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Eifel-Liebe

Eifel-Liebe

Titel: Eifel-Liebe
Autoren: Jacques Berndorf
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hoffnungslos neugierig und Oma Ohlers Bemerkungen waren da wie Benzin im Buschbrand.

    Ich versprach meinem Hund, sehr schnell wiederzukommen, aber er zeigte keinerlei Verständnis dafür, dass er nicht an einer fremden, gänzlich uninteressanten Leiche herumschnüffeln durfte.

    Die ewige Baustelle an der zukünftigen Autobahnauffahrt in Dreis, die seit Monaten aus dem betonierten Versprechen einer zukünftigen Unterführung bestand, hielt mich kurz auf. Weiter ging es nach Kradenbach und Rengen, Daun und über die Bundesstraße nach Manderscheid, dann steil rechts hinein in das Tal der Lieser und ihren so unfallträchtigen Kurven und löchrigen Asphalt. In der Anfahrt nach Meerfeld überlegte ich, dass dieses Dorf Vorlage für ein Bilderbuch sein könnte.

    Ein Mann, ein gewichtiger, glatzköpfiger, freundlich wirkender Fünfziger, fuhrwerkte mit einem Reisigbesen im Rinnstein vor seinem Häuschen herum.

    »Guten Tag. Ich suche die Scheune vom alten Karl. Die …«

    »Weiß schon. Wo Kinsi hängt. Da sind Sie richtig. Da vorne bis zum Wendehammer, dann kommt ein Feldweg. Den bis zum Ende, dann links, dann sehen Sie es schon. Ist ja furchtbar, das mit Kinsi.«

    »Was war er für ein Typ?«

    Der Dicke stützte sich auf den Besenstiel. »Ein bisschen zurückgeblieben, aber ein netter und hilfsbereiter Mensch. Wieso der wohl so was gemacht hat? Meine Frau sagt ja, ich soll da nicht hingehen, weil da schon genug Leute rumstehen.«

    »Sie könnten mir den Weg zeigen«, schlug ich aufmunternd vor, weil Macker einander helfen müssen.

    Er zeigte sich augenblicklich begeistert, legte den Reisigbesen in den Rinnstein und rannte um mein Auto herum.

    »Klar zeige ich dir den Weg. Erst mal geradeaus.« Dabei schnaufte er und schnallte sich an. »Dass Kinsi das getan hat, will mir nicht in den Kopf. Sicher, wollen mal sagen, er war ein bisschen doof. Aber er war immer gut gelaunt. Hast du ihn gekannt?«

    »Nein, habe ich nicht. Ich bin von der Presse, ich bin von Berufs wegen neugierig.«

    »Ach so«, er wusste nicht, wie er das bewerten sollte. »Na ja. Da oben ist Polizei. Schon seit morgens.«

    »Wer hat ihn gefunden?«

    »Der alte Karl. Der ist raufgegangen, weil ein Holländer heute Nachmittag Stroh holen wollte. Da vorne rein und dann nach links.«

    »War Kinsi beliebt?«

    »Ja, war er. Ganz gleich, wer ein Fest machte, Feuerwehr oder Sportverein oder die Junggesellen oder so, immer war er da, immer half er. Zwar hatte er meist keinen Job. Mal hier und da, mal im Wald, mal bei einem Landwirt, aber meistens nix. Das Sozialamt kam für ihn auf. Er konnte kaum schreiben, eigentlich überhaupt nicht. Er war wie ein Kind, weißt du. Da vorne, da kannst du es sehen, da ist es.«

    Rechts war eine Wiese, die sich lang über den Hang erstreckte. Darauf befand sich ein großes, geducktes, flaches Gebäude, eine Halle aus Aluminiumfertigteilen. Der Zaun um die Wiese war neu. Es gab eine Durchfahrt zu der Halle, vor der ein paar Trecker und Pkw standen und ein Streifenwagen der Polizei. Zwischen den Fahrzeugen bildeten ein paar Männer eine Gruppe, die nun zu uns hersahen und beobachteten, wie wir ausstiegen. Der Dicke ging gleich zu den Männern rüber.

    Im Zaun war eine breite Lücke, die durch ein Gestänge geschlossen werden konnte. Die Lücke bewachte ein Polizist, der sich sichtlich langweilte. Zum Glück kannte ich ihn flüchtig.

    »Ist das richtig, hat sich Kinsi hier erhängt?«

    Er grinste. »Normalerweise sage ich nicht Nein und nicht Ja. Aber in diesem Fall kann ich sagen: Er hängt da drin an einem Querholm.«

    »Und ihr wartet jetzt auf die Beamten der Todesermittlung?«

    »Auch richtig. Aber die lassen sich Zeit, weil sie noch einen anderen Fall in Wittlich haben.«

    »Wie sieht das aus? Hängt er schon lange da? Er wird ja wohl schon seit Tagen vermisst.«

    »Na ja, so wie es aussieht, hängt er da eine Weile. Sie können aber ruhig gucken. Nur nicht fotografieren.«

    Darauf erwiderte ich nichts und ging auf die etwa fünfzig Meter entfernte Halle zu.

    In das große Tor war eine normale, kleine Tür eingelassen. Sie stand offen. Hinter mir hörte ich das gedämpfte Gemurmel der Männer, links, ein wenig entfernt, jagten sich Eichelhäher in einem Gebüsch. Weit über dem dunklen Schattenriss der Halle kreiste ein Turmfalke in der hellen Sonne und ich überlegte sekundenlang, ob es normal war, dass diese Räuber um diese Nachmittagszeit jagten. Dann tauchte ich in das Dämmerlicht, das sofort
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