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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
Autoren: Kim Paffenroth
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ihnen zu sprechen. Ich ging zu ihnen hinüber und umarmte Rachel, so fest ich konnte. Ich vergrub mein Gesicht in ihren wunderschönen roten Locken, und wir weinten beide leise. »Pass gut auf dich auf, Kleine«, sagte sie. »Sei stark und hab immer ein Auge auf die anderen. Darin bist du gut.«
    Ich trat einen Schritt zurück, nickte und wischte mir über die Augen. Es gab nichts, was ich hätte sagen können, das dem enormen Ausmaß ihrer Entscheidung auch nur annähernd gerecht geworden wäre. Ich hatte aber nicht wirklich Angst um sie. Alles, was sie tat, schien sie aus Liebe und Hoffnung zu tun, wie hätte eine von uns da also Angst oder Bedauern verspüren können?
    Ich drehte mich um und reichte Truman das kleine Päckchen, das Will mir gegeben hatte, bevor er sich an die Verfolgung der Männer machte, von denen er glaubte, sie hätten uns angegriffen. »Will hat mir das anvertraut, damit ich darauf aufpasse«, sagte ich. »Ich weiß nicht, wem die gehören, aber vielleicht möchtest du sie ja mitnehmen?«
    Truman nahm das Päckchen und öffnete es, und er sah sehr glücklich darüber aus, es wiederzuhaben, auch wenn er ein Lächeln zurückhielt. Wie im Falle der Schreibmaschine und der Geige erfuhr ich erst später, was es mit dem Päckchen auf sich hatte.
    Truman legte das Päckchen zur Seite, und Blue Eye half ihm dabei, ein Bündel Papiere aus der Tasche zu holen, die er bei sich trug. Sie reichten es mir.
    »Hast du das geschrieben?«, fragte ich. Er nickte. »Willst du es nicht behalten?«
    Er schüttelte den Kopf. Vorsichtig legte er seinen Finger auf meine Brust und drückte ganz leicht.
    »Du willst, dass ich das bekomme?«
    Er nickte.
    Alles, was ich an jenem Tag tun konnte, war, ihm dafür zu danken. Erst später fand ich heraus, was er niedergeschrieben und was sie alles durchgemacht hatten.
    Dann gingen die vier an Bord des Bootes. Es war ein recht großes Segelboot – die Bürger der River Nation hatten uns trotz all ihres verbalen Kriegsgerassels dabei geholfen, es auszurüsten. Mr. Caine und mein Dad halfen mit den Tauen, und dann entfernte sich das Boot vom Dock, anfangs noch ganz langsam, aber dann wurde es von der Strömung in der Flussmitte erfasst, die es schneller mit sich fortnahm. Sie ließen uns zurück und trieben friedlich auf den mächtigen Wassern des Flusses davon – Rachel und Will, zusammen mit Truman und Blue Eye, die, wie ich später erfuhr, eigentlich Lucy hieß, auch wenn ich annehme, dass sie selbst ihren Namen niemals erfahren wird.
    Nach diesem Tag verbrachte ich den Rest des Sommers mit den Leuten, die die Wachhunde unserer Stadt trainieren. Manchmal musste ich sogar den großen gepolsterten Anzug tragen, während die Hunde lernten, richtig zuzubeißen, jemanden festzuhalten oder einen Angreifer zu Fall zu bringen. Aufgrund meiner Angst vor Hunden war diese Strafe einerseits noch traumatischer, andererseits aber auch weniger traumatisch, als ich sie mir vorgestellt hatte. Als ich zum ersten Mal davon erfuhr, konnte ich kaum atmen, solche Angst hatte ich. Und in den ersten paar Wochen, in denen ich mit den Tieren arbeitete, kam ich jeden Abend nach Hause und schluchzte unkontrollierbar, bis ich endlich einschlief. Fast wäre es mir gelungen, einen Keil zwischen Mom und Dad zu treiben, sodass Mom beinahe nachgegeben hätte. Sie war jedoch so bestürzt darüber gewesen, dass mein Schweigen mich in Gefahr gebracht hatte, dass sie meinem Weinen widerstand, bis es aufhörte. Diese Wochen haben mir ein lebendiges Andenken an meinen Schmerz und meine Angst hinterlassen, das mich stets daran erinnern wird, meine Mitmenschen niemals zu ignorieren oder Geheimnisse vor ihnen zu haben. Nachdem ich diese ersten Wochen überstanden hatte, war die Arbeit mit den Hunden nur noch ein weiterer Teil meines Lebens in unserer Gemeinde: ein notwendiger Job, der die meiste Zeit sogar viel angenehmer war als die meisten anderen. Ich mag Hunde noch immer nicht, aber ich habe damals gelernt, sie zu respektieren und zu schätzen.
    Seit jenem Sommer habe ich mir oft vorgestellt, welche Abenteuer die vier wohl erlebt haben. Ich stelle mir immer nur gute vor – die verlorenen Städte, die sie wiederentdecken, die anderen Menschen, die sie treffen oder sogar noch mehr kluge Zombies, mit denen sie sich anfreunden. Natürlich ist all das reines Wunschdenken, und vielleicht sind sie alle schon längst tot. Aber es ist eine Hoffnung, und wie Milton einst sagte: Von all unseren Werten und Gefühlen ist
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