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Dying to Live: Vom Überleben unter Zombies (German Edition)

Dying to Live: Vom Überleben unter Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live: Vom Überleben unter Zombies (German Edition)
Autoren: Kim Paffenroth
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dass er entweder die Logik der Fortpflanzung erkannt hatte oder dass ihn die logischen, vorhersehbaren, unvermeidlichen Folgen des Sex einfach eingeholt und er sich still damit abgefunden hatte. Bei ihm konnte ich es einfach nicht mit Sicherheit sagen, denn nach wie vor scherzte er nur über seine persönlichen Angelegenheiten und Gefühle. Wie dem auch sei, sie waren beide froh darüber, eine Zukunft zu haben und sich um andere Dinge Gedanken machen zu können, als Zombies in den Kopf zu schießen und sich mit Konservenessen genügend Kalorien zuzuführen, um am Leben zu bleiben.
    Und auch wenn wir unsere »toten Brüder und Schwestern«, wie Milton sie nun gerne nannte, mittlerweile seltener sahen, konnten wir dies von ihm selbst keineswegs behaupten. Wenn überhaupt, dann schienen seine ständigen Ausflüge, auf denen er Tote einsammelte und in ihr neues Zuhause führte, seine Krankheit weitgehend zu heilen, denn er hatte viel mehr Energie und weniger Schmerzen.
    Da wir sein Leiden nicht teilten, flüsterten sich einige von uns heimlich zu, er müsse einen zu schrecklichen Preis bezahlen, musste er doch zwischen den stinkenden, verrottenden Toten umherwandeln, um sich lebendiger zu fühlen. Es schien außerdem eine unheimliche, beschämende Verwandtschaft zwischen Milton und seinen toten Brüdern und Schwestern zu bestehen, auch wenn nicht zu leugnen war, dass diese für uns alle von ungeheurem Nutzen war. Auch wenn Milton also jede zweite Nacht irgendwo im Freien zwischen dem Museum und dem Gefängnis übernachtete, sahen wir ihn noch immer fast so häufig wie früher, und er war stets bester Laune.
    Ich erinnere mich an einen Tag im Frühherbst, an dem das Wetter ungefähr dasselbe war wie an jenem Tag, als ich ins Museum gekommen war – ein wundervoller, klarer, warmer, beinahe schmerzlich heller Tag. Im Herbst schwang an einem solchen Tag jedoch stets die Bedrohung von Kälte und Tod mit, nicht das Versprechen auf Wiederauferstehung, Leben und Wachstum, das ein Frühlingstag in sich trug. Aber an jenem Tag stimmten uns diese Gedanken nicht traurig, sondern vielmehr nachdenklich und besinnlich – obwohl Milton ohnehin ständig sinnierte, egal, bei welchem Wetter. Jack, Tanya, Sarah und ich standen auf dem Dach des Museums und schauten zu, wie Milton eine besonders große Meute von Toten vor sich hertrieb. Er wurde von zwei Hunden begleitet, die er auf seinen Ausflügen gefunden hatte. Sie hatten ihn vom ersten Moment an bedingungslos geliebt, und er war im Gegenzug sofort von ihrer schlichten Loyalität und Vernunft angetan gewesen. Nun dienten sie ihm als Hütehunde, sodass er größere Herden von über hundert Toten kontrollieren konnte.
    »Es ist so verdammt verrückt, zuzuschauen, wie er sie hütet«, sagte Jack.
    »Ich finde es irgendwie süß«, erwiderte Sarah. Im Gegensatz zu Tanya fiel ihr das Kichern leicht.
    »Trotzdem ist es merkwürdig«, bekräftigte Jack. »Er sieht wie ihr Schäfer aus. Es ist fast so, als ob sie ihn gern hätten oder so. Ich weiß nicht, ob das richtig ist.«
    »Er sieht aus wie ein verdammter Zombie-Jesus«, fügte Tanya hinzu. Wir drehten uns alle zu ihr um und starrten sie an. Sie hatte natürlich recht, aber es klang dennoch seltsam und war eigentlich tabu, selbst wenn man nicht religiös war. »Na ja, aber das tut er doch«, beharrte sie. »Ich meine, ich kann mich nicht daran erinnern, dass Jesus Hunde hatte, aber ihr müsst schon zugeben – er sieht so aus. Aber vielleicht soll es auch genau so sein. Jesus war halb Mensch und halb Gott, sodass er die Menschen retten konnte. Milton ist teilweise ein Mensch und teilweise wie sie – das soll keine Beleidigung sein, ihr versteht schon – und deshalb kann er sie retten. Und uns.«
    Tanya hatte, wie gewöhnlich, recht. Wir hatten unseren Messias. Wir hatten unsere kleine Gemeinde. Wir hatten unsere Liebe und unsere Kinder. Und so hart, wie das vergangene Jahr gewesen war, gab es nichts, worum wir legitimerweise hätten bitten oder wofür wir Gott die Schuld hätten geben können. Wir waren auf eine Weise geprüft worden, die entsetzlicher war, als irgendeiner von uns es sich jemals hätte vorstellen können – aber wir hatten auch überlebt, als keiner von uns es für möglich gehalten hätte. Jacks Millionen kleiner Zufälle und glücklicher Fügungen waren auf wundersame Weise zusammengekommen: Das Tor zur Hölle – zur leibhaftigen Hölle – hatte sich vor unseren Augen wieder geschlossen, und wir waren nicht in den
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