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Duerers Haende

Duerers Haende

Titel: Duerers Haende
Autoren: Petra Kirsch
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sich im illegalen Zigarettenhandel bestens auszukennen, und sagte stattdessen: »Erklär mir doch bitte, wie deiner Meinung nach die Ware von Tirana an die Grenze, zu diesen fliegenden Händlern gelangen könnte.«
    »Wahrscheinlich kommen die Lieferungen in verplombten Lastern auf dem Seeweg nach Albanien, ich vermute, über Vlore oder Durres. Dort genügt ein einziger bestochener Zollbeamter, um sie ohne Kontrolle an Land zu bringen und weiter nach Tirana oder Umgebung in eine Lagerhalle zu fahren. Dort werden die Zigaretten zurechtgemacht. Das heißt: Ein Teil wird entladen, der andere mehr oder weniger raffiniert in den doppelten Böden und Wänden der bereitstehenden Lkws versteckt. Dass sie offiziell leer zurückfahren, glaube ich nicht. Vielleicht hast du deine Zeugin da missverstanden?« Er sah sie fragend an.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, die hat das genau so gesagt.«
    »Na, dann hat sie eben ihren Mann falsch verstanden. Denn dass jemand leer zurückfährt, ist höchst unwahrscheinlich, bei jedem Grenzer würden da sofort die Alarmglocken läuten. Das ist ja geradezu die Einladung zu einer gewissenhaften Zollkontrolle. Meist führt man bei solchen Transporten Möbel mit oder Autoreifen, also möglichst unauffällige Waren. Aber weiter. Dort in den Lagerhallen kriegen die Fahrer neue Zollpapiere mit gefälschten Stempeln für den Export. Die Laster fahren dann verplombt wahrscheinlich Richtung Belgrad, Budapest, Bratislava und schließlich nach Prag, das wäre der sicherste Weg. Ob die Frachten vor Prag oder dahinter entladen werden, kann ich dir nicht sagen, das spielt auch keine Rolle. Irgendwo dazwischen auf jeden Fall. Und dort erhält der Fahrer wieder neue gefälschte Zollpapiere, die ihm jetzt bescheinigen, er habe die komplette Fracht ordnungsgemäß in Tschechien abgeliefert. Was ja auch stimmt: Die letzte Strecke nach Nürnberg fährt der Lkw wirklich leer retour. So haben die Fahrer an der deutschen Grenze nichts mehr zu befürchten.«
    »Und die geschmuggelten Zigaretten landen kurz darauf im Straßenverkauf, bei den Buden der Vietnamesen. Trotzdem gehen die Lkw-Fahrer bei diesen Fuhren doch ein Risiko ein. Lohnt sich das für die denn?«
    »Das kommt darauf an, wie du ›lohnen‹ definierst. Dreitausend Euro für eine Lkw-Ladung Zigaretten sind da immer drin, und das ist das Minimum.«
    Dreitausend Euro pro Fuhre an einem Tag, das ist schnell verdientes Geld. Zumal für einen dreifachen Familienvater, der auf einen kleinen Opel spart. Eine große Versuchung, der Shengali nicht erlegen war. Weil er seine Familie anständig ernähren wollte. Und weil er Spaß an seiner Arbeit hatte, die er unter keinen Umständen verlieren wollte.
    »Bloß der Vollständigkeit halber: Wer ist der Hauptverdiener bei diesem Schmuggel, die Vietnamesen?«
    »Also, Paula, du hast wirklich keine Ahnung von dem Geschäft. Die Vietnamesen organisieren doch nur den Straßenverkauf, das große Geld machen nach wie vor die Rumänen, Bosnier, die Weißrussen, Polen und …«
    »Aber wie kommt man als mittelständische Spedition in die Szene rein? Hast du dafür eine Erklärung? Das wird ja kaum so gelaufen sein, dass bei Frey irgendwann das Telefon geklingelt und sich die Zigaretten-Mafia gemeldet hat nach dem Motto ›Herr Frey, wir hätten da einen lukrativen Sonderauftrag für Sie‹, oder?«
    »Natürlich nicht«, entgegnete Amberger ungehalten. »Solche Verbindungen nach unten – und die Speditionen sowie deren Fahrer sind das letzte, das kleinste Glied in der Dealer-Kette, auch das mit der geringsten Profitspanne – ergeben sich meist zufällig. Wobei ich in deinem Fall vermute, dass diese Blahotova dabei ihre Finger im Spiel hatte. Was, sagtest du, war ihr Exfreund, der, den sie umgebracht haben und dessen Konto sie daraufhin abgeräumt hat?«
    »Der Chef von irgendeiner kleineren Zigarettenschmuggelbande, hat Klaus bei seiner Spritztour nach Prag herausgefunden.«
    »Na, das passt doch wie die Faust aufs Aug. Die hatte noch Connections von ihrem früheren Freund, die richtigen Namen und die richtigen Verbindungen, das war doch ein leichter Einstieg für diesen Kramer. Der brauchte ja nur dort weiterzumachen, wo der Exfreund der Blahotova aufgehört hat, bevor man ihn ins Jenseits befördert hatte. Und schon rollt der Rubel wieder. In dem Fall war das ein Kinderspiel. Für die Tschechin, für Kramer und auch für die mittlere Ebene des Zigarettensyndikats.«
    Bevor sie ging, riet ihr Amberger noch, bei der
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