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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
Autoren: Kim Paffenroth
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den Mann geschossen hatte. Er hat ihn nur verwundet, und der Mann lag auf dem Boden und konnte sich nicht mehr verteidigen, aber sie haben ihm trotzdem nicht weiter wehgetan. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so beherrscht war. Na ja, bis auf die Sache mit dem Fressen. Aber ich wusste, dass es falsch war, sie weiter einzusperren. Ich weiß, dass du sehr viel für uns getan hast, Milton. Du hast uns gezeigt, dass es falsch ist, die Toten umzubringen, aber manchmal behandelst du sie wie Puppen oder Statuen – wie heilige, zerbrechliche Dinge, die man wegschließen muss und sich nur hin und wieder bei einer Beerdigung anschaut. Wie Ausstellungsstücke in einem Museum oder wie die Tiere, die man früher in Zoos eingesperrt hat. Ich glaube aber, sie sind einfach nur Menschen. Zumindest weiß ich, dass diese beiden es sind. Es tut mir leid, dass ich diese Männer verletzt habe, aber es tut mir nicht leid, dass ich Truman und Blue Eye freigelassen habe.«
    Milton nickte langsam. Ich schaute zu den beiden Zombies hinüber. Offensichtlich verstanden sie, was über sie gesagt worden war, auch wenn sie stumm waren. Anders als bei den Toten, bei denen ich mir manchmal einbildete, sie sähen traurig oder wütend aus, war klar zu erkennen, dass es diesen beiden unangenehm war, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Das wäre wohl auch jedem »echten« Menschen so gegangen, und sie schienen wirklich Reue für die Rolle zu empfinden, die sie bei diesem unnötigen Blutvergießen und den Problemen gespielt hatten, die sich für uns daraus ergaben. Mir wurde klar, dass Wills rücksichtsloser Angriff auf die River Nation aus Ungeduld, Wut und Gedankenlosigkeit resultierte, aber seine Beziehung zu diesen beiden Menschen war er sehr bedacht, umsichtig und sorgsam eingegangen.
    Milton schien diese Einschätzung zu teilen. »Will, dein Verhalten im Zusammenhang mit diesen beiden ist nicht strafbar, denke ich. Aber genau wie deine Handlungen am heutigen Morgen zeigt es, wie schrecklich wenig du gewillt bist, dich mit anderen abzusprechen oder dich ihnen zu erklären. So viel Schmerz hätte vermieden werden können, wenn du nur mit jemandem gesprochen hättest. Und das ist umso trauriger, als du soeben bewiesen hast, dass du dich deinen Mitmenschen sehr eloquent erklären kannst.«
    Als Milton sich zu mir umdrehte, fühlte ich mich mit einem Mal ganz klein und mir wurde kalt, obwohl mir das Blut in die Wangen schoss und ich vor Scham förmlich glühte. »Und du, Zoey – wie konntest du diese Information den anderen vorenthalten? Du warst ebenso eigensinnig und verschlossen wie Will. Wenn du es deinem Vater erzählt hättest, dann hätten wir Will vielleicht noch aufhalten können, bevor er andere angreift. Wir können nicht zulassen, dass unsere Freundschaften unsere Gemeinde gefährden, sonst sind es keine wahren Freundschaften. Ich vertraue darauf, dass dein Vater eine angemessene Strafe für dich findet, die dich lehren wird, nicht so gefährlich verschwiegen und leichtfertig gegenüber deinen Mitmenschen zu sein.«
    Instinktiv war ich während der Anschuldigungen näher an Dad herangerückt, der mir behutsam die Schultern drückte. »Ja, Milton, ich habe auf dem Weg hierher auch schon daran gedacht, dass hier jemand eine Lektion darüber nötig hätte, wie man anderen vertraut bzw. sich ihnen anvertraut.« Ich wusste, dass mein Dad fair sein würde, aber als ich von der noch unbekannten Strafe hörte, zitterte ich dennoch.
    Milton machte eine Pause und wandte sich dann wieder an Will: »Ich denke, unter normalen Umständen würden die Mitglieder deiner Gemeinde über eine Strafe für dich entscheiden, aber hier sehen wir uns der Schwierigkeit gegenüber, dass die Opfer deiner Verbrechen zu einer anderen Gemeinschaft gehören, die andere Gesetze hat. Colonel, welche Art von Strafe haben Sie in Ihrer Gemeinde für ein Verbrechen wie dieses?«
    »Die meisten Verbrechen werden mit dem Tod bestraft. Bei weniger schwerwiegenden Verbrechen schneiden wir auch manchmal eine Hand oder die Zunge ab. Ganz kleine Verstöße, zum Beispiel von Kindern, werden mit öffentlichen Züchtigungen bestraft.« Ich hatte natürlich gelesen, dass es in der Vergangenheit solche Gesetze gegeben hatte, und auch diejenigen, die in der Bibel erwähnt wurden, unterschieden sich nicht allzu sehr davon. Aber dass er in unserer Zeit so sachlich-nüchtern von solch barbarischen Bestrafungen sprechen konnte, ohne einen Hauch von Verlegenheit, schockierte mich
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