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Dunkles Licht

Dunkles Licht

Titel: Dunkles Licht
Autoren: Dave Duncan
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Gebäude selbst war nicht schön. Es war ein Sammelsurium, ein Mischmasch aus Balken und Stroh, an dem viele Generationen etwas hinzugefügt und »verbessert« hatten. Die nicht zueinander passenden Rautenglasfenster blickten blinzelnd aus unterschiedlichen Höhen und Abständen ins Sonnenlicht. Der Vordereingang war ziemlich neu und lag so hoch, dass eine Treppe erforderlich war. Er prunkte miteiner schweren, beschlagenen Türfüllung, die jeden Angriff, außer Gewehrfeuer, zurückweisen konnte. Welchen Nutzen hätte das jedoch, wenn Dutzende von Fenstern mit einer Hacke eingeschlagen werden konnten?
    Ein wildes Gebell von etwa einem Dutzend bunt gemischter Hunde begrüßte die Besucher. Die Pferde wurden nervös und zuckten mit den Ohren. Zwei junge Husaren sprangen herunter und scheuchten das Rudel mit Fußtritten auf einen sichereren Abstand zurück, wo es jedoch weiterhin lärmte. Fage stieg mit etwas größerer Würde ab, raffte seine Soutane und betrat die Stufen. Die Tür schwang auf, und ein Diener in Livree blickte aufrichtig überrascht den Besuchern entgegen.
    Der Pfarrer von Stonebridge kam hin und wieder zu Besuch, aber kein anderer Priester. Die Woodbridges waren immer schon verdächtig gewesen, Ketzer zu sein, Anhänger der Dunkelheit. Zweifelsohne hatte Edgar sich oberflächlich angepasst, wie schon sein Vater und Großvater vor ihm, weil sie das Gesetz dazu zwang. Am Tage unterstützte er die örtliche Kirche und gab reichlich Almosen, damit der Priester stillhielt, aber des Nachts würde er in den schändlichen Praktiken des Heidentums schwelgen, welche der Lehrer vor fast zweihundert Jahren aus Albi vertrieben hatte.
    Wessen Hosen würden diesmal herabgezogen?
    »Hol den Junker!«, wies Fage den Lakaien an.
    Der Junge wollte nach dem Namen fragen und fuhr angesichts von Fages Gesichtsausdruck zurück. »Sofort, Pater. Wenn Ihr bitte eintreten wollt?«
    Fage trat einige Schritte vor und sah den Rücken des Jungen um eine entfernte Ecke verschwinden. In der Eingangshalle war es erfrischend kühl und dämmrig; gefliester Boden, Wandpaneele sowie einige formschöne Möbelstücke. Kein Vergleich zu Schloss Norcaster, aber Fage musste zugeben, dass es hier recht angenehm war. Ein Porträt in Öl vom Vater des gegenwärtigen Junkers hing über dem Kamin, jünger, als Fage ihn im Gedächtnis hatte. Er hörte das Gemurmel vieler Stimmen und roch köstliche Düfte. Ein Haus dieser Größe dürfte mindestens hundert Bedienstetehaben, nicht eingerechnet die Arbeiter, die draußen auf den Feldern aßen.
    Edgar Woodbridge schritt aus den dunklen Bereichen heran, die den Diener verschluckt hatten. Er war nach wie vor größer als Fage und im Lauf der Zeit fülliger geworden, obwohl seine Bewegungen auf mehr Muskeln als Fett hindeuteten. Er trug den Bart kurz geschnitten, aber Stoppeln beschatteten seine Wangen. Weste und Kniehose waren maßgeschneidert, jedoch nicht protzig oder modisch. Die Feder, die keck seinen Hut zierte, stammte wahrscheinlich von einem seiner eigenen Pfauen, und seine halbhohen Stiefel hatten sicher mehr gekostet, als ein Pfarrer im ganzen Jahr verdiente. Er stand da wie ein Bär, den Kopf vorgestreckt und tief auf den Schultern sitzend. Selbst ohne Fell und gepolsterte Winterkleidung zeigte sich kein Hals.
    Ihm folgten drei Lakaien. Sie blieben an der Ecke stehen und warteten auf Befehle. Bei dem eiligen Abgang des Junkers war der Lärm aus dem Speisesaal fast völlig verstummt. Woodbridge leckte sich nach wie vor die Finger, während er herankam, um den Besucher zu grüßen.
    »Pater …?« Mit dem Wiedererkennen kam zugleich der Name, eine beeindruckende Leistung des Gedächtnisses. »Pater Silas Fage! Beim Licht, Pater, das ist lange, lange her!«
    Zweiundvierzig Jahre. Wie konnte es dieser Ketzer wagen, beim Licht zu fluchen?
    Woodbridge verneigt sich tief, wobei sein Hut über den Boden streifte. »Ihr seid allerdings willkommen in diesem Haus, Pater.« Beide wussten, dass er log. »Natürlich werdet Ihr mit uns speisen.«
    »Ich glaube nicht«, sagte Fage und hielt einen Moment inne, damit dem Junker die Bedeutung dieser Weigerung auch klar wurde. Er fragte nicht, ob Kaninchen auf dem Speiseplan stand. Erinnerte sich sein Gastgeber überhaupt an dieses Zusammentreffen? Wie hätte er es vergessen können? »Aber meine Männer und die Pferde …«
    »Selbstverständlich. Wie viele?«
    »Sechs.«
    Woodbridge gab keine Bemerkung zur Größe von Fages Eskorte ab. Er winkte, und einer
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