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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht
Autoren: Dave Duncan
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Backenbart gestutzt; ein wild wuchernder Woodbridge-Bart wäre ein Furcht einflößender Anblick gewesen. Seine grauen Augen hielt er jetzt direkt auf sie gerichtet.
    »Welches Recht haben wir, so glücklich zu sein?«, fragte er. »Wo sich unser Bruder in einer so unglaublich misslichen Lage befindet? Sind wir da nicht Ungeheuer, dass wir lachen und das Leben genießen?«
    Er hatte den Nagel genau auf den Kopf getroffen. »Allerdings!«
    Da lächelte er und schüttelte den Kopf. »Nur dass das Leben weitergehen muss, Maddy. Würde ein Familienmitglied sterben, so würden wir natürlich trauern, aber wir würden nicht das ganze Leben in Gram und Kummer verbringen. Deswegen hat uns die Mutter nicht das Leben geschenkt. Unser kleines Glück kannRollos Leid nicht schwerer machen. Er wäre glücklich, wenn er wüsste, dass wir nach wie vor glücklich sind. In gewisser Hinsicht ist es die Sorge um unser Glück und das Glück von Millionen wie uns, die ihn dorthin gebracht hat, wo er ist. Er wusste, dass er vielleicht für uns leiden muss.«
    Henry hatte die Rolle des Predigers im Haus eingenommen, wenn Vater fort war. Sie nickte, jedoch nicht überzeugt. Zu lachen wollte ihr nach wie vor nicht richtig vorkommen.
    Als sie sich dem Vordereingang näherten, sahen sie Bram mit einigen anderen Jungen seines Alters auf den Stufen mit einem Welpen spielen.
    Einem schwarzen Welpen.
    Erneut kreuzten Bruder und Schwester die Blicke.
    Henry runzelte die Stirn. »Dafür ist er sehr jung, wenn ich es mir recht überlege.«
    »Sehr.«
    Und für Henry wäre es eine Herausforderung, denn jetzt wäre er das fünfte Rad am Wagen. Rollo hatte gewaltiges Talent, Henry überhaupt keines. Maddy selbst hatte ein wenig – nicht ausreichend für ein Studium in Gaudry, jedoch genügend, um Stunden bei der weisen Edith zu nehmen. Jetzt Brat? Er war erst elf Jahre alt. Sie schaute auf und entdeckte einen Raben, der am Rand des Giebels kauerte.
    »Du bringst Dainty in den Stall, während ich mir das hier ansehe«, sagte sie. Beide blieben neben dem wilden Spiel stehen, sie glitt aus dem Sattel, und Henry übernahm ihre Zügel.
    Der Hund war kaum entwöhnt, und seine Ohren versuchten immer noch, aufrecht zu stehen, kippten aber dann wieder um. Im Augenblick boten sich ihm Gesichter zum Ablecken dar, was er fröhlich tat, begleitet von lauten Quietschern der Freude. Sieben Jungen waren dort, alle mit schmutziger, zerrissener Kleidung, jedoch ungewöhnlich sauberen Gesichtern. Außer Brat waren es Kinder der Diener. Und alle waren viel zu jung, um zu verstehen, wie wichtig Geheimnisse sein konnten.
    »Wo hast du den kleinen Kerl gefunden?«, fragte Maddy. Das Haus hatte viele Hunde, aber keine der Hündinnen hatte vorKurzem geworfen, und keine ähnelte auch nur im Geringsten diesem Welpen. Sie kniete hin und bot ihm die Hand. Sogleich wand er sich los und kam zu ihr. Sie rieb ihm die Ohren, und er leckte ihr das Handgelenk.
    »Er hat mich gefunden!«, beteuerte Brat. »Er folgt mir auf Schritt und Tritt. Kann ich ihn behalten, Mad? Oh, Maddy, kann ich? Ganz für mich?«
    An ihm war kein einziges braunes oder weißes Härchen. Sein Bauch war immer noch haarlos, und ihm fehlten die Zähne eines ausgewachsenen Hundes. Er beobachtete Maddy, um zu sehen, was sie sagen würde.
    »Bis sein richtiger Besitzer auftaucht, kannst du ihn natürlich behalten. Wie wirst du ihn nennen?«
    »Ruß«, verkündete Brat zuversichtlich. »Sein Name ist Ruß. Weil er schwarz ist und weil er an mir kleben bleibt.« Seine Spielgefährten lachten, also musste der Scherz wohl brandneu sein. Oder er war einer Erleuchtung zu verdanken. »Er mag dich auch, Mad«, fügte er argwöhnisch hinzu.
    Die Mutter war launisch; sie schenkte ihre magischen Talente nur wenigen ihrer Kinder, aber die erste Gabe war immer ein tierischer Führer. Nur wenn diese Gabe angenommen wurde, folgten die anderen. Es war die Tragödie der Kirche des Lichts, dass ihre Lehrer Talent als böse und Vertraute als Agenten der Dunkelheit gebrandmarkt hatten, denen es zu widerstehen galt. Was war falsch an der Dunkelheit? In der Dunkelheit der Erde ließ die Mutter die Samen wachsen. In der Dunkelheit eines Leibes wurde ein Kind empfangen. In der Dunkelheit des Grabes kehrten ihre Kinder zu ihr zurück. Aber die »Söhne der Sonne« wiesen die Gaben der Mutter von sich. Nur in sehr seltenen Fällen empfingen die Jünger des Lichts Talent. Und sie verbrannten ihre Toten.
    Bram hatte sich mit seinem Vertrauten
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