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Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz
Autoren: Jaques Berndorf
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nickte Wolf. »Der muß ein As sein. Wahrscheinlich ist er ziemlich krank, aber auf jeden Fall hat er eiserne Nerven.«
    »Die Waffe macht mich verrückt«, sagte Wiedemann.
    Der Mann, der mit den Temperaturmessungen zu tun gehabt hatte, kam heran und hockte sich zu uns. »Es ist Sperma«, berichtete er. »Ich weiß es nicht genau, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es Sperma.«
    »Ich habe den Platz gefunden«, nickte Wolf. »Bis auf die Waffe, die wir nicht kennen, ist es eine miese bürgerliche Affäre.«
    »Was ist mit der Margarine?« fragte ich.
    »Das kann ich nicht beantworten, das muß die Analyse ergeben«, sagte der Spurenmann. »Wenn ich die Wunden genau bedenke, muß es etwas sein, was ein vierkantiges, sehr massives Profil verschießt.«
    »Warum nicht gleich ein Blasrohr?« fragte Wiedemann, ärgerlich. Dann reichte er mir ein Handy. »Holen Sie mal den Rodenstock ran? Sagen Sie ihm schönen Gruß vom Knubbel, dann weiß er Bescheid. Wenn er will, schicke ich ihm einen Wagen.«
    Ich trollte mich ein paar Meter abseits. Rodenstock war zu Hause und meldete sich, als sei das Leben unerträglich langweilig. Er röhrte unendlich langsam: »Ja, bittähhh?«
    »Wir haben einen Doppelmord«, säuselte ich. »Auf dem Golfplatz. Schönen Gruß vom Knubbel. Wir brauchen Sie hier. Sie können einen Wagen haben.«
    »Her mit dem Wagen«, krächzte Rodenstock. »Ich bin verrotzt, totale Herbstgrippe, aber her damit. Alles, nur nicht diese Scheißwohnung. Sie schickt der Himmel.«
    »Das ist eher unwahrscheinlich«, murmelte ich.
    Ich wußte, was jetzt kam. Irgendein Staatsanwalt würde kommen, sich rasch und oberflächlich informieren, eine Pressekonferenz im Augustiner Kloster ansetzen und endlos drauflos schwafeln. Er würde sich gerührt und bewundernd selbst zuhören und ständig betonen: »Ich denke, wir haben gewisse Spuren, können aber aus verständlichen Gründen, Ihnen, meine Damen und Herren, noch nichts sagen. Wir bitten um Ihre Geduld.«
    Das gilt für alle Behörden: Immer, wenn sie etwas absolut nicht erklären können, bitten sie um Geduld, als gelte es, irgendwo Reste von Gehirn ausfindig zu machen.
    »Ich fahre heim. Ich brauche ein Frühstück, ich brauche meine Katzen.«
    »Wir sehen uns«, nickte Wiedemann träge. Er blinzelte in die Sonne. »Ich mag diese Eifel. Sie ist schön.«
Zweites Kapitel
     
    Ich fuhr nicht nach Hause. Nach Frühstück war mir nicht, und eine Erörterung des Falles mit meinen Katzen war nur sehr begrenzt möglich. Wenn jemand – von mir aus mit einem Maschinengewehr – dieses Liebespaar getötet hatte, dann mußte es mehr sein als das Ende eines bürgerlichen Dramas.
    Ein eifersüchtiger, der Tobsucht naher Ehemann? Gut, aber wie würde er es machen? Eine Ehefrau, die sich um ihr Leben betrogen sah? Auch gut, aber wie würde die vorgehen? Stundenlang auf dem Golfplatz warten? Vielleicht sogar geduldig warten, bis das Paar die Liebe genossen hatte und sich anschickte, die Bahn sechzehn zu meistern? Dann mit einer geradezu übernatürlichen Ruhe erst den Mann und dann die Frau erschießen? Vielleicht noch darauf spekulierend, daß zum Motiv Eifersucht die Perfektion der Tat auf keinen Fall paßte.
    Ich rollte die lange Gerade nach Hillesheim hinein und ging im Teller einen Kaffee trinken. Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, wer mich bediente, ich weiß nur noch, daß ich fragte, wo denn Pierre Kinn von der Sparkasse stationiert sei. Ich bekam die Antwort: »In Daun.«
    Dann begriff ich, mit wem ich sprechen mußte, dann begriff ich auch, was mich an diesem Fall so verwirrte. War es möglich, daß einer dieser höchst ehrbaren, gläsern lebenden, stets mit Krawatte versehenen Banker eine leidenschaftliche Liebe zur Ehefrau eines anderen pflegen konnte, ohne daß er gewarnt, ohne daß ihm im Wiederholungsfall sofort der Stuhl vor die Tür gesetzt wurde?
    Verbotene Liebe in der Eifel ist eine Form von Selbstzerstörung. Aber Selbstmord war es nicht. Und wenn sie sich so sehr liebten – warum waren sie nicht einfach fortgegangen? Nach Kanada oder Australien oder wohin auch immer...
    »Scheißliebe!« wiederholte ich.
    Ein Kombi eines Bestattungsunternehmens kam mir entgegen, ich vermutete, sein Ziel war der Golfplatz.
    Auf der Höhe hinter Zilsdorf lag das Land in ganzer Pracht, über Stroheich tummelte sich ein Turmfalkenpaar, die Kirche von Oberehe versteckte sich in einer hauchdünnen Nebelwolke, die langsam aufwärts stieg, von der Sprudelquelle in Dreis
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