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Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz
Autoren: Jaques Berndorf
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liegen dort an der Stelle ungefähr vierzehn Stunden, plus minus eine Stunde. Der Einschuß oder Ausschuß im Nacken des Mannes ist komisch, Chef.«
    »Wieso komisch?«
    »Fettschlieren, würde ich sagen. Aber ganz besonderes Fett. Es sieht so aus wie Margarine.«
    »Wie was, bitte?«
    »Wie Margarine, Chef.«
    »Na gut, du Margarinespezialist. Sonst was Besonderes?«
    »Nichts, Chef.« Der Mann ging wieder davon.
    Dann trollte Wolf heran und schaute streng auf den Rasen vor seinen Füßen. Er hockte sich neben uns und konzentrierte sich. »Wir haben es mit einer richtig leidenschaftlichen Liebe zu tun, wenn ich mal so sagen darf. Hier ist der Ball, den der Mann gespielt hat. Er lag vom Abschlagplatz aus gesehen ungefähr zwanzig Meter vor den Toten.« Er schnippte den Ball in das Gras, der trudelte ein wenig und blieb liegen. »Es war zwischen 18 und 19 Uhr gestern abend. Ich vermute mal, der Nebel kam nach Mitternacht. Sie betraten diese Bahn, also die sechzehn. Sie waren die letzten auf dieser Bahn, denn spätere Spuren fand ich nicht. Diese Grassorte federt ziemlich schwach. Fünf Meter links vom Abschlagpunkt beginnt ein dichtes Gebüsch von alten Krüppeleichen, das in eine Gruppe Kiefern übergeht. Sie spielten keinen Ball, sondern waren jetzt in einem Bereich, in dem sie von einer anderen Bahn aus nicht mehr gesehen werden konnten. Sie sind dann nebeneinander, und zwar die Frau links von ihm, in das Gebüsch gegangen. Sie haben es dort getan. Dabei ist eindeutig, daß der Mann unten lag...«
    »Woher wissen Sie denn das?« fragte ich verblüfft.
    »Eindeutig an den Absätzen seiner Schuhe zu erkennen. Diese Absätze haben Einschnitte im Boden unter den Eichen hinterlassen. Ich vermute, der Mann hat einfach die Hosen runtergelassen, sonst nichts. Wo das Höschen der Frau ist, weiß ich nicht. Ich vermute weiter, wir finden es im Auto. Sie sind dann zum Abschlagplatz zurück. Der Mann hat als erster geschlagen und ist losgegangen. Und zwar ging er ziemlich leicht und locker geradeaus. Da fragt sich der Fachmann: Warum ist der losgegangen und hat sich die Tasche mit den Schlägern nicht über die Schulter gehängt, wie Golfer das so tun? Er ließ die Tasche bei der Frau. Warum?«
    »Bietest du mir eine Lösung an?« Wiedemann lächelte.
    »Wie du weißt, kann ich es nicht lassen. Ich denke, sie wollten die Bahn zwei- oder dreimal spielen. Diese erste Hälfte hier.« Wolf lächelte versonnen. »Sie wollten zurück unter die Eichen, sie wollten es ein zweites Mal haben, vielleicht ein drittes Mal. Weißt du, es wirkt auf mich wie ein Ritual. Aber zurück zum Vorgang. Ich sage, der Mann ging gutgelaunt. Er drehte sich sogar dreimal zu ihr herum. Normalerweise hätte jetzt die Frau abschlagen müssen. Das hat sie aber nicht getan. Irgend etwas passierte mit dem Mann. Ich vermute, er wurde ungefähr zwanzig Meter vor dem Punkt, an dem er jetzt liegt, getroffen. Er strauchelte, fiel, wahrscheinlich schrie er wie am Spieß. Die gespreizten Hände lassen auf große Schmerzen schließen. Die Frau ließ ihren Schläger fallen und rannte los, so schnell sie konnte. Während der Mann rund achtzig bis hundert Meter von ihr entfernt starb, aber noch die Kraft hatte, sich aufzuraffen und vorwärtszustolpern. Das Stolpern konnte ich einwandfrei feststellen. Zuweilen sind seine Abdrücke so scharf, daß man daraus schließen kann, daß er zu fallen drohte, sich verzweifelt aufrecht hielt, sich sozusagen im Boden festkrallte. Währenddessen rannte die Frau wie besessen. Übrigens, sie stolperte auch, ungefähr zwanzig Meter von ihm entfernt. Das muß wie eine wahnsinnige Slow Motion gewesen sein, wenn du mich fragst.«
    »Was heißt das?« fragte Wiedemann trocken.
    »Normalerweise wird jemand getroffen und getötet. Hier wurde auch jemand getroffen, aber eben nicht sofort getötet. Er starb, während er sich weiterbewegte. Während er starb und sich weiterbewegte, kam die Frau angerannt, panisch vor Angst...«
    »Lieber Himmel«, drängte Wiedemann, »nun sag schon, was du meinst.«
    »Ich meine, wir haben es mit einem eiskalten Killer zu tun. Siehst du die Weißtannen da? Da stand er, da muß er gestanden haben. Kannst du dir einen Mörder vorstellen, der über einen Zeitraum von rund sechzig Sekunden nach dem ersten Schuß Ruhe bewahrt und dabei darauf wartet, daß eine rennende Frau ihm ein sicheres Ziel bietet?«
    »Du willst also sagen, das war geplant. Du willst also sagen, der Mörder ist sozusagen ein As.«
    »Richtig«,
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