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E-Book statt Papierkonserve

E-Book statt Papierkonserve

Titel: E-Book statt Papierkonserve
Autoren: Marlies Michaelis
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den individuellen, sondern um den gesellschaftlichen Nutzen.
    Ausgangsmedium für beide Buchformen bleibt die Schrift . In unserem westlichen Kulturkreis wurde die Entwicklung der Schrift mit dem altgriechischen Vollalphabet abgeschlossen. Ab und an ergänzen Abbildungen, Infografiken und Fotos den Text, die wesentliche, vertiefte Information wird aber nach wie vor über die Buchstabenschrift vermittelt. Das digitale Buch hat hier eventuell einen kleinen Vorteil, da es Animationen zulässt und uns somit ermöglicht, Informationen noch in anderer Form zu verpacken und zu übermitteln. Gerade für stark visuell orientierte Belange wie kunstgeschichtliche oder medizinische Werke, aber auch für Bauvorschriften und andere praktisch ausgerichtete Bücher mit visuellen Anteilen stellt dies einen Vorteil dar. Für anspruchsvolle Darstellungen müssen die Endgeräte aber noch weiterentwickelt werden. Hier sehe ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch ein Unentschieden, dass aber, sobald die Geräte noch etwas besser geworden sind, sofort in einen Sieg für das E-Book umgewandelt wird.
    Inhaltlich kann das E-Book dieselben Geschichten und abstrakten Texte enthalten wie das gedruckte Buch. Sowohl das Gilgamesch-Epos als auch die platonischen Dialoge sind in beiden Formen erhältlich. Diese Texte zeichnen sich durch Linearität, Zeithoheit des Lesers, aktive Aneignung des Nutzers durch einen Prozess des Verstehens und zugleich den Einsatz der eigenen Vorstellungen aus. Jedoch können die linearen Texte beim E-Book offener gestaltet werden und es wäre möglich, Kommentare anderer Leser einzublenden. Schon jetzt erscheinen Passagen, die häufig von anderen Nutzern markiert wurden, unterstrichen im Text. Welchen gesellschaftlichen Wert haben diese Funktionen? Bei Texten, die einer Veränderung unterliegen, etwa Gesetzesbüchern, könnten diese Kommentare signalisieren, welche Abschnitte verändert wurden. Die Leserinnen und Leser könnten schneller über Änderungen informiert werden – direkt über den Text, also ohne Umwege wie Newsletter oder Aktualisierungsservices auf Websites. Es wäre somit möglich, diejenigen, die ein bestimmtes E-Book gekauft haben, direkt über eine Änderung zu informieren oder ihnen gleich ein Update anzubieten. Doch welchen Nutzen bringt dies für ein klassisches Werk wie die „Politeia“ von Platon? Hier kann das Verzweigen, das Anbieten von zusätzlichen Informationen und Diensten den Zweck erfüllen, die Inhalte besser und schneller zu erschließen. So sind E-Book-Ausgaben denkbar, die Zusatzinformationen einblenden. Damit wird das Buch auch überhaupt erst wieder konkurrenzfähig im Vergleich mit einfach zugänglichen Informationen über sonstige Anbieter im WWW und im Vergleich mit dem Fernsehen. Das E-Book für mobile Geräte ist hierbei nicht nur eine Weiterentwicklung des gedruckten Buches, sondern auch von entsprechenden schon jetzt im WWW verfügbaren Texten.
    Im ersten Kapitel haben wir erfahren, dass sich der US-amerikanische Autor Jonathan Franzen gerade gegen die ständige Veränderbarkeit von Texten sträubt. Ihm fehlt dabei das Feste, das Beständige. Doch auch das kann es geben – etwa indem ein Text gegen Veränderungen gesperrt wird. Insgesamt hat das E-Book beim Inhalt also klar die Nase vorn. Denn für die Gesellschaft hat es den Nutzen, dass sie besser, schneller und umfangreicher auf das schriftlich überlieferte Wissen zugreifen kann.
    Den größten Unterschied zwischen analogem und digitalem Buch finden wir hinsichtlich Trägermedium und Herstellung . Die ersten Bücher entstanden im 1. Jahrtausend n. Chr. aus Pergamentblättern, die zusammengeheftet und mit einem Einband versehen wurden. Später ersetzte Papier das teurere Pergament und dank der Erfindung des Buchdrucks konnten die Texte einfacher und günstiger als zuvor vervielfältigt werden. Mit Einführung der Gutenberg-Maschine – des Endgeräts mit Internet-Anschluss – muss nun die seit rund 560 Jahren geläufige Form des Buches einer neuen weichen, die auf effektivere und günstigere Art vervielfältigt werden kann. Dem gedruckten Buch ergeht es so wie zuvor den Tontafeln samt Griffel, dem Papyrus und dem Pergament. So wie diese Trägermaterialen und die darauf abgestimmten Verfahren zur Beschriftung neueren Materialien und Verfahren weichen mussten, so muss nun das gedruckte Buch zugunsten der Gutenberg-Maschine und des digitalen Raumes weichen.
    Die Herstellung des elektronischen Buches ist etwas
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