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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
Autoren: Kim Paffenroth
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dem meine Erinnerung beginnt. Ich weiß, dass meine Mom bei meiner Geburt starb und dass mein Dad von sehr bösen Menschen umgebracht wurde, als ich noch ein Baby war. Man hat mir sehr oft von meinem Dad erzählt, wie freundlich und mutig er war.
    Ich habe nur ein einziges Bild von meinen Eltern. Sie sehen so jung darauf aus, vielleicht Anfang zwanzig, ungefähr so alt wie ich, während ich das hier schreibe. Auf dem Foto sehen sie lebendig und glücklich und frei aus, aber Gefühle wie diese sind in der Vergangenheit gefangen, selbst für diejenigen, die das »Glück« hatten, am Leben zu bleiben, nachdem die Toten sich erhoben hatten und die Welt, die sie kannten, starb. Meine Eltern und die anderen schauen sich Bilder wie dieses an und sehen eine Tür, durch die sie treten würden, wenn sie könnten – ich sehe ein Fenster in eine Welt, die ich nie gekannt habe, eine Welt, die für mich ebenso wenig Bedeutung hat wie ein Fossil oder ein Diorama in dem Museum, in dem wir lebten, als ich noch klein war und die Toten noch den Großteil der Gegend beherrschten.
    Für alle, die in meinem Alter oder jünger sind, etwa Tanyas Tochter Vera oder mein Bruder Roger – wie bei meinen Eltern versuche ich, die Vorsilbe »Stief-« zu vermeiden, da ich ihn mein ganzes Leben lang kenne und schwesterlich liebe, auch wenn wir uns als Kinder manchmal furchtbar gefetzt haben und er mich schrecklich genervt hat, eben genau wie ein »echter« Bruder –, ist diese die einzige Welt, die wir kennen. Ich finde, dass wir ein gutes Leben führen. Die Menschen, die ich liebe, leben in dieser Welt, in der »realen« Welt, und sich etwas anderes oder Besseres zu wünschen, erscheint mir ihnen gegenüber illoyal. Aber vielleicht noch schlimmer: Es erscheint mir undankbar. Undankbar zu sein ist egoistisch und kindisch, und wir alle haben uns große Mühe gegeben, zu lernen, genau das nicht zu sein. Tatsächlich sind das Erwachsenwerden und das Ablegen kindischen Verhaltens wichtige Bestandteile der Geschichte, die ich erzählen möchte. Es ist die Geschichte der Dinge, die sich in jenem Sommer ereigneten, als ich zwölf Jahre alt war.
    Nachdem Milton begonnen hatte, die lebenden Toten um sich zu scharen und von uns fortzuführen, damals, als ich noch ein Baby war, wurde unser Leben viel sicherer. Bis heute weiß niemand, woher er die Macht hatte, die Toten durch seine bloße Anwesenheit abzuschrecken, aber einige bezeichneten sie als das Wunder, das unser Überleben sicherte, und jeder, der die ihr gebührende Dankbarkeit empfand, nannte sie zumindest einen Segen oder ein Geschenk.
    Die ersten Menschen unserer Gemeinde hatten alle gemeinsam im alten Museum am Fluss gelebt, von sicheren Mauern umschlossen, aber unfähig, sich frei zu bewegen, stets in der Angst, die Toten könnten diese Mauern durchbrechen und uns alle in ewig hungrige, wache, hirnlose Gestalten verwandeln. Im Laufe der Jahre, in denen wir uns immer mehr Land von den Toten zurückholten, trafen wir auf weitere Überlebende. Sie alle hatten ihren eigenen sicheren, leicht zu verteidigenden Ort gefunden, wie wir das Museum. Einige hausten in einem Observatorium auf dem Gipfel eines Berges, andere hatten ein Kloster irgendwo in den Wäldern übernommen, und wieder andere lebten auf einer Insel inmitten eines großen Sees. Eine Handvoll Leute hatte in einigen verbarrikadierten Gebäuden in einer benachbarten Stadt ausgeharrt und war über selbst gebaute Brücken von Dach zu Dach gehüpft. Wie man mir erzählte, überlebte auch mein biologischer Vater auf diese Weise, nachdem ich geboren worden war.
    Eine weitere Gruppe fanden wir in einem riesigen Gebäude, das voll mit allen möglichen Dingen war: Die Älteren nannten es ein »Einkaufszentrum« und mussten darüber lachen, dass sie dort Überlebende gefunden hatten. Sie versuchten, uns zu erklären, warum das so lustig war: dass sich in vielen alten Horrorfilmen Menschen in Einkaufszentren versteckten, während draußen Zombies umherwandelten. Ich habe den Witz trotzdem nicht verstanden, aber die Leute sagen mir sowieso andauernd, dass ich keinen besonderen Sinn für Humor habe. Manchmal klingen sie dabei schrecklich betrübt und sagen, ich hätte als Baby immer so viel gelacht.
    Wir nahmen zwar all diese neuen Gruppen in unserer Gemeinde auf, aber ein paar formelle Regeln gab es dafür schon. Von meinem Dad weiß ich, dass Milton und er, als wir noch im Museum lebten, die Gemeinde mehr oder weniger anführten und dass wir damals
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