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Eifel-Liebe

Eifel-Liebe

Titel: Eifel-Liebe
Autoren: Jacques Berndorf
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setzte mir einen Kaffee auf, wobei ich mich fragte, wie ich eigentlich bis dahin ohne Kaffee überlebt hatte. Der erste Becher war noch nicht zur Hälfte geleert, als die alte Frau kam.

    Sie kam zu Fuß, nicht mit irgendeinem Auto, was mich erstaunte, denn der Eifler erscheint grundsätzlich mit seinem Auto, vielleicht noch mit einem Truck oder einem Schlepper, ein Moped kommt auch vor. Aber niemals zu Fuß. Zu Fuß kommen sie nur zu Beerdigungen.

    Die alte Dame kam also zu Fuß, war klein und mit einem Gesicht gesegnet, das voller Misstrauen schien. So als ob sie Böses von mir gehört hätte. Vor dem linken Wohnzimmerfenster machte sie Halt, nahm eine kleine schwarze Handtasche in beide Hände, zog eine Brille daraus hervor, setzte sie sich auf die Nase, entfaltete einen Zettel, starrte auf meine Hausnummer und schien dann zufrieden. Sie verschwand aus meinem Blickfeld und schellte.

    Ich kann mich noch genau daran erinnern, was ich dachte: Sie sammelt – Kleider für Sibirien, für die Waisenbetreuung der katholischen Landfrauen, für eine Patenpfarrei in Timbuktu, Jugendheime in Rumänien, was wusste ich.

    Ich öffnete die Haustür.

    »Das ist aber gut«, begann sie mit höchst energischer Stimme. »Man weiß ja nie, ob Sie für unsereinen überhaupt zu sprechen sind. Sind Sie dieser Journalist?«

    »Bin ich«, nickte ich freundlich. »Was kann ich für Sie tun?«

    Sie lächelte leicht. »Hier draußen geht das aber nicht.«

    Sie war fein angezogen, schwarze Stoffe, glänzende, solide Schuhe, eindeutig von guter Qualität. Ihre Augen waren ruhig und gelassen in einem Gesicht voller Falten, die wie Strahlen um diese Augen gruppiert waren, so als habe ein schlechter Grafiker nachgeholfen.

    »Selbstverständlich«, sagte ich. »Kommen Sie herein. Gleich links. Wie ist es mit einem Kaffee? Gerade frisch.«

    »Das wäre schön«, sagte sie und ging an mir vorbei ins Wohnzimmer. »Das dauert nämlich eine Weile.«

    »Aha«, murmelte ich und spazierte in die Küche, um alles zu holen, was wir zum Kaffeetrinken brauchten.

    »Es geht nämlich um ein Geschäft«, sagte sie weiter in einem Ton, als sei ausgerechnet das ja nun selbstverständlich.

    »Aha«, sagte ich wieder und goss ihr ein. »Milch, Zucker?«

    »Eine Winzigkeit Zucker.« Sie sah sich um. »Viele Bücher und Bilder hier.«

    Ich löffelte ihr die gewünschte Winzigkeit Zucker in ihren Kaffee und gab mir den Anschein von leichter Strenge. »Wer ich bin, wissen Sie anscheinend. Aber wer sind Sie?«

    Sie hatte sich auf das Sofa gesetzt, die kleine schwarze Handtasche akkurat neben sich auf der Sitzfläche. Jetzt griff sie danach und drehte sie in ihrem Schoß. »Ja, richtig«, sie lächelte flüchtig über sich selbst. »Ich bin die Oma Ohler.«

    »Das ist schön für Sie. Und wer, bitte, ist Oma Ohler?«

    »Nun, ich«, entgegnete sie und drehte weiter ihre Beruhigungspille, die kleine schwarze Handtasche. Dann musste sie lachen und wirkte einen Moment lang wie Pippi Langstrumpf. »Ach Gott! Ach Gott!«

    »Sie können mit mir reden wie mit einem kranken Pferd.« Ich mochte sie, was immer sie wollte.

    Sie stellte die Handtasche neben sich. »Also, ich fang mal von vorne an.«

    »Das ist gut«, sagte ich und stopfte mir die Saturnia von Savinelli, die durch ihre Massigkeit signalisierte, ich sei ein netter, gemütlicher älterer Kerl.

    »Mein Name ist Gertrud Ohler, ich bin achtundsiebzig. Ich komme aus Meerfeld. Das ist …«

    »Ich kenne das«, sagte ich.

    »Ja, gut. Mein Bruder hat mich hierher gefahren. Ich habe gedacht, ich melde mich nicht telefonisch an, weil ich gedacht habe, dann sagen Sie Nein. Weil, Sie sind wahrscheinlich sehr beschäftigt.«

    »Wo ist denn Ihr Bruder? Sitzt der in einer Kneipe beim Bier?«

    »O nein, so einer ist der nicht. Der wartet unten bei der Kirche auf dem Parkplatz. Ich will ihn nicht dabeihaben. Das geht den im Grunde nichts an.«

    »Aha, so ist das. Dann legen Sie mal los.«

    Sie griff wieder nach der blödsinnigen Handtasche. »Ich mache mir Sorgen.« Sie senkte den Kopf und schluchzte unvermittelt. Sekunden später hatte sie sich wieder im Griff und stellte die Handtasche ab. »Tja, das ist schwer. Nun, wo fange ich an? Oder nein, ich erzähle mal, wie das jetzt ist. Also, die Ehe von meiner Enkelin ist kaputt, sie wohnt jetzt zusammen mit … mit einem anderen Mann in meinem Haus. Ich verstehe das alles nicht. Ich habe die Grundschuld auf mein Haus nicht mehr und brauche mir eigentlich keine
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