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Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ehrbare Händler: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Frank Domeier
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die Erlaubnis von seinem Vater sofort, doch Agnes war für einige Tage bei einem Onkel in Hameln und daher nicht so schnell erreichbar.
    Also war der junge Mann am Morgen enttäuscht allein in Möllenbeck aufgebrochen. Zu Fuß ging es die wenigen Meilen nach Rinteln, von dort hatte ihn ein Händler auf seinem Karren nach Minden mitgenommen. Inzwischen war es Nachmittag geworden. Ein trüber Nachmittag. Schon den ganzen Tag war der Himmel voller dunkler Wolken und drückte einem aufs Gemüt. Zum Glück hatte es bis jetzt noch nicht geregnet.
    Ludolf schritt auf das Gebäude vor ihm zu. An der Tür zeigte er dem Pförtner den Brief. Ein Priester brachte ihn in eine Stube.
    »Gnädiger Herr, bitte wartet hier. Ich werde den ehrwürdigen Bischof über Euer Kommen unterrichten.« Damit war er wieder verschwunden.
    Ludolf schaute sich um und erinnerte sich. Es war der gleiche Raum, in dem sie damals auch hatten warten müssen, als sie den Kirchenfürsten sprechen wollten. Nach wenigen Augenblicken öffnete sich die Tür. Ludolf erkannte in dem älteren, fast kahlköpfigen Herrn den Bischof. Statt eines Ornats trug er Kleidung wie ein ganz normaler Laie – wenn auch eines wohlhabenden Laien. Ein Leinenhemd mit verzierter Jacke, blaue Hosen und darüber einen weiten Mantel aus dunkelrotem Stoff.
    Freudig lächelte er Ludolf an: »Seid gegrüßt, junger Mann. Ich freue mich, Euch zu sehen.«
    »Danke für die Ehre, dass Ihr mich gerufen habt.« Ludolf verneigte sich bei diesen Worten.
    »Wo ist denn die Jungfer von Ecksten? Habt Ihr sie nicht mitgebracht?«
    »Sie ist einige Tage verreist.«
    »Oh, das ist aber schade. Wird sie denn wohl noch kommen?«
    Ludolf zuckte mit den Schultern. »Ein Bote an sie ist losgeschickt worden. Ich hatte gehofft, dass wir Euch wieder zu zweit dienen können.«
    Otto nickte nachdenklich. »Ihr hattet mir damals erzählt, Euer Vater hätte schon eine Heirat für Euch in die Wege geleitet. Hat sie schon stattgefunden?«
    »Die Verlobung wurde gelöst. Ich hatte darum gebeten.«
    »Aber warum das denn?«, fragte der Bischof entgeistert.
    Ludolf stockte. Durfte er es aussprechen? »Ich möchte noch nicht heiraten. Später vielleicht.«
    Der ältere Mann atmete tief durch. »Und was hat Euer Vater dazu gesagt?«
    »Mein Herr Vater war sehr ungehalten darüber. Aber er hat mich verstanden.«
    »Lob an Euren Vater.«
    Ludolf war dieses Gespräch äußerst unangenehm. Rasch wechselte er das Thema und bat den Bischof um Auskünfte zu dem aktuellen Fall.
    Der Bischof begann zu erzählen. Ein angesehener Händler der Stadt war erhängt aufgefunden worden, in seinem Lagerturm auf dem obersten Boden. Aber es gab einige seltsame Umstände, die keiner so recht deuten konnte. Die Leiter zu dem obersten Boden war hochgezogen und die Luke verschlossen. Also dachte man zuerst an Selbstmord. Aber es gab kein Podest, keinen Stuhl, keinen Tisch, von dem er hätte springen können. Die Familie des Toten wies daher die Möglichkeit eines Selbstmords vehement zurück. Es gab also keinerlei Beweise für die Richtigkeit der einen oder der anderen Theorie. Es herrschte allgemeine Ratlosigkeit.
    Ludolf überlegte einen Moment. »Traute man dem Händler denn einen Selbstmord zu?«
    Otto hob abwehrend die Hände: »Bewahre uns, nein.«
    »Nein, weil es eine abscheuliche Sünde wäre und für die Familie eine Schande? Oder nein, weil er keinen Grund dazu gehabt hätte?«
    »Natürlich will die Familie die Schande eines Selbstmords nicht ertragen. Aber der Bürgermeister und die anderen Händler kannten den Toten ganz gut. Und auch sie trauen es ihm einfach nicht zu. So bot ich ihnen meine Hilfe an. Und deshalb seid Ihr jetzt hier.«
    »Ich muss zugeben, es ist mysteriös. Aber spannend.«
    »Ihr wollt uns also helfen?«
    Der junge Mann war gerne dazu bereit.
    Der Bischof zeigte sich sichtlich erfreut: »Sehr schön! So treffen wir uns morgen beim Bürgermeister. Da bekommt Ihr alle notwendigen Informationen, und wir überlegen, wie es weitergeht. Offiziell seid Ihr Gehilfe des Marktleiters, der Euch einen Lohn zahlen und für Unterkunft und Speisen sorgen wird. Ist das in Ordnung für Euch?«
    Ludolf nickte.
    »Ein Priester wird Euch dann jetzt zum Marktleiter bringen.«
    Damit verabschiedeten sich die beiden Männer. Ein junger Novize wartete schon vor der Tür und führte Ludolf hinaus.
    Otto wandte sich zum Fenster und öffnete es. Für Mitte Mai war es in den letzten Tagen recht kühl gewesen. Regenwolken zogen
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