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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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Picknickplatz allerhand Leute besaufen und miteinander vögeln? ... Gehn Sie zum Hirndoktor, solange noch Zeit dazu ist, mein Sohn. Ich mach mir Sorgen um Sie.«
    Ich fuhr hinaus zu der mit einem Blechdach gedeckten Holzhütte, in der Roseanne Hazlitt gewohnt hatte. Die Tante, eine gebrechlich wirkende, verhutzelte Frau, hakte die Fliegengittertür zu, als ich zu der kleinen Veranda hochstieg. Im Fernseher hinter ihr lief eine Talk-Show, bei der die Leute ständig durcheinander schrien und johlten. Vor der Couch stand ein niedriges Bügelbrett. Ich nahm ihren Körpergeruch durch das Fliegengitter wahr, eine Mischung aus Kampfer, getrockneten Blumen und altem Schweiß, der sich in ihrer Kleidung festgesetzt hatte.
    »Wollen Sie etwa, daß ich den Jungen davonkommen laß?« sagte sie.
    »Nein. Ich habe mich bloß gefragt, ob Roseanne vielleicht noch andere Freunde hatte, mit denen sie sich im Shorty’s getroffen haben könnte.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel jemanden, dem sie aus einem bestimmten Grund eine Ohrfeige verpaßt hat.«
    »Die hat noch keinem was getan. Aber die ham ihr alles mögliche angetan.«
    »Darf ich reinkommen?«
    »Nein.«
    »Wer sind die, Miss Hazlitt?«
    »Jeder von denen, die um sie rumgeschnüffelt ham wie ein Rudel Hunde, die einmal Witterung aufgenommen ham. Und jetzt verlassen Sie bitte meine Veranda, und bestellen Sie dem jungen Smothers, daß er euch vielleicht täuschen kann, aber mir macht er nix vor.«
    »Kennen Sie Lucas?«
    Ich fuhr nach Deaf Smith zurück, parkte den Avalon vor meiner Kanzlei und ging hinüber zum Gerichtsgebäude. Ich riß die Tür zu Harleys Büro auf, ohne vorher anzuklopfen.
    »Ich möchte Lucas sprechen, und zwar unter vier Augen, in einem Vernehmungsraum, und ich möchte dabei von niemandem gestört werden«, sagte ich.
    »Das ist doch selbstverständlich, Billy Bob.« Er lehnte sich auf seinem Drehstuhl zurück und grinste mich kurz an.
    Ich fuhr hinauf ins Gefängnis, wo ein Wärter Lucas’ Zelle aufsperrte. Jimmy Cole, der Mann mit dem mißgebildeten Kopf und dem Schmerbauch, der in der rechten Zelle saß, ging auf und ab, schlug die Fäuste aneinander und verschwendete keinerlei Blick auf uns. Der Mann zur Linken, Garland T. Moon, saß nackt auf seiner Pritsche. Er hatte offenbar Gymnastik gemacht, wischte sich mit einem Handtuch den Schweiß vom Bauch und grinste mich an. Sein eingesunkenes linkes Auge glänzte feucht, als er mir einen spöttischen Blick zuwarf.
    Der Wärter führte Lucas und mich einen kurzen Gang entlang zu einem kleinen, fensterlosen Raum mit einem Holztisch, zwei Holzstühlen und einem in den Betonboden eingelassenen, mit Urinflecken übersäten Abtritt.
    Lucas setzte sich und schlang die Hand um den Unterarm. Er schaute mich an und leckte sich die Lippen.
    »Worum geht’s, Mister Holland?«
    »Du hast mir weisgemacht, daß du Roseanne Hazlitt erst im Shorty’s kennengelernt hast.«
    »Ich hab sie nicht näher gekannt, das is alles.«
    »Du lügst.«
    »Ich hab sie ein paarmal heimgefahren, nachdem das Shorty’s dichtgemacht hat. Wir sind aber nicht fest miteinander gegangen oder so.«
    »Nein, du bist ihr lediglich an die Wäsche gegangen.«
    Er schluckte, hatte weiße Flecken auf den Wangen, die wie schmelzende Eissplitter aussahen.
    »Willst du lebenslänglich in Huntsville landen? Wenn du mich weiter anlügst, wirst du von Marvin Pomroy durch den Wolf gedreht. Was verheimlichst du, Lucas?«
    Er starrte auf seine Hände, aber er sah dabei aus, als ob er am Rande einer Schlucht stünde und in den bodenlosen Abgrund hinabschaute.
    »Sie hat gesagt, daß sie womöglich schwanger ist.«
    »Wollte sie, daß du sie heiratest?« fragte ich.
    »Nein, Sir. Sie hat gesagt, daß sie jemand dafür drankriegen will. Sie hat gesagt: ›Ich stell ihn bloß. Die Leute hier in der Gegend werden sich noch wundern. Ich komm damit bestimmt ins Fernsehn und mach die ganze Stadt unmöglich«
    »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
    »Weil das Kind vielleicht von mir ist. Weil ihr vielleicht denkt, daß ich sie umgebracht hab, weil ich sie nicht gewollt habe.« Er schniefte, zupfte mit dem Daumennagel an einer Schwiele und blickte dann trotzig auf.
    »Ich habe den Autopsiebericht gelesen, Lucas. Sie war nicht schwanger.«
    »Warum hat sie dann –«
    »Vermutlich hat sie nur ihre Tage zu spät bekommen.«
    Er ließ die Hände in den Schoß fallen und schaute mich fassungslos an, so als verstehe er gar nichts mehr.
    »Ich muß hier raus, weg
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