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Duenenmond

Duenenmond

Titel: Duenenmond
Autoren: Lena Johannson
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hatte. Ein ziemlich naiver Teilihres Gehirns versuchte, den Witz in seiner Nachricht zu entdecken. Vielleicht holte er gerade Brötchen und wollte sie mit seinen Zeilen nur auf den Arm nehmen. Natürlich wusste der vernünftige, logische Teil ihres Gehirns längst, dass es sein bitterer Ernst war. Es war aus und vorbei, bevor es richtig anfangen konnte. Sie ging in den Garten. Max war mit Jan fort. Jo fühlte sich schrecklich einsam und mit einem Mal wie ein Fremdkörper, der nicht hierher gehörte. Wie konnte er ihr das antun? Wie konnte er sie gehen lassen, ohne sich von ihm verabschieden zu können? Und er hatte behauptet, er wolle sie gar nicht gehen lassen! In die dumpfe Traurigkeit mischte sich Wut. Sollte er doch denken, was er wollte. Nein, er sollte auf keinen Fall denken, dass sie oberflächlich war, dass sie sich nur für Geld und Ansehen interessierte. Sie hatte Mist gebaut, hatte ihn verletzt.
    Jo, du musst dich bei ihm entschuldigen, dachte sie. So würde sie nicht abreisen. Sie packte ihre wenigen Sachen ein, die noch in seinem Schlafzimmer und in seinem Bad lagen, und lud alles in ihr Auto. Sönke würde wissen, wohin Jan sich zurückgezogen hat. Sie fuhr zum Althäger Hafen und sah Sönke bereits von weitem, wie er klar Schiff machte.
    »Hey, das ist eine Überraschung. Ich dachte, du bist schon weg.«
    Jo nahm ihre Sonnenbrille ab, so dass er ihre roten verquollenen Augen sehen konnte.
    »Was ist denn passiert? Ist der Abschiedsschmerz so groß?«
    »Schlimmer!« Sie fasste das ganze Drama für ihn zusammen, ohne zu beschönigen, was sie in der Nacht gesagt hatte. »Ich war eben müde«, verteidigte sie sich. »Ich habe nicht mehrjedes Wort auf die Goldwaage gelegt. Meine Güte, er ist aber auch empfindlich!«
    »Aus gutem Grund.«
    »Ach ja?«
    »Hat er dir nicht von Ines erzählt?«
    »Nein.« Jo schwante etwas. Er hatte mal etwas von einer jungen Dame angedeutet, die ihn für naiv gehalten und ausgenutzt hatte.
    »Komm an Bord, ich erzähl’s dir.« Jo folgte seiner Einladung und saß kurz darauf wieder auf den gestreiften Sitzkissen, auf denen sie sich gestern so wohlgefühlt hatte.
    »Ines kam auch aus Hamburg. Sie war Vermögensberaterin und hat hier Urlaub gemacht. Das war es jedenfalls, was sie uns erzählt hat. Stimmte wohl auch, nur dass sie eben meinte, ihre Urlaubskasse ein bisschen aufbessern zu können, wenn sie den blöden Einheimischen irgendwelche Beteiligungen oder Versicherungen andrehte. Jan fand sie von Anfang an süß, aber du kennst ihn ja, er ist nicht gerade ein Draufgänger. Er hat schon ein bisschen mit ihr geflirtet, hat sie auch mal mit nach Hause genommen. Sie wollte wissen, wer sein Vater sei, von dem sie wohl was gehört hatte. Tja, und dann hat Jan den Fehler gemacht, den Namen seines Vaters zu verraten: Ralf Dörner. Da wusste sie, hier ist was zu holen.«
    »Oh, nein!«
    »Es kam noch viel schlimmer. Jan war gerade aus London zurück und fing mit dem selbstgemachten Eis an. Er hatte die Rezepturen aus England mitgebracht und wollte eine Eisdiele eröffnen. Es gab da in London so ein spezielles Konzept. Keine Ahnung, ich habe das nie so richtig verstanden. Auf jeden Fallwar er überzeugt von der Sache, und ich kenne Jan. Wenn der was macht, hat es Hand und Fuß. Blöderweise hat er ihr davon erzählt. Er mochte Ines wirklich gern und hat ihr vertraut. Dank ihrer Beratung war sein Geld, das er für die Eisdiele eingeplant hatte, weg. Er fing wieder bei Null an. Und sie hat ihm auch noch eine Rechnung für ihre Dienstleistung geschickt, als sie wieder in Hamburg war.«
    »Davon hat er mir nichts erzählt.«
    »Da ist er auch nicht gerade stolz drauf. Mit seinen Eiswagen geht er kein so großes finanzielles Risiko mehr ein. Und wenn du mich fragst, passt das Konzept auch besser zu ihm.«
    »Wo kann ich ihn denn bloß finden, Sönke?«
    »Das kann ich dir nicht sagen, ganz ehrlich. Ich nehme an, er ist irgendwo im Wald oder am Bodden unterwegs oder auch an der Steilküste. Das ist wie die berühmte Suche nach …«
    »… der Nadel im Heuhaufen, ich verstehe.«
    Jo verabschiedete sich von Sönke und schlich bedrückt davon. Warum nur hatte Jan ihr nichts von dieser Ines erzählt? Es war nicht fair, dass sie jetzt ausbaden musste, was eine andere Hamburgerin ihm mal eingebrockt hatte. Sie lief ein Stück die Steilküste entlang und hielt nach einem blonden Mann mit einem fuchsbraunen Hund mit weißen Pfoten und Riesenohren Ausschau. Vergeblich. Dann fuhr sie noch einmal
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