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Eifel-Liebe

Eifel-Liebe

Titel: Eifel-Liebe
Autoren: Jacques Berndorf
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plaudern.

    »Ich habe eine Freundin. Emma, sie war Polizistin. Nicht mehr im Dienst. Mit ihr habe ich darüber nachgedacht, aus welchem Grund Anna Hennef wohl zwanzig Fünfhunderteuroscheine in dem winzigen Täschchen ihres Jeansrocks bei sich trug. Kann mich die Frau Pechter klug machen, kann ich was dazulernen?«

    »Na ja«, antwortete sie gelassen, aber klirrend vor Kälte, »das werden Leute wie Sie niemals kapieren. Dazu fehlt Ihnen die Lebenserfahrung. Anna war krank, wissen Sie, sehr krank. Sie war eine Sünderin, o ja, und was für eine! Ein widerliches sexistisches Biest, triefend vor Geilheit. Und sie hatte noch eine Krankheit: Sie war raffgierig und demonstrierte gern Geld. Sie trug immer und ständig Bargeld bei sich. Das war eine Manie.«
    »Und sie musste sterben«, sagte ich mit trockenem Mund.

    »Und musste natürlich sterben«, nickte sie. »Ich an Ihrer Stelle würde mich übrigens nicht so sicher fühlen. Sie befinden sich in einer Förster-Wohnung. Hier gibt es Schusswaffen und jede Menge Munition. Nicht wahr, Jule?«

    Jules Kopf kam hoch. »Wie? O ja, natürlich.«

    Pechter sah mich von der Seite an und ihr Gesicht war heiter. »Sie wissen nicht so genau, was Sie jetzt sagen sollen, nicht wahr?«

    »Das ist schwierig«, gab ich zu. Ich dachte an den toten Jenö Schildgen vor dem Fenster zur Terrasse. Ich dachte an die Blutlache unter seinem Kopf. »Es kommt nicht so oft vor, dass ich mit einer Mörderin am Tisch sitze. Noch dazu mit einer, die so ruhig und gelassen ist wie Sie. Warum, um Gottes willen, musste Anna denn unbedingt sterben? Mir erscheint das immer noch sehr sinnlos.«

    »Der Tod von Anna Hennef war nicht sinnlos. Sie war eine Sau, sie war vollkommen abgedreht.«

    »Sie hat Ihre Macht bedroht, nicht wahr?«

    »Das stimmt. Aber unwesentlich. Bliesheim ist der Meinung gewesen, dass sie uns genützt hat und weiter nützen würde. Weil sie so unschuldig wirkte, wissen Sie.«

    »Warum sind Sie eigentlich alle so nervös geworden?«

    »Weil wir zur Kenntnis nehmen mussten, dass Klaus Mertes uns erpresste.«

    »Mit der Geschichte des Kinsi?«

    »Oh, Sie wissen davon? Na ja, Bliesheim hat Mertes das Geld in den Rachen geworfen, ein Happen aus der Portokasse. Und das tote Männchen da draußen hat ihn dann weggeblasen.«

    »Weggeblasen?« Jemand in unserem Rücken räusperte sich laut.

    Wir drehten uns um.

    Da stand Jules Vater in einem rot gestreiften hellen Schlafanzug. Er wirkte verschlafen, kratzte sich am Kopf und sagte leicht verlegen: »Ich dachte, ich guck mal. Ich habe Stimmen gehört. Ist irgendetwas?« Die Hose hing ihm schlabberig am Körper und betonte, dass er geradezu schrecklich krumme Beine hatte.

    »Nichts ist«, sagte ich beruhigend. »Ich bin in eine Scherbe getreten und das knallte ziemlich.« Fiebrig dachte ich: Warum sieht er den Toten nicht? Dann begriff ich, dass Schildgen aus Sicht von Jules Vater in einem toten Winkel lag.

    »Ach so«, sagte er in schöner Unschuld. »Na, denn gehe ich mal wieder. Julchen, du solltest eine Mütze Schlaf nehmen.«

    »Das mache ich gleich«, sagte Jule ruhig und freundlich.

    Der Vater nickte, drehte sich und ging langsam wieder hinaus.

    Eine Weile herrschte Schweigen.

    »Komisch«, murmelte die Pechter. »Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mein Vater jemals in einem Schlafanzug in meinem Zimmer stand.«

    »Vielleicht waren Sie kein Kind zum Streicheln«, meinte ich. »War Kinsi denn wirklich nötig?«

    »Nein«, antwortete sie schnell. »Auf keinen Fall.«

    »Wer hat ihn in der Halle aufgehängt?«

    »Bliesheim. Ich habe ihm geholfen. Er dachte, er könne den Fall verschleiern. Alles fing damit an, dass sich Bliesheim in Anna verguckte. Da war es aus, da … na ja. Und dann die Sache mit Elvira. Da fasst man sich an den Kopf. So was Blödes! Aber sie war eben so. Nichts als geil. Eine schlechte Frau.«

    »Trotzdem, das mit Anna Hennef verstehe ich einfach nicht. Warum musste das sein?« Ich blieb hartnäckig, sie hatte immer noch nicht zugegeben, dass sie es getan hatte.

    »Tja, das kann ich so nicht beantworten«, sagte Gundula Pechter fröhlich. »Da müssen Sie schon Jule fragen. Nicht wahr, Jule?«

    Jule hielt den Kopf gesenkt. Ihre Altstimme hatte nun den Klang eines kleinen Mädchens, das verschreckt ist und mit der Welt nicht mehr fertig wird. »Anna hat meine Beziehung zerstört. Sie hat ja nicht nur mit Klaus geschlafen, es war auch, weil sie … Sie war völlig hemmungslos, sie machte
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