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Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse

Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse

Titel: Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse
Autoren: Zoë Beck
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Geld.
    »Rentner sind heutzutage oft sehr arm«, sagt sie.
    »Ist er überhaupt Rentner? Er sieht nicht sooo alt aus«, sagt Papa.
    »Na ja, er ist immer zu Hause. Vielleicht ist er Frührentner. Und die haben noch weniger Geld.«
    »Er hat ein Haus, das ist größer als unseres, und er gehört zu der Generation, die richtig viel Rente bekommt«, sagt Papa.
    »Denk an die Rentenkürzungen, die es dauernd gibt«, sagt Mama.
    »Nein«, sagt Papa, »ihn betreffen höchstens die ausbleibenden Erhöhungen.«
    »Ach so«, sagt Mama.
    Ich verstehe kein Wort.
    »Hat er jetzt Geld oder nicht?«, frage ich genervt.
    »Hat er«, sagen meine Eltern im Chor.
    »Dann ist es nicht so schlimm, wenn ich mich erst heute bedanke.«
    »Wie gesagt, denk dran, wie viel Überwindung es ihn gekostet haben muss«, sagt Mama.
    »Hey, und wer fragt mich, wie viel Überwindung es mich jedes Mal kostet, wenn ich seine Pudelscheiße unter der Sohle kleben habe?«
    »Da ist was dran«, sagt Papa.
    »Trotzdem muss er sich bedanken«, sagt Mama. »Es zeugt von Größe und Charakterstärke, wenn man ›Danke‹ und ›Entschuldigung‹ sagen kann, obwohl es einemmanchmal schwerfällt.« Sie holt tief Luft, um wieder zu einem Vortrag anzusetzen, aber ich bin schneller.
    »Ich geh schon«, sage ich und will losflitzen.
    »Erst Tisch abräumen!«, dröhnt es hinter mir her.

Samstag, 27.8., 17:31 Uhr
    War noch nicht bei dem Alten, weil ich Besuch hatte. (Aber ich sah ihn vom Fenster aus, wie er seinen Rasen mähte und dann die Straße kehrte. Sein dämlicher Pudel war die ganze Zeit dabei, saß daneben und schaute zu. Zweimal trottete das Viech auf die Straße und pinkelte gegen den Laternenmast.) Arthur ist rübergekommen, um mir haarklein vom Urlaub zu erzählen. Irgendwann ist dann auch noch Anselm aufgetaucht. Es ist ganz komisch mit ihm: Wir rufen ihn nie an, und wir laden ihn auch nie zu irgendwas ein, aber er weiß trotzdem irgendwie immer, wo wir gerade sind, und kommt dazu. Jedenfalls, die beiden hatten wohl viel mehr Spaß als ich. Arthur hat auf dem Campingplatz lauter Kids aus Belgien und Holland kennengelernt, und ein paar davon waren genauso dick wie er. Er sagt, er darf sie in den nächsten Ferien auch mal besuchen. Anselm hat mit seinen Eltern wieder das Übliche gemacht, sie waren drei Wochen in Kanada, eine Woche in Toronto, eine in Vancouver und eine in Montreal. Anselm sagt, sie waren drei Mal in der Oper, vier Mal im Konzert und insgesamt in zwölf Museen. Er will gerade in die Einzelheiten gehen, aber Arthur und ich lassen unsere Köpfe auf die Brust fallen und machen Schnarchgeräusche. Er kennt das schon und macht gleich den Mund zu. Ich erzähle dann ein bisschen vom Biobauernhof und dass ich ganz viel Obst nicht mehr essen muss, weil ich allergisch drauf bin. Arthur ist schwer beeindruckt und sehr neidisch. Er will unbedingt wissen, wie ich das gemacht habe, damit er auch kein Obst mehr essen muss.
    Und dann kommt der Knaller: Anselm schiebt uns wortlos sein Smartphone unter die Nase. Auf dem Displayist ein Foto von ihm mit einem Mädchen. Sie sieht genauso aus wie er. Dünn, klein, orangefarbene Haare, die in alle Richtungen wachsen, blass und sommersprossig. Sie haben beide fast dasselbe dicke dunkelbraune Brillenmodell, und sie tragen beide Jeansjacken, die überhaupt nicht zu ihnen passen.
    Natürlich sagt Arthur: »Seit wann hast du denn ’ne Schwester?«
    Aber ich kapier es gleich: »Hey, du hast ’ne Freundin?«
    Anselm nickt und strahlt. Er weiß nicht, ob er schon wieder was sagen darf, deshalb sagt er wohl lieber erst mal nichts.
    »Wie heißt sie? Wo hast du sie kennengelernt?«, frage ich.
    Und Arthur: »Habt ihr schon gefickt?«
    Anselm wird rot. »Sie heißt Olivia und wohnt in Toronto, und wir sind uns im Mocca begegnet.«
    »Seit wann trinkst du Mokka? Du magst doch gar keinen Kaffee«, sagt Arthur.
    »Seit wann kennst du dich mit Kaffee aus?«, sage ich zu Arthur.
    »Mocca ist das Museum of Contemporary Canadian Art«, sagt Anselm und zeigt uns die Homepage. »Wir haben uns auf Anhieb verstanden und uns gleich für den nächsten Tag im Bata Shoe Museum verabredet.«
    »Ihr habt euch Schuhe angeschaut?«, fragt Arthur und schmeißt vor Aufregung fast seine Coke Zero um. Arthur mag Schuhe. Er sagte mal, Schuhe passen wenigstens immer, egal, wie dick er gerade ist. Arthur wird in jeden Herbstferien zur Kur geschickt, damit er abnimmt. Wenn er wiederkommt, hat er schlechte Laune und versucht, sich bis Weihnachten
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