krächzte Sergeant
Polniks rauhe Stimme in mein Ohr, »glauben Sie, daß da einfach niemand zu Hause
ist?«
    »Niemand Lebendes, meinen Sie
wohl?« fragte ich düster.
    »Vielleicht war dieser Anruf
beim Sheriff, bei dem ein Mord gemeldet wurde, nur ein schlechter Witz, was?«
fragte er ohne jede wirkliche Hoffnung in der Stimme.
    Ich drückte wieder mit dem
Daumen auf den Klingelknopf und lauschte zum fünftenmal auf das schrille
Gebimmel, dessen Echo wie irre an den Wänden abzuprallen schien. Die Tür war
bei unserem Eintreffen weit offen gewesen, und das trug in keiner Weise zu
meiner Beruhigung bei.
    »Warum gehen wir nicht einfach
hinein und sehen nach, was los ist?« sagte ich mit allzu forscher Stimme.
    »Klar, Lieutnant, warum nicht?«
murmelte Polnik, ohne einen Zentimeter von dem Fleck zu weichen, an dem er
offensichtlich angefroren schien.
    Ich zündete mir sorgfältig eine
Zigarette an und wog die Situation ab, wobei ich überlegte, daß es sich bei
dem, was mir da eiskalt über den Rücken lief, nicht um die eisigen Finger eines
bösartigen Gespenstes handelte, sondern um ein durch die Ungewöhnlichkeit der
Umstände ausgelöstes Empfinden.
    Eine anonyme, aber gepflegte
weibliche Stimme hatte im Büro des Sheriffs angerufen und, nachdem sie uns die
Adresse angegeben hatte, gesagt: »Wir haben eine ziemlich widerwärtig
aussehende, verhältnismäßig frisch ermordete Leiche hier liegen. Würden Sie sie
bitte umgehend entfernen?« Und dann wurde eingehängt.
    Und dann war da das Haus selbst
— es sah aus wie eine Hinterlassenschaft aus dem Ateliergelände, auf dem Sunset
Boulevard gedreht worden war — mit seinem hinreißenden Geruch nach Verfall,
der einen sofort daran erinnerte, daß erst ein paar Minuten seit Mitternacht
verstrichen waren. »Die Geisterstunde, wenn sich die Gräber öffnen« und lauter
solcher haarsträubender Quatsch. Alles in allem fand ich, daß meine Nackenhaare
jeden Grund hatten, sich zu sträuben; was sie bereits taten.
    »Ich werde auf Sie warten,
Lieutnant«, sagte Polnik beglückt. »Und ich werde dafür sorgen, daß niemand das
Haus betritt, während Sie drin sind.«
    »Zum Teufel!« knurrte ich ihn
an. »Sie werden dafür sorgen, daß ich genügend Platz habe, um wieder aus dem
Ding herauszukommen.«
    »Ja, Sir, Lieutnant Wheeler.«
Er entblößte die Zähne zu einer gräßlichen Grimasse, womit er am nächsten an
das herankam, was man als Lächeln zu bezeichnen pflegt.
    »Wenn Sie drinnen im Haus
irgendwelche Scherereien bekommen, Lieutnant«, versicherte er mir, »brauchen
Sie nur zu rufen.«
    »So daß Sie gleich zum Wagen
stürzen können?« brummte ich. »Wir gehen in das Haus hinein, Sergeant.
Das ist ein Befehl.«
    »Wie Sie meinen, Lieutnant«,
murmelte er trübselig.
    Also gingen wir in das Haus.
Meine Rechte umklammerte fest Polniks Ellbogen und schob ihn weiter wie einen
zaudernden Dinosaurier.
    Der trübe erhellte Flur gewann
nicht bei näherer Bekanntschaft. Er verlief anscheinend in gerader Linie vom
vorderen zum hinteren Teil des Hauses, und zu beiden Seiten gab es ungezählte
Türen. Ein riesiger Kronleuchter hing unsicher von der rissigen Decke über uns
herab. Etwa fünfzig Prozent seiner Birnen waren bereits ausgebrannt, und der
Rest gab ein scheußliches blaues Licht von sich, das sich ausgezeichnet als
Beleuchtung für eine mittelalterliche Folterkammer geeignet hätte.
    Der Sergeant deutete auf die
zweite Tür links. »Sieht so aus, als ob dort jemand drin wäre, Lieutnant«,
bemerkte er scharfsinnig. »Warum würden sie sonst Licht anlassen?«
    »Warum sehen Sie nicht nach?«
schlug ich vor.
    »Phh, Lieutnant!« Die
urweltlichen Züge seines Gesichts zogen sich zu einer entnervenden Ähnlichkeit
mit einer Louisianischen Sumpflandschaft zusammen. »Warum sehen wir nicht beide
nach?«
    Ein Vorhang aus Perlenschnüren
hing über der Tür und klingelte leise, als ich mich, noch immer Polniks
Ellbogen fest in der Hand, durchschob. Wir traten in ein Wohnzimmer und fühlten
uns gleichzeitig um dreißig Jahre zurückversetzt. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher