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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues
Autoren: Jacques Berndorf
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haben, da hast du ...«
    »Ich überlege gerade, daß es mich wirklich freut, daß ... Na ja, die Geschichte für den Chef stört etwas, weil sie mich stark beschäftigen wird und weil ich eigentlich gar keine Zeit für dich haben werde und weil ich das Haus hier versorgen und weil ich Holz schlagen muß, und sägen muß ich es auch ... und ...« Ich redete und redete, bis ich irgendwann merkte, daß sie längst eingehängt hatte. Ich feuerte den Hörer auf die Gabel und rannte in den Garten. Mein Privatleben war in Gefahr.
    Ich brach aus der Natursteinmauer einzelne Steine heraus. Die Höhlungen versah ich nach vorn mit einem kleinen Damm aus Schnellzement. Dann füllte ich die Löcher mit Erde auf und setzte lange Waldgräser hinein. Ich hatte irgendwann diese Idee geboren und wollte wissen, ob sie funktionierte. Dann räumte ich auf, sah die Nachrichten im ZDF, ließ mir eine Badewanne ein. Gegen zwanzig Uhr war ich fertig, zog Jeans und einen dünnen Pullover an, darüber die Anglerweste. Ich setzte auch diesen lächerlichen Pepitahut auf, der mich so mittelmäßig macht. Dann noch meine Ausweise und das kleine Diktiergerät. Mein Urlaub war zu Ende.
    Es war bedeckt, aber es sah nicht nach Regen aus, die Wolken segelten zu fröhlich und zu schnell, schönes, glasklares Eifellicht. Ich nahm das Presseschild von der Scheibe und steckte es ins Handschuhfach. Im Rückspiegel sah ich, wie Krümel auf dem Holzstoß saß und beleidigt in die Gegenrichtung blickte.
    Ich fuhr auf Köln zu. Kurz vor der Autobahn bog ich links ab. Ich sah das Bundeswehrdepot hell erleuchtet in den dunkelbraunen und grünen Hügeln liegen. Die Luft war feucht und die starken Scheinwerfer tauchten die Wachtürme und den Zaun in ein gespenstisches Licht, in dem sanft blauer Nebel waberte. Es war ein Bild wie aus einem Horrorfilm. Dumpfe, stark erregte Musik kommt auf, man kennt das.
    Tagsüber fuhren die meisten Menschen achtlos vorbei, sie sahen es nicht. Nachts mußten sie es sehen, es wirkte wie die gewaltige Bühne eines Freilichttheaters.
    Ich hielt vor der Kneipe in Hohbach und ging hinein. Es war wie in vielen Eifelkneipen: nur ein paar Männer am Tresen, keine Frauen.
    Ich setzte mich an einen Tisch, nachdem ich freundlich gegrüßt hatte. Der Wirt kam. Er war ein kleiner, runder Mann mit kleinen Augen in einem roten, listigen Schweinsgesicht. Ich fragte ihn, ob er mir etwas zu essen machen könne. Bratkartoffeln mit Spiegelei zum Beispiel. Er sagte, das ginge.
    Die Männer am Tresen unterhielten sich laut und lärmend, und zuweilen sahen sie aus den Augenwinkeln zu mir hin, und ihre Gesichter versteinerten für eine Sekunde, als wollten sie fragen, wer ich sei und was ich von ihnen wolle. Da war Spannung.
    Als der Wirt das Essen brachte, fragte ich: »Hier soll in der Nähe ein Feriendorf mit einem See sein, an dem man angeln kann.«
    »O ja«, sagte er freundlich und übertrieben gedehnt wie ein Werbefachmann. »Der Hohbacher See, ein Staubecken. Da ist auch ein Campingplatz. Oder suchen Sie ein Hotelzimmer?«
    »Nicht gerade ein Hotel«, sagte ich. »Vielleicht etwas Billigeres.«
    »Nehmen Sie doch bei mir ein Zimmer«, sagte er. »Ist wirklich nicht teuer. Sie zahlen dreißig Mark inklusive Frühstück und können frühstücken, soviel Sie wollen. Sie können das Mittagessen sparen. Einen Angelschein kriegen Sie auch bei mir. Fließend kalt und warm Wasser, Dusche, schöne Aussicht, ruhig hier.«
    »Das ist gut«, sagte ich. »Und wie ist der Fischbestand?«
    »In Ordnung. Schleien, Karpfen, Rotaugen. Wir haben versucht, Hechte einzusetzen, aber das ist nichts, die gehen ein. Der See ist zu neu. Wenn er zehn Jahre alt ist, steht das Schilf breit genug, und wir können es mit Hechten versuchen. Wenn Sie auf Forellen gehen wollen, weiß ich ein gutes Wasser für Sie. Aber erst mal guten Appetit.«
    Ich aß und las dabei die regionale Tageszeitung. Dann ging ich hinaus und holte meine Tasche aus dem Wagen. Der Wirt zeigte mir das Zimmer im ersten Stock. Es war groß und erstaunlich gemütlich. Ich legte die Hemden und die Wäsche in den Schrank, die Krimis auf den Nachttisch. Dann ging ich wieder in den Schankraum. Jetzt waren mehr Männer dort und auch ein paar Frauen, die vereinsamt an den Tischen saßen und so wirkten, als hätten sie ausnahmsweise die Erlaubnis ihrer Männer, eine Kneipe zu besuchen. Es waren keine einheimischen Frauen, Touristinnen wohl vom Campingplatz.
    Ich stellte mich an den Tresen und ließ mir einen
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