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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht
Autoren: Dave Duncan
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stand. Würde Guy allerdings jemals als Ketzer denunziert, so würde seine Tätigkeit in Diensten der Regierung vielleicht einen Spionageverdacht nach sich ziehen.
    Mutter missbilligte Guy als zukünftigen Schwiegersohn, weil er mittellos war. Maddys Mitgift würde etwas Wohlstand für sie bedeuten, denn Vater wäre großzügig, aber dann würde sie ihn unterstützen; und Guy war gleichfalls nicht wohl bei dieser Aussicht. Deswegen war er nie hergekommen und hatte um ihre Hand angehalten. Maddy glaubte, er täte es, ließe sie ein oder zwei entsprechende Andeutungen fallen. Sie hatte es nicht getan, denn sollte die weise Edith hinsichtlich ihres Talents recht haben, wäre der arme Guy vielleicht außerstande, sie zurückzuweisen, und das wäre nicht fair.
    Vater, der auf der anderen Seite von Mutter saß, hatte andere Sorgen und schenkte dem Gespräch wenig Beachtung. Natürlich hätte er das letzte Wort, aber er würde nicht über den Kopf seiner Tochter hinweg entscheiden, außer wenn sie einem schielenden, verkrüppelten und aussätzigen Bettler verfiele.
    Dann kam Watt, der oberste Diener, und flüsterte ihm etwas ins Ohr, und Vater verließ den Tisch und den Saal, was während des Mittagsmahls einfach niemals geschah. Das Summen des Gesprächs nahm einen Tonfall der Verwirrung an.
    Daraufhin kehrte Watt zurück, und Mutter ging gleichfalls. Nun machten alle große Augen. Und schließlich wurde nahe dem Hintereingang Platz geschaffen für ein halbes Dutzend Soldaten in unbekannter Uniform. Zu viele Leute sahen mit offenem Mund zu statt zu essen. Henry ging zum Stuhl des Junkers, nahm die Tischglocke und läutete die Fünf-Minuten-Warnung ein, sodass sich alle gleich wieder daranmachten, das Essen wie verhungernde Welpen in sich hineinzuschlingen. Maddy setzte sich neben ihn.
    »Wessen Farben?«, fragte sie, während sie sich zugleich eine Auster in den Mund steckte.
    Henry wischte sich den Mund am Ärmel ab und brummte: »Norcaster.«
    Ach, der liebenswürdige Graf! Lord Uptree war nicht der beste Nachbar. Wie oft Vater auch die Zäune nachsehen ließ, das Vieh der Uptrees brach in die Felder der Woodbridges ein. Vaters Herden schrumpften, wenn sie nahe der Grenze weideten, und den Urteilen seiner Lordschaft bei Gericht mangelte es an Wahrheit. Doch leider wagte niemand es, sich mit einem persönlichen Freund von König Ethan anzulegen. Uptrees Moral war nicht besser als seine Ethik. Die Chancen standen gut, dass zwei der Jungen, die heute Morgen mit Brat gespielt hatten, edles Blut in sich trugen, da sie beide Söhne unverheirateter Dienstmädchen waren, die, weil allzu freizügig, aus Schloss Norcaster verstoßen worden waren. Dermaßen erniedrigte Obdachlose tauchten regelmäßig im Haus auf. Vater schickte sie nie weg, und fast alle erledigten ihren Dienst tadellos. Wenn es Graf Uptree mit der Unmoralität in seinem Haushalt wirklich ernst war, dann sollte er sich selbst als schlimmsten Verbrecher hinauswerfen.
    Wer war also zu Besuch gekommen? Nicht der Graf in Person, denn dann hätte seine Eskorte hundert Mann umfasst, nicht sechs. Und warum war Mutter mit dabei? Maddy schoss dem ewig scharfsinnigen Henry einen fragenden Blick zu.
    »Keine Ahnung«, sagte er. »Es sei denn, er möchte dich an einen seiner Söhne verheiraten.«
    »Wenn du mich allzu sehr zum Lachen bringst, pruste ich noch Austern aus!«
    »Das war der Sinn der Angelegenheit. Oder es könnten Nachrichten von Rollo sein.«
    Ja, es könnten Nachrichten von Rollo sein. Was vielleicht noch weniger willkommen wäre als eine Heirat in die Menagerie der Uptrees.
    Die Mahlzeit war vorüber. Die Kinder zappelten herum. Henry läutete die letzte Glocke und erhob sich. Bänke scharrten auf Fliesen, als alle aufstanden.
    »Unsere Gäste sind spät eingetroffen und dürfen gern bleiben und ihr Mahl beenden«, sagte er und erhob seine Stimme so weit, dass sie das Ende des Saals erreichte. »Sprechen wir unseren Dank …« Das Dankgebet, das er rezitierte, stammte von seinem Vater und drückte sich so zwiespältig aus, dass es an den Vater oder die Mutter gerichtet sein konnte und nur Eiferern Grund zur Empörung böte. Allerdings könnte Eiferern alles Grund zur Empörung bieten.
    Nachdem er zu Ende gesprochen hatte und die Leute zu ihrer nachmittäglichen Arbeit hinausgingen, schob sich Watt, der Diener, zwischen Henry und Maddy. »Der Junker bittet Euch beide, sogleich zu ihm in die Bibliothek zu kommen.«
    Henry dankte ihm. Grinsend bot er Maddy den
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