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0724 - Vampirträume

0724 - Vampirträume

Titel: 0724 - Vampirträume
Autoren: Claudia Kern
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In seinen Träumen saß Baal, der Moloch, bereits auf dem Thron des Höllenfürsten. Stygia war geschlagen und lag bettelnd im Staub, während die Erzdämonen in Ehrfurcht ihre Köpfe neigten. Die Realität sah jedoch anders aus: Die Erzdämonen, deren Unterstützung Baal so dringend benötigte, verweigerten sich ihm und schienen bemüht zu sein, die momentanen Machtverhältnisse nicht zu gefährden.
    Ich könnte Stygia mit einem Augenzwinkern vom Thron fegen, dachte er, aber die Macht allein nützt mir nichts…
    Er benötigte die anderen Dämonen und ihre Gefolgschaften auf seiner Seite, um nach Stygias Vernichtung als neuer Fürst der Finsternis akzeptiert zu werden. Vor allem aber brauchte er Astardis, denn mit seiner Anerkennung war die Unterstützung durch die Erzdämonen nur noch eine Formsache. Niemand, der seine Existenz schätzte, widersprach einem Wunsch von LUZIFERS direktem Stellvertreter.
    »Die Hölle ist nicht bereit für einen Krieg.«
    Baal drehte sich um. In der sternenklaren Nacht war sein Gegenüber, eine pferdefüßige, mehr als drei Meter hohe Gestalt mit geschwungenen Hörnern, leicht zu erkennen.
    Er neigte knapp den Kopf. »Astardis, ich dachte gerade an dich.«
    »Du solltest lieber an dich denken und an den Platz, den du unter meiner Regentschaft einnehmen willst.«
    Baal sah hinaus auf die schneebedeckten Berge. Wenn er nachdenken wollte, zog er sich meistens aus der Hölle zurück und wählte einen einsamen Ort auf der Erde, wo er ungestört und vor allem unbelauscht war. Dass Astardis, beziehungsweise der Doppelkörper, den er wie immer schickte, ihn trotzdem gefunden hatte, irritierte und beunruhigte den Moloch.
    »Du weißt, wo mein Platz ist«, antwortete Baal nach einem Moment, »und wer vernichtet werden muss, damit ich ihn einnehmen kann.«
    Astardis trat neben ihn. Der Schnee verdampfte unter seinen nackten Füßen und hüllte ihn in Nebelschwaden.
    »Stygia ist nur dein Problem, Baal, nicht das der Hölle. Es gibt wichtigere Dinge, um die wir uns kümmern müssen, Dinge, die unser aller Existenz bedrohen könnten.«
    Er machte eine Pause und strich langsam über seinen Schädel. »Hast du jemals von Kuang-shi gehört?«
    Baal lächelte. »Der angeblich unbesiegbare Götterdämon? Jeder kennt wohl seinen Namen, aber niemand hat ihn je gesehen. Er ist eine Legende, nichts weiter. Er war damals schon eine Legende.« Er spielte auf die Zeit an, bevor er selbst für tot gehalten worden war, hinabgestürzt in die Tiefen des ORONTHOS. Wie lange lag das nun schon zurück… und ausgerechnet Stygia hatte damals Baal besiegt. Durch einen Trick, natürlich, wie immer. Sie konnte nur durch Tricks siegen. In einer offenen Auseinandersetzung musste sie immer verlieren. Wohl nicht nur gegen Baal…
    »Diese Legende ist Realität geworden. Kuang-shi lebt.«
    Stille legte sich über die winterliche Landschaft. Baal lauschte auf das Zischen des verdampfenden Schnees und zwang seine Gedanken zur Ordnung. Kuang-shi, der Vampir, der keiner war, der Götterdämon aus einer längst vergessenen Zeit - sein Name beflügelte die Fantasie und eröffnete neue, ungeahnte Möglichkeiten.
    »Du glaubst, dass er eine Gefahr für die Hölle darstellt?«, fragte Baal schließlich.
    Astardis’ rote Augen starrten ihn durch die Nebelschwaden an. »Wir wissen weder, wie mächtig er ist, noch wie viele Gefolgsleute er kontrolliert. Nur eins ist sicher: Er steht nicht auf unserer Seite.«
    »Teilen die Erzdämonen deine Ansicht?«
    »Natürlich teilen sie meine Ansicht«, sagte Astardis hörbar wütend. »Ich dulde keinen Widerspruch in solch wichtigen Angelegenheiten.«
    Gut , dachte Baal. Laut entgegnete er. »Dann lasst mich eure Angelegenheit zu meiner machen. Während Stygia auf ihrem Knochenthron sitzt und nichts tut, werde ich Kuang-shi finden, vernichten und dir, Astardis, seinen abgeschlagenen Kopf als Zeichen meiner Loyalität bringen. Die Erzdämonen sollen erfahren, wie mächtig ich bin - und wie großzügig zu denen, die mich unterstützen.«
    Er verschränkte die Arme vor der Brust und hielt dem Blick aus roten Augen stand.
    »Kuang-shis Kopf gegen Stygias Thron«, sagte Astardis nach einer Weile. »Der Tausch erscheint mir angemessen.«
    »Dann ist es beschlossen?«
    Astardis nickte. »So soll es sein.«
    Sein Doppelkörper löste sich auf und wurde mit dem Nebel hinweggeweht. Baal begann zu lachen, erst leise, dann immer lauter, bis der Schnee vibrierte und in Lawinen von den Berghängen
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