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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues
Autoren: Jacques Berndorf
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es dir aussuchen. Aber tatsächlich weiß keiner was. Von Spionen ist in der letzten Zeit viel geredet worden, aber das kann Geschwätz sein.«
    »Wer sind die beiden toten Frauen?«
    »Die erste ist bekannt. Sie war seit einem Jahr Kellnerin in der Wirtschaft in Hohbach. Ich weiß nur, sie war nicht aus Hohbach, sie war aus Ostberlin. Sie hieß Susi. Und sie war rund dreißig Jahre alt. Wer die zweite Tote ist, weiß kein Mensch. Die Kinder kannten sie jedenfalls nicht. Außerdem war sie nicht mehr erkennbar.«
    »Stammte der Leutnant aus dieser Gegend?«
    Er schüttelte den Kopf. »Der soll im Münsterland zu Hause gewesen sein.«
    »Kannst du mich weiterreichen an deinen Kumpel in Hohbach?«
    »Das mache ich nicht«, sagte er schnell und starrte aus dem Fenster. »Du mußt das verstehen. Ich bin ein Bauer und ich lebe hier. Du bist von der Presse und kannst jederzeit abhauen. Das kann ich nicht machen.«
    »Schon gut«, sagte ich. »Vergiß, daß wir drüber geredet haben.«
    Er zeigte sein Faltengesicht. »Ich kenne dich jetzt fünf Jahre, aber ich habe dich nie gesehen.« Damit ging er. Er hatte das Bier und den Schnaps nicht angerührt.
    In der Haustür drehte er sich herum und war gegen den Frühsommerhimmel ein scharfer Scherenschnitt. »Du kriegst es ja doch raus. Irgendein LKW aus der DDR spielt da mit. Der war übers Wochenende in Hohbach, der Fahrer hat in der Kneipe übernachtet, weil er samstags und sonntags nicht auf die Autobahn darf. Und am Mittwoch vorher war der Lastzug schon mal in Hohbach, der Fahrer hat schon mal da geschlafen.« Er bewegte die Arme sehr rasch vor dem Körper. »Ich weiß nicht, wie das zusammenhängt, unsereiner hat keine Ahnung von so einem Scheiß. Die Leute sagen, da haben sich irgendwelche Spione gegenseitig umgelegt. Hast du gehört, daß die Toten in dem Jeep und die Frau, die später gefunden wurde, gar keinen Kopf mehr hatten?«
    »Habe ich nicht gehört. Und dieser LKW-Fahrer aus der DDR ist verschwunden?«
    »Verschwunden samt LKW. Hatte eine Nummer mit R, war aus Dresden. Und der Laster war ein Volvo Intercooler, drei Achsen hinten für ganz schwere Sachen.« Er lächelte vage. »Vielleicht haben die eine Rakete geklaut, oder so.«
    »Weißt du die ganze Nummer vom Laster?«
    »Nein, nur das R.« Er bewegte die Arme wieder. »Ich muß weiter.«
    Es gibt Tage, da reagiere ich ausgesprochen musikalisch. Ich schob ein Band von Robben Ford in den Recorder. Er sang Nothing but the blues und scheuchte mit weich gesetzten Harmonien alle Verquastheiten aus meinem Schädel. Ich ging hinter das Haus, machte weiter an dem Pflaumenbaum, und als ich fertig war, schnitt ich drei dicke Scheiben vom Schinken herunter, briet sie und schlug dann drei Eier drüber. Dazu gab es schwarzen italienischen Kaffee.
    Ich mußte rausrennen in den Garten, als das Telefon schellte, mein Telefon steht nie dort, wo ich es brauche. Es war Elsa, und sie sagte biestig: »Ich habe mit Kohler gesprochen.«
    »Ja und?«
    »Kohler ist ein Schwätzer und ein Wichtigtuer, und er glaubt, daß wir etwas miteinander haben und so.«
    »Ja und?«
    »Ich meine, nicht ich habe ihn angerufen, sondern er mich. Er will nämlich wissen, welchen dämlichen Geheimauftrag dir der Chef erteilt hat. Und er glaubte, ich wüßte es.«
    »Kohler ist ein Idiot.«
    »Da stimme ich zu. Ganz abgesehen davon hat sich aber herausgestellt, daß du keineswegs Urlaub machst, sondern eine Geschichte. Und als ich dich zum erstenmal angerufen habe, klang deine Stimme auch so.«
    »Wie?«
    »Na ja, wenn du eine Geschichte angehst, hast du eine besonders ferne Stimme. Man hat den Eindruck, du hörst nicht zu, bist nicht bei der Sache.«
    »Es ist wirklich eine Geschichte für den Chef, und ich weiß nicht, was dabei herauskommt, denn sie ist erst ein paar Stunden alt. Ich möchte dabei allein sein.«
    »Ich habe aber überlegt, daß ich mich in den Wagen setze und zu dir komme.«
    »Du willst mit deiner Rostlaube von Hamburg hierher in die Eifel tuckern? Da brauchst du zehn Stunden, wenn der Wind günstig steht.«
    »Das ist mir gleichgültig, ich habe mit dir etwas für mich Wichtiges zu klären, verstehst du?«
    »Ja.«
    Was sollte ich einwenden? Wenn sie etwas Wichtiges für sich klären wollte, würde es mir nicht helfen, augenblicklich eine Lungenentzündung zu kriegen, nichts würde mir helfen.
    »Könnte es denn nicht sein, daß du dich ein wenig auf mich freust? Als wir das letzte Mal in meiner Wohnung hier zusammen geschlafen
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