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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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war, warf sie dann weg und schoß mit meinem 357er Magnum weiter, während Querschläger durch die Luft pfiffen oder mit einem hellen Scheppern, so als breche eine Feder, irgendwo draußen einschlugen.
    Dann hörte ich, wie sich die Angreifer durchs Gebüsch verzogen, über nasse Sandbänke, von den rostigen Autowracks weg, durch das geschwärzte Fettholz und das Gewirr aus Maschendrahtzäunen. Ich hörte den Mann hinter mir, ehe ich ihn sah, hörte, wie er die Stiefel ins Erdreich grub und verzweifelt Halt suchte, als er die trockene Uferböschung herunterrutschte. Ich drehte mich um, als er am Boden des trockenen Flußbetts landete, sah den Lauf des Gewehrs im Sternenlicht glänzen, legte meinen Revolver an und feuerte die letzte Kugel in der Trommel ab, hörte, wie der Hahn zurückfederte und auf die leere Hülse schlug, und bemerkte erst dann das feine, silbrige Funkeln von L. Q.s mexikanischen Sporen.
    Ich schob die Bratpfanne und die Kaffeetasse beiseite und wischte mir den Mund mit einer Papierserviette ab.
    »Warum hast du das verdammte Gewehr genommen?« fragte ich.
    Er schmiegte die Wange an seine Hand und schob den Hut zurück. »Ich hob meine Knarre fallen lassen. Womit hätt ich denn sonst auf sie schießen sollen, mit Spucke?«
    »Die haben sich wieder in die Berge verdrückt. Wir haben dich für nichts und wieder nichts verloren.«
    »Das würde ich nicht sagen. Ich hab mein Taschenmesser im Leib von dem Kerl abgebrochen, dem ich das Gewehr abgenommen habe. Den Typ wollten wir uns schon zweimal vornehmen. Meiner Meinung nach pißt er demnächst bloß noch mit einer Niere.«
    »Du bist ein tüchtiger Ordnungshüter gewesen, L. Q.«
    Er grinste und steckte sich einen Grashalm in den Mund.
    Ich hörte ein Auto vorfahren, dann klingelte es an der Tür.
    »Kommen Sie nach hinten!« rief ich durch die Küche.
    Deputy Sheriff Mary Beth Sweeney kam um das Haus herum. Die Sonne hing wie ein weicher gelber Ballon hinter ihr am Himmel. L. Q. stand jetzt unter dem Maulbeerbaum und musterte sie neugierig. Sie ging einfach durch ihn hindurch. Er zerplatzte in tausend goldene Splitter.
    Ich hielt ihr die Fliegengittertür auf.
    »Wie wär’s mit einer Tasse Kaffee?« fragte ich.
    Sie kam auf die Veranda und nahm den Diensthut ab. Sie schob sich eine Haarlocke aus der Stirn.
    »Es dauert nicht lang«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Sie haben mich beim Sheriff angeschwärzt.«
    »Wegen der fehlenden Beweismittel?« fragte ich.
    »Sie haben etwas weitergegeben, das ich Ihnen vertraulich mitgeteilt habe, Mister Holland.«
    »Hab ich nicht«, sagte ich.
    »Aha? Meiner Meinung nach gluckt hier noch Hinz und Kunz zusammen.«
    »Wer sind Sie?« fragte ich.
    Sie setzte ihren Hut auf und ließ die Fliegengittertür hinter sich zuknallen.
    Ich folgte ihr zum Streifenwagen.
    »Sie irren sich da«, sagte ich.
    Ich schaute dem Streifenwagen nach, als er den Kies auf der Landstraße aufwirbelte und hinter einer Hügelkuppe zwischen zwei Feldern voller roter Angusrinder verschwand.
    Meine Anwaltskanzlei befand sich über der alten Bank am Rande des Rathausplatzes. Von meinem Fenster konnte ich die Rostschlieren sehen, die von den eisernen Zaumringen an den alten, auf Pfählen ruhenden hölzernen Gehwegen stammten, die Eisenwaren- und Futtermittelläden, die längst bankrott gegangen waren, die schnörkelige Neonschrift des Rialto-Kinos, in dem nach wie vor die neusten Filme liefen, die gelbe Mündung eines aus dem spanisch-amerikanischen Krieg stammenden Geschützes, das unter den immergrünen Eichen vor dem Gerichtsgebäude stand, die Uhr mit den römischen Ziffern, die über dem zweiten Stockwerk thronte, wo Lucas Smothers Zelle an Zelle mit zwei Psychopathen ausharren mußte.
    Ich nahm mir eine Tasse Kaffee, setzte mich an meinen Schreibtisch und starrte auf den Glaskasten an der Wand, in dem ich Urgroßpapa Sams 36er Navy-Colts und seine Winchester ’73 mit dem achteckigen Lauf und dem Unterhebelverschluß auf blauem Filztuch angebracht hatte. Ich griff zum Telefon und tippte die Durchwahl des Sheriffs ein.
    »Mein Mandant ist nicht verlegt worden«, sagte ich.
    »Reden Sie mit Harley.«
    »Harley ist ein sadistischer Schwachkopf.«
    »Allmählich gehn Sie mir auf den Wecker, Billy Bob.«
    »Bestellen Sie Ihrem zuständigen Ermittler am Tatort, daß ich ihm Feuer unterm Arsch machen werde.«
    »Wegen der weggekommenen Bierdosen oder was?«
    »Ganz recht.«
    »Was sollen die denn beweisen? Daß sich da draußen auf dem
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