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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues
Autoren: Jacques Berndorf
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fummelte nach meiner Brille und öffnete ihm.
    Da stand er und lächelte freundlich und kam einen Schritt herein. Er sagte heiter: »Sie werden hier nicht herumschnüffeln, Baumeister.«
    »Und was werde ich statt dessen tun?«
    »Sie werden Ihre Klamotten einpacken und verschwinden. Sofort. Das mit dem Zimmer hier erledige ich schon. Und Sie werden sich nicht weiter um diesen Fall kümmern.«
    Ich drehte mich herum und setzte mich auf das Bett. Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß nichts von einem Fall, ich werde bleiben.«
    »Nein.« Er kam ganz herein und schloß die Tür hinter sich. »Sie wissen, wovon ich rede.« Er sprach leise und sehr bestimmt.
    »Ihre Tarnung ist mies. Ein Studienrat, Doktor mit Physik und Chemie und Sport und Mathematik in Köln. Aber dauernd in der Eifel. Verfassungsschutz? MAD? BND?«
    »Keine Schonzeit für Schreiberlinge. Ich werde Sie verscheuchen, Sie stören die Arbeit.« Er runzelte die Stirn. »Ich habe Ihre Akte hier, ich weiß, was Sie so schreiben. Ich habe auf Sie gewartet, Sie sind die Schmeißfliege in diesem Fall.«
    »Wie schön«, sagte ich. »Dann sind Sie der Scheißhaufen.«
    Er reagierte nicht erkennbar, er lehnte neben der Tür an der Wand, links über seiner Schulter hing ein kleines hölzernes Kruzifix.
    »Wir trennen uns friedlich«, bestimmte er. »Sie gehen jetzt und kriegen die erste Vorausinformation frei Haus.«
    Ich lachte, ich mußte einfach lachen und wunderte mich, daß ich das konnte. »Wer immer Sie sind: Sie sind nichts als ein kleiner, mieser Aufpasser vor Ort. Der Fall wird in Bonn gelöst, und niemand wird es für nötig halten, Sie zu informieren. Sie sind eine kleine Nummer an einem kleinen Bundeswehrdepot mit einem kleinen Dreifachmord. Deshalb werde ich nicht gehen.«
    Man soll Beamte nicht beleidigen, ganz gleich, ob sie Briefträger oder Geheimdienstleute sind.
    Er war schrecklich schnell. Er knickte leicht nach rechts in der Hüfte ein und war mit verblüffender Lautlosigkeit bei mir. Er schlug eine Doublette und landete zweimal voll. Ich wurde nach links vom Bett geschleudert. Ehe ich bewußtlos wurde, hörte ich meine Brille gegen den Heizkörper scheppern und über die Fußbodenbretter gleiten.
    Ich lag sehr flach und kriegte keine Luft, als er vollkommen ruhig sagte: »Stehen Sie auf, packen Sie Ihre Sachen und verschwinden Sie.«
    Ich konnte nichts sagen, ich konnte nicht aufstehen. Dann war er über mir, griff in meinen Hosenbund und stellte mich so mühelos auf die Beine, als sei ich gewichtslos. Er drehte mich zum Schrank herum und gab mir einen Stoß. »Packen Sie Ihr Zeug ein!«
    »Nicht so«, lallte ich, »nicht so.« Ich hielt mich am Schrank fest.
    »Sie sind aber sehr renitent«, sagte er affektiert. Er atmete nicht einmal schnell.
    Etwas knallte hart in meine linke Nierengegend. Ich drehte mich unkontrolliert, und er stoppte meine Bewegung, indem er mir gegen den Kopf schlug. Links, rechts, links. Ich kniete vor ihm, und er zog mich an den Haaren hoch und schlug zwei Doubletten. Er traf beide Ohren und den Oberkörper, und ich konnte nicht einmal die Arme hochbringen, um mich zu schützen.
    Er sagte und atmete jetzt schnell: »In einer Minute sind Sie hier raus. Falls nicht, hole ich die Jungens aus dem Depot. Die sind sowieso sauer.«
    Dann hörte ich ihn hinausgehen, sehr leise. Und die Tür war kaum zu hören, als er sie schloß.
    Ich versuchte aufzustehen. Das ging nur unendlich langsam, und die Schmerzen drückten mir die Luft ab. Ich erreichte tief gebückt das Waschbecken und zog mich hoch. Ich drehte das kalte Wasser auf. Ich wollte mir Wasser in das Gesicht schaufeln, aber als ich mich vorbeugte, verlor ich das Bewußtsein.
    Ich wurde wach, lag auf dem Gesicht und drehte mich langsam auf den Rücken. Es tat alles sehr weh, der Schmerz war nicht zu lokalisieren. Über mir sah ich verschwommen das Waschbecken. Ich wollte irgend etwas sagen, laut Scheiße brüllen, aber ich bekam kein Wort heraus. Ich erinnerte mich an das Scheppern meiner Brille und rutschte irgendwie auf den Knien dorthin, wo sie liegen konnte. Ich ertastete sie und setzte sie auf, sie war heil geblieben.
    Den Pullover konnte ich nicht anziehen, weil ich die Arme nicht hochkriegte und weil mein Gesicht höllisch brannte. Überall an mir war Blut. Die Schuhe konnte ich nicht anziehen, weil ich mich dann vorbeugen mußte, und das ging nicht, ich hatte Angst davor.
    Also ging ich barfuß, nur mit den Jeans bekleidet. Da war die Treppe. Ich hatte panische
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