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Eifel-Liebe

Eifel-Liebe

Titel: Eifel-Liebe
Autoren: Jacques Berndorf
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oder vielleicht Hamlets Monolog. Ich konnte, o Wunder, in jeden Raum meines Hauses grußlos und ohne zu klopfen hineinstürmen und brauchte nicht zu befürchten, auf irgendeine Person zu stoßen, die sich möglicherweise gestört fühlte. Ich konnte … ich konnte tatsächlich alles tun, ohne auf Widerstand zu stoßen. Welch ein Fest für meine ausgetrockneten Sinne!

    Wenn man vom Teufel spricht – mein Handy schrillte, ich ließ mich auf einem Gartenstuhl nieder, der etwas geschützt vor dem Regen stand, zog mir züchtig den Bademantel über die Blöße und sagte brav: »Krematorium, Ofen vier.«

    »Hei, Alter!«, brüllte Rodenstock, als stünde er neben mir. »Wir wollten uns nur kurz melden. Wir feiern immer noch Tante Hannahs Abgang. Und es gibt eine Menge netter Menschen hier. Meine Frau stellt mich dauernd mit den Worten vor: Das ist mein letzter Mann!« Er kicherte.

    »Ihr müsst doch, ihr … Es ist bei euch mitten in der Nacht«, sagte ich zaghaft.

    »Das ist richtig. Aber ich sagte schon, wir feiern noch ein bisschen. Was macht die Eifel? Ist da noch Leben?«

    Er musste betrunken sein. Immer wenn er mich mit ›Alter‹ anredete, war er betrunken.

    »Hier ist nichts los.«

    »Na, nicht schlimm«, grölte er. »Warte mal, meine Frau will noch mit dir reden.«
    Drei Sekunden Hörerübergabe.

    »Baumeister, Schätzchen«, kam Emmas Stimme über den Großen Teich und klang nach sechzig holländischen Zigarillos. »Wie geht es dir? Nein, antworte nicht. Es geht dir schlecht, weil du allein bist.«

    »Wieso das? Ich feiere meinen Freiheitstag. Du hast mit Vera telefoniert?«

    »Richtig, Schätzchen. Also, mein Mann …«, jetzt kicherte auch sie. »Mit dem mache ich richtig Staat. Meine Leute hier sagen, er wäre eine himmlische Mischung aus dem alten Kontinent, aus erstklassiger Bildung und englischem Gentleman. Und sie können nicht fassen, dass er ein Bulle ist. Die Frauen sagen alle, er wäre richtig süß. Wenn ich ihm das verrate, schmeißt er mit dem Ming-Porzellan. Na ja, Tante Hannah hat es ja jetzt endlich geschafft. Wurde auch irgendwie Zeit. Sie war ja schon über neunzig. Und die rechte Hüfte machte nicht mehr mit und immer brauchte sie wen, der den Rollstuhl schob. Nun hat sie sich einfach verabschiedet. Gießt du auch immer die Blumen in Heyroth?«

    »Ja, Emma.«

    »Das ist fein. Weißt du, man denkt ja bei Beerdigungen immer über das Leben nach. Und ich finde, dass wir dich haben, ist sehr schön.« Sie schniefte. Mit Sicherheit war auch sie angeheitert. »Ach, Baumeister, Schätzchen, wie vermissen wir dich. Bei der nächsten Beerdigung musst du unbedingt mitkommen. Meine Leute werden sicher auch dich heiß und innig lieben. Du holst uns doch in Frankfurt ab?«

    »Aber klar. Wisst ihr schon, wann?«

    »Nein, morgen früh steht ja noch die Testamentsverlesung aus. Tante Hannah hatte ziemlich viel an den Füßen, weißt du. Und dann muss ich meinen Mann unbedingt noch einem anderen Teil meiner Mischpoke vorführen. Soll ich dir etwas mitbringen?«

    »Ja, eine Harley-Davidson, bitte, und eine ganz große Tüte dieser furchtbaren amerikanischen Freiheit.«

    »Erbschleicher!«, schimpfte Emma und brach das Gespräch ab.

    Ich hatte trotz des Bademantels einen eiskalten Hintern bekommen und verzog mich schleunigst in mein Haus. Als ich im heißen Wasser in der Badewanne saß und meinen verwandtenfreien Tag plante, meldete sich Vera aus Mainz. Sie war im Gegensatz zu den Amerikanern nüchtern.

    »Baumeister, ich habe hier noch eine Weile zu tun. Wie geht es dir? Und liebst du mich noch?«

    »Gut. Eben habe ich mit Emma gesprochen. Sie versaufen das Fell der alten Tante Hannah und sind gut drauf. Was wollen sie denn von dir?«

    »Das ist eine etwas längere Geschichte«, erwiderte sie zögerlich. »Ich erzähle sie dir später. Ich muss jetzt noch mal ins Office. Es geht um den Jahresrückblick, weißt du?«

    »Aha«, sagte ich, weil mir sonst nichts einfiel. »Ruf mich an, bevor du einfliegst.«

    »Das mache ich, Baumeister, das mache ich.«

    Endlich grölte ich: »Frau Wirtin hat auch einen Schmiiiied …« Von irgendwoher tauchte mein Hund auf und stellte sich mit beiden Vorderläufen auf den Badewannenrand. Nur mit Mühe konnte ich ihn davon abhalten, zu mir ins Wasser zu hüpfen.
    Schließlich legte er sich auf die Matte vor der Wanne und spielte beleidigt. Das kann er meisterhaft.

    Ein wenig später ging ich frisch wie der junge Tag und gut gekleidet nach unten und
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