Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
braucht... Ihr Scheißliberalen könnt mich mal, Billy Bob. Wollen Sie mal vorbeikommen und Jimmy Cole und Garland T. Moon das Essen reichen, zusehn, daß sie genügend Toilettenpapier kriegen, regelmäßig duschen dürfen und daß ihnen keiner die Menschenrechte beschneidet? ... Hab ich mir doch gedacht.«
Er legte auf.
Weder Harley noch ich konnten ahnen, was sich in dieser Nacht ereignen sollte und was es für Folgen haben würde.
5
Eine Minute nach Mitternacht schaute der Wärter in Harley Sweets Büro vorbei und meldete sich ab.
»Ich hab Jimmy Cole dabei erwischt, wie er n Stück Seife gegessen hat«, sagte er.
»Wir sollten uns lieber einen neuen Koch besorgen«, sagte Harley.
»Ich würde den Burschen nicht ins Krankenhaus lassen, Harley. Der hat irgendwas vor.«
»Mit Garland T. Moon hat’s aber keinen weiteren Ärger gegeben, oder?«
»Nein, Sir.«
»Schau an, man muß sie nur ins Gebet nehmen.«
Gegen drei Uhr früh hörte ein Mexikaner in der Ausnüchterungszelle, wie die Aufzugtrossen knarrten, wie scheppernd die Maschendrahttür geöffnet und danach die zweite, vergitterte Tür aufgeschlossen wurde. Lederstiefel hallten auf dem Betonboden wider, als Harley Sweet mit einem keck auf dem Kopf sitzenden Cowboyhut aus hellem Stroh und einer zusammengerollten Papiertüte in der Hand den Korridor entlangkam und an der Ausnüchterungszelle vorbeiging.
Der Mexikaner, dessen Zellengenossen ringsum am Boden lagen und schliefen, drückte das Gesicht an die Gitterstäbe und versuchte vergeblich, den Korridor entlangzublicken.
Weiter hinten wurde eine weitere Tür aufgeschlossen, und dann hörte er Harleys Stimme. »Dreh dich um und lehn dich an die Wand. Dein Gesicht macht mir die Arbeit nämlich nicht leichter. Deine Mutter muß dich ja mit nem bösen Knüppel verdroschen haben.«
Der Mexikaner in der Ausnüchterungszelle hörte Geräusche, Keuchen und Füßescharren, ohne daß ein Wort fiel, so als ob da Männer miteinander rangelten, die genau wußten, daß es auf jede Bewegung, jeden Atemzug ankam. Dann ein kurzes, jähes Aufjapsen, und jemand ging zu Boden, worauf fürchterliche Hiebe auf ihn einprasselten, die mit einem leisen Pfeifen einsetzten, so als ob ein Schlagstock durch die Luft schnitt und dann mit dumpfem Ton auf Fleisch und Knochen traf, ein ums andere Mal, bis sich der Mexikaner mit den Händen die Ohren zuhielt und sich in die hinterste Ecke der Ausnüchterungszelle verkroch.
Fünf Minuten vergingen, dann fiel die Zellentür am anderen Ende des Korridors wieder ins Schloß, und jemand, der genauso gekleidet war wie Harley, nur daß er sich den Strohhut vors Gesicht hielt, kam an den Gitterstäben der Ausnüchterungszelle vorbei. Dann wurde die Maschendrahttür zugeschlagen, und mit einem Surren und Kreischen, daß die Wände dröhnten, fuhr der Aufzug hinunter ins Erdgeschoß.
Ein paar Kids, die nach wie vor die Main Street entlangkutschierten, sagten aus, sie hätten gesehen, wie jemand, der Stiefel und einen weißen Strohhut trug, aus dem Seitenausgang des Gerichtsgebäudes kam und quer über die dunkle Rasenfläche zu Harleys Pickup ging, unterwegs an die Brusttasche seines Hemds tippte, offenbar selbst überrascht war, als er eine Schachtel Zigaretten fand, sich eine anzündete und wegfuhr.
Der Wärter, der um sechs seinen Dienst antrat, fuhr in den zweiten Stock des Gerichtsgebäudes hinauf, wo ihm nichts Ungewöhnliches auffiel. Um sieben Uhr morgens brachten die Aufsichtshäftlinge das Frühstück herauf, eine Karre, beladen mit Aluminiumbehältern voller Grütze, gebratenem Schinken, Weißbrot und schwarzem Kaffee. Die Männer in der Ausnüchterungszelle wurden zuerst abgefertigt, danach war Lucas Smothers an der Reihe, der in die Einzelzelle neben der Dusche verlegt worden war. Ein Essensausteiler blieb mit der Karre vor Jimmy Coles Zelle stehen und schlug mit einer hölzernen Schöpfkelle an die Gitterstäbe.
»Bereitmachen zum Essenfassen, Jimmy Cole ... Hey, Junge, raff dich auf, wenn du was zu futtern willst.«
Der Aufsichtshäftling schaute sich den Mann auf der Pritsche, der weiße Sträflingskleidung trug und mit einer Hand das gestreifte Kissen auf sein Gesicht drückte, genauer an und sah dann tief zwischen den Falten am Hals etwas kupfrig schimmern. Der Essensausteiler fuhr herum und schrie dem Wärter am anderen Ende des Ganges zu: »Häftling ist ausgebrochen, Boß!«
»Was zum Teufel soll das? Da drüben liegt er doch«, sagte der Wärter und deutete
Weitere Kostenlose Bücher