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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues
Autoren: Jacques Berndorf
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dich nicht auf«, sagte ich. »Sie müssen Krieg spielen, weil sie sonst arbeitslos wären.«
    Es hatte zu regnen aufgehört, am Himmel segelten schneeweiße Wolken. Ich fuhr nach Hause, zog mir die Arbeitsklamotten an, zog das Telefon an der langen Strippe auf den Gartentisch, holte die Leiter und fing an, den Pflaumenbaum auszuschneiden, bis das Telefon zum erstenmal schellte. Es war schon wieder Kohler.
    »Was ist es?« fragte er gierig.
    »Nichts Besonderes«, sagte ich. »Es ist privat für den Chef.«
    »Also, du schweigst?«
    »Ich schweige«, sagte ich und hängte ein.
    Eine Stunde später war Elsa am Apparat und schnurrte mit unterkühlter Stimme: »Ich wollte eigentlich nicht anrufen. Aber wir hatten einen Termin: Du wolltest hierher nach Hamburg kommen und mit mir in das Gitarrenkonzert von McLaughlin gehen. Du bist nicht gekommen.«
    »Ich ... o Scheiße, ich habe das verschwitzt, es war so viel zu tun hier.«
    »Das hilft dir nicht, du hast nicht einmal angerufen. Das hat wohl damit zu tun, daß ich eine Frau bin.«
    »Hör auf mit diesem ewigen Feldzug für die Frauen. Ich habe es verschwitzt, wirklich und wahrhaftig verschwitzt. Das ist nicht gut, und ich entschuldige mich.«
    »Wenn du das nächste Mal mit mir schlafen willst, werde ich vergessen, mich auszuziehen.« Sie war wirklich zornig, und ich sah ihre schmalen Augen.
    »Wie geht es dir sonst?«
    Sie lachte sanft und beängstigend sympathisch. »Es geht mir ganz gut, ich habe auch Urlaub. Bleibst du im Urlaub zu Hause?«
    »Ja.«
    »Komm doch ein paar Tage her.«
    »Geht nicht. Hier ist so viel zu tun.«
    »Du willst also nicht gestört werden? Vielleicht hast du Besuch bei dir?«
    »Na sicher. Die Tochter vom Schimanski ist hier, vierzehn und willig.«
    »Du bist zum Kotzen arrogant, Baumeister.«
    »Das haben wir gemeinsam.«
    Sie sagte eine Weile nichts, dann murmelte sie: »Wir haben beide unsere Geschichte. Kann sein, daß wir keine Übereinstimmungen finden, daß wir rummachen, rumtaumeln, rumstottern. Ich diene mich an ... habe ich mich dir angedient? Ja, und wenn? Wir tun uns weh, nicht wahr?«
    »Zuweilen.« Hinter mir im alten Apfelbaum war das Dompfaffpärchen eingeflogen und schien sich aufgeregt etwas zu erzählen.
    »Deine Sprüche«, sagte sie hart und flach. »Deine gottverdammten Sprüche!« Dann knallte es scharf, weil sie den Hörer so heftig auflegte.
    »Ja, ja«, murmelte ich und hängte ein. Ich stopfe mir die Royal Briar von Stanwell, schmauchte ein paar Züge und erklärte dem Dompfaffpärchen: »Eine Frau kann ich doch jetzt wirklich nicht gebrauchen!« Um meine Biestigkeit deutlicher zu machen, murmelte ich: »Yesterday I had a love song, today I am singing the blues!« Natürlich kam ich mir vor wie ein Schmierenkomödiant, aber es tat gut. Schließlich stiefelte ich ins Haus und ließ das Joe-Pass-Trio Lover For Säle jubeln, weil man da so schön in Selbstmitleid ersaufen kann.
    Alfred kam mit dem Hänger voll Buchenholz runter vom Hochwald. Er zog den schweren Fendt vor die Garage und sagte: »Ich Stapel dir das auf. Morgen komme ich mit der Kreissäge. Aber hacken mußt du es selbst, dann kriegst du auch keinen Bauch. Weshalb hast du nach dem Munitionsdepot gefragt?«
    »Nur so. Jedesmal, wenn ich von Köln komme, sehe ich es da liegen. Ich wollte nur wissen, was es ist. Was kostet das Holz?«
    »Zweihundert. Mit der Fahrerei zweihundertzehn. Wenn du einen Hunderter drauflegst, schicke ich dir wen, der das hackt und stapelt.«
    »Ich hacke es selbst. Wieviel Mann liegen in so einem Depot?«
    Alfred war ein rothaariger, schmaler, zäher Eifelbauer in meinem Alter. Er war stolz darauf, daß er nie geheiratet hatte, und einige Leute im Dorf sagten, er spiele gelegentlich den Clown, um zu verbergen, daß er scharf denken konnte.
    »Du hast doch was«, sagte er, »du fragst doch nicht ohne Grund.«
    »Lad das Holz ab«, sagte ich. »Du kriegst dann ein Bier und einen Schnaps, und ich sage dir, was ich habe.«
    Er nickte und machte sich daran, die schweren Baumstücke herunterzuhieven und aufzustapeln. So, wie er das machte, sah es sehr leicht aus.
    Ich stieg wieder in den Pflaumenbaum hinter dem Haus und holte die Geilzweige raus, die im Frühjahr geschossen waren. Als mir der Fuchsschwanz ausglitt und über den linken Handrücken ratschte, stieg ich runter, machte mir im Bad ein Pflaster drauf und sah dann zu, wie Alfred die letzten Stämme stapelte.
    »In den kleineren Depots sind immer fünfzig bis sechzig Leute,
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