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Duerers Haende

Duerers Haende

Titel: Duerers Haende
Autoren: Petra Kirsch
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zu knapp. Brauchst du den schriftlichen Bericht dazu noch heute? Weil jetzt würde ich mich doch gern mal kurz aufs Ohr legen.«
    »Nein, das eilt überhaupt nicht. Sag mal, Klaus, was anderes, nur der Neugier wegen: Weißt du zufällig, was die Blahotova von Beruf ist? Mir sagte sie nämlich, sie hätte einen Beruf erlernt, müsse ihn derzeit aber nicht ausüben.«
    »Du, die war in Tschechien vor ein paar Jahren mal richtig berühmt. Zwei Kollegen in Prag haben von der regelrecht geschwärmt. Wo sie noch um einiges jünger war. Aber ein erlernter Beruf, ich weiß nicht. Ist Dessous-Model ein richtiger Beruf für dich?«
    »Warum nicht? Klar ist das ein Beruf, wenn auch einer mit einem sehr eingeschränkten Haltbarkeitsdatum.«
    Sie dankte Dennerlein für seine schnelle Recherche vor Ort und legte auf.
    Sofort meldete sich Eva Brunner zu Wort. »Frau Steiner, ich habe den Frey, Joachim durchgecheckt. Aber nichts gefunden. Der ist noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Komisch, oder? Da haben Sie mal wieder recht behalten.«
    »Womit habe ich recht behalten?«
    »Dass man in einem laufenden Ermittlungsverfahren absolute Neutralität den Zeugen und Verdächtigen gegenüber bewahren soll. Sie haben doch gesagt, der erste Eindruck würde uns oft täuschen, und man soll mit seinen persönlichen Beurteilungen so lange abwarten, bis jeder Fall abgeschlossen ist.«
    Das hatte sie gesagt? Sie, die alle Menschen um sich herum sehr schnell und sehr grob in ausgesprochen liebenswerte und abstoßend widerwärtige rasterte? Das war klug gesprochen gewesen von ihr, fand sie, wenn auch nicht wahr. Denn auch sie wunderte sich insgeheim über das Ergebnis von Frau Brunners Datenrecherche. Sie hätte dem Juniorchef nicht nur einen, sondern etliche Kriminalaktennachweise zugetraut.
    »Richtig, genau so soll es sein. Dann nämlich spielt uns der Sympathiewert keinen Streich bei der Ermittlung. Und wir bleiben offen nach allen Seiten.«
    Sie hoffte, die Anwärterin würde von ihr nun nicht wissen wollen, wie sich dieser Allgemeinplatz auf den speziellen Fall Frey übertragen ließe. Sie hoffte vergebens.
    »Was heißt das jetzt konkret für uns, Frau Steiner?«
    »Nicht mehr und nicht weniger, als dass wir weiterhin alle Möglichkeiten in Betracht ziehen und uns einen unvoreingenommenen Blick bewahren müssen. So, jetzt muss ich Sie aber mal kurz verlassen. Ich bin im Dezernat 4, K42, zu erreichen, wenn was Dringendes sein sollte.«
    Als sie die Tür schließen wollte, fiel ihr noch etwas ein. »Frau Brunner, rufen Sie Heinrich an und sagen Sie ihm, er soll umgehend ins Präsidium zurückkommen. Kramers Konten sind im Augenblick unwichtig. Das hält uns nur auf. Außerdem kann ich mir schon denken, was dabei rauskommt: dass Kramer über seine Verhältnisse lebte und ziemlich verschuldet war. Und, Frau Brunner, Sie haben doch noch den Haftbefehl für den Frey. Den werden wir uns nämlich vornehmen, sobald ich wieder zurück bin.«
    Dann endlich machte sie sich auf den Weg zu Albert Amberger, der hausintern über das größte Wissen über Struktur, Historie und Verlaufsform des nationalen wie internationalen Schmuggels verfügte. Sie hatte zweifaches Glück: Er saß an seinem Arbeitsplatz und – er hatte Zeit für sie.
    Sie erzählte ihm von dem Mord an Shengali, dem toten Kramer, der quicklebendigen und ungerührten Susanka Blahotova, dem gestrigen Gespräch mit Frau Vitzthum und ihren Schlussfolgerungen. Ambergers Rolle beschränkte sich darauf, von Zeit zu Zeit zu nicken und, nachdem sie mit ihrem Bericht fertig war, zu fragen: »Und was willst du jetzt von mir, Paula, wo du doch eh schon alles weißt?«
    »Na, alles weiß ich eben nicht. Zum Beispiel ist mir neu, dass der Straßenverkauf an der tschechisch-deutschen Grenze auch in den illegalen Zigarettenhandel verwickelt ist. Ich dachte bisher immer, das Zeug wird nur bei uns im Westen, in den großen deutschen Städten wie Berlin oder Hamburg abgesetzt.«
    »Das ist doch nichts Neues. Vielleicht solltest du unsere Rundschreiben mal etwas genauer lesen, damit du wieder auf dem Laufenden bist. Überall auf der Welt, wo jemand ein Päckchen oder eine Stange Zigaretten kauft, läuft er Gefahr, Schmuggelware zu bekommen. Überall! Auf dem Boden, zu Wasser und in der Luft. Du rauchst doch auch, schon deshalb müsstest du das eigentlich wissen.«
    Sie unterdrückte die Frage, inwiefern sie die bloße Tatsache, dass sie Raucherin war, in seinen Augen dafür zu qualifizieren schien,
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