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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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durch die Gitterstäbe. Dann sah er den abgesplitterten schwarzen Schlagstock unter der Pritsche und die untere Gesichtshälfte des Mannes, der darauf lag. »Ach, du lieber Gott«, sagte er, schloß die Tür auf, stürmte hinein und zog mit spitzen Fingern das Kissen weg, das sich der Mann vors Gesicht hielt, so als könne er den Film nicht mehr ertragen, den er sich anschaute.
    Der Kupferdraht war von einem Besenstiel abgewickelt und zu einer Würgeschlinge zusammengedreht worden, die sich tief in Harleys Hals gegraben hatte. Der Gerichtsmediziner sollte später feststellen, daß Harley Sweet am Boden gekniet hatte und langsam erdrosselt worden war, als ihn die Hiebe mit dem Schlagstock trafen.
    Garland T. Moon schlang sein Frühstück hinunter und überredete dann den Essensausteiler dazu, ihm einen weiteren Schlag Grütze mit der fettigen Soße vom Boden des Schinkenbehälters zu geben. Dann sprang er hoch, faßte mit den Fingerspitzen um die Querstrebe am oberen Rand der Gittertür und machte in Unterhosen Klimmzüge, daß sich sämtliche Adern und Sehnen unter seiner Haut abzeichneten.
    »Hey, Boß, wohnt Mister Sweets Mutter nicht an der Fannin Street Nummer eins-ein-seins ... Ich an Ihrer Stelle würd Sie bewachen lassen. Wer weiß, was alles passiert, wenn Jimmy Cole da draußen umgeht«, sagte er. Er ließ sich wie ein nasser Sack herabfallen und kicherte lauthals vor sich hin.
    Der Saal war praktisch menschenleer, als Lucas erneut vor den Richter trat, der die Kaution auf fünfundsiebzigtausend Dollar herabsetzte. Eigentlich hätte sein Vater mit einem Kautionsanwalt zu dem Termin erscheinen sollen. War er aber nicht. Ich bürgte mit meinem Grund und Boden und wartete dann auf der Treppe vor dem Gerichtsgebäude auf Lucas, der erst noch die Entlassungsformalitäten hinter sich bringen mußte.
    Vernon Smothers hielt mit seinem Pickup am Straßenrand und kam quer über den Rasen auf mich zu. Er trug eine dunkelblaue Latzhose mit feuchten Flecken an den Knien.
    »Wo bist du denn gewesen, Vernon?« fragte ich.
    »Ich hab Paprika gepflanzt. Hab nicht auf die Uhr geschaut. Und dieser nichtsnutzige Kautionsanwalt hat auch nicht zurückgerufen. Wie isses denn gelaufen?«
    »Ich habe die Kaution gestellt.«
    »Das wollte ich nicht.«
    »Ist nichts weiter dabei.«
    Er schaute auf den im gleißenden Sonnenlicht liegenden Gehsteig, auf die Autos, die um den Platz kurvten, die alten Männer, die auf den Bänken neben dem Geschütz aus dem spanischamerikanischen Krieg saßen. Seine dunkel gebräunten Wangen zuckten, als ob jemand mit einer Feder darüber striche.
    »Diejenigen, die das Geld haben, lassen es die andern immer spüren. So isses hier in der Gegend seit jeher gewesen. Aber ich find mich damit nicht so einfach ab«, sagte er.
    »Vernon, schade deinem Jungen nicht noch mehr.«
    »Anscheinend isses nur meiner, wenn du denkst, du mußt mir einen Vortrag halten, Billy Bob.«
    Ich ließ ihn stehen, ging wieder in das Gerichtsgebäude, in einen Gang voller Holzschnitzereien und -säulen, die braungolden, wie in einem uralten Glanz, erstrahlten. Marvin Pomroy kam aus seinem Büro und wäre fast mit mir zusammengestoßen. Sein Gesicht war kreidebleich, so als habe ihm jemand eine Ohrfeige verpaßt.
    »Was ist los?« fragte ich.
    »Wir haben Mist gebaut. Moon und Jimmy Cole haben in Sugarland zusammen gesessen«, antwortete er.
    »Sie hören sich nicht um, Marvin.«
    »Diese Zeugin übrigens ... die Kundin, die gesehen hat, wie Moon in den Laden gegangen ist, in dem er die alte Frau umgebracht hat... Jemand hat heute früh das Fliegengitter an ihrer Hintertür aufgeschlitzt und sie mit einem Schraubenzieher erstochen ... Etwa eine halbe Meile weiter weg hat man Harleys Pickup gefunden.«
    Ich sah, wie Lucas Smothers die Wendeltreppe herunterkam, eine Tüte mit seinen Habseligkeiten in der Hand.
    »Wir haben keinerlei Beweise dafür, daß Moon in dem Laden gewesen ist«, sagte Marvin.
    Ich schaute ihn an, und seine Miene gefiel mir ganz und gar nicht.
    »Der irrwitzige Dreckskerl kommt womöglich frei, Billy Bob.«
    »Und Lucas’ Aussage –« setzte ich an.
    »Mit der allein kommen wir nicht weiter.«
    »Weiß Moon, daß Lucas ...« Ich hatte das Gefühl, als ob mir viele kleine Nadeln in die Stirn stachen.
    »Das wissen Sie doch selber ... tut mir leid. Wir haben geglaubt, der Typ wäre schon so gut wie tot«, sagte Marvin.
    Lucas kam auf uns zu, wirkte leicht verstört, als er Marvin bei mir stehen sah.
    »Was

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