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Duenenmond

Duenenmond

Titel: Duenenmond
Autoren: Lena Johannson
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Darß-Mond, der so gelb leuchtete wie nirgends sonst auf der Welt.
    »Die letzten Tage waren ziemlich aufregend für dich, was?« Sönke hatte sich neben sie gesetzt.
    »Ja. Hat Jan dir alles erzählt?«
    »Nein, meine Tante hat das meiste ausgeplaudert. Jan sagte nur, dass der Mann auf dem Foto am Räucherhaus dein Vater ist.«
    »Ja.«
    »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
    »Ich wollte deine ehrliche Meinung über ihn wissen. Du solltest nicht voreingenommen sein.«
    »Verstehe.«
    Jo zog die Füße an und schlang die Arme um ihre Knie. »Ach, Sönke, es ist so schön. Ich wünschte, ich müsste nicht abfahren.«
    »Jetzt hast du das verbotene Wort gesagt«, rief er laut. »Okay, womit wollen wir sie bestrafen?«
    Jo ließ in gespielter Verzweiflung den Kopf auf die Knie fallen.
    »Ich habe gehört, du kannst ziemlich gut singen.«
    Alle kicherten. Jo blickte auf und sah in belustigte Gesichter. Eine Sekunde lang glaubte sie, es hatte sie doch jemand gehört an dem Abend, als sie am Hafen gestanden und gesungen hatte. Dann dämmerte es ihr.
    »Moment mal«, sie wandte sich an Jan, »du hast ihnen doch wohl nicht verraten …?« Sein breites Grinsen sprach Bände. »Doch, hast du. Ich fasse es nicht.« Sie boxte ihn, und er sprang auf, um zu flüchten.
    »Hey, das ist eine alte Dame, ja? Die verträgt so einen Radau nicht mehr«, protestierte Sönke und klopfte auf das Holz seiner Aldebaran .
    Nach und nach verabschiedeten sich die Freunde. Niemand ging, ohne Jo zu versichern, wie willkommen sie jederzeit sei, wie gern man sie näher kennenlernen würde. Mit jedem, der über den Steg in die Dunkelheit verschwand, wurde ihr das Herz schwerer. Die Morgendämmerung malte schon rosa Streifen über den Horizont, als Jan und Jo nach Hause gingen.»Ich will nicht, dass du gehst.« Sie lagen in seinem Bett, die Vögel im Garten sangen bereits aus vollen Kehlen. Jan lag neben ihr, auf seinen Ellenbogen gestützt, und sah sie an.
    »Und ich will nicht gehen. Aber ich muss, das wissen wir beide«, erwiderte Jo.
    »Du musst gar nichts. Du bist eine erwachsene Frau, du bist frei und kannst tun und lassen, was du willst.«
    »So einfach ist das nicht. Außerdem hast du unsere Abmachung gebrochen.« Sie stupste ihn zärtlich.
    »Die gilt heute nicht mehr.«
    »So?«
    »Josefine, es ist mir ernst.« Jan machte eine Pause. »Mit dir ist es mir ernst. Du bist kein netter Flirt, keine Urlauberin, die man mal eben vernascht. Ich liebe dich.«
    Ihr schossen die Tränen in die Augen. Es war das erste Mal, dass er das gesagt hatte. Sie schluckte schmerzhaft gegen den dicken Kloß an, der plötzlich ihren Hals ausfüllte.
    »Das ist nicht fair«, flüsterte sie.
    »Es ist fair, und es ist wahr.«
    Sie schniefte laut und vernehmlich und wischte sich mit dem Handrücken über die feuchten Augen.
    »Jan, wir müssen vernünftig sein. Es waren wunderschöne zwei Wochen, und ich will dich auf jeden Fall wiedersehen. Aber wir müssen es langsam angehen. Ich besuche dich, du kommst nach Hamburg.« Sie gähnte. Die Aufregung der letzten Tage, der Rotwein, die lange Feier – Jo spürte, wie ihre Augen schwer wurden.
    »Deine Eis-am-Strand-Idee kannst du vielleicht an der Elbe verwirklichen. Das müssen wir alles in Ruhe herausfinden.«
    »Josefine, du weißt, dass ich hier nicht weg will. Hängst du denn so absolut an deiner Stadt?«
    Sie konnte kaum noch die Augen offen halten. »Darum geht es doch gar nicht.«
    »Worum dann?«
    »Ich finde es ja auch schön hier. Zum Urlaub machen. Aber hier kann man doch nicht leben.«
    »Wieso? Ich lebe doch auch hier.«
    Ihre Augen klappten endgültig zu. Sie wollte nur ein wenig ausruhen, sie würde schon nicht einschlafen.
    »Super«, murmelte sie noch, »als Eisverkäufer und Mädchen für alles!«
    Liebe Josefine,
    ich habe Dich für weniger oberflächlich gehalten. Schade, dass ich mit meiner Einschätzung absolut daneben lag. Ich mag mein Leben und schäme mich weder für meinen Job als Eisverkäufer noch für den im Hotel. Wie Du weißt, habe ich in Madrid und London gelebt, da würde ich wohl auch eine Zeit in Hamburg überstehen. Aber nicht mit einer Frau, der es nur auf den Status eines Menschen ankommt. Oder auf sein Gehalt?
    Gute Heimreise,
    Jan PS: Was bin ich Dir für die Idee, meine Badekarren mit alten Motiven zu bemalen, schuldig?
    Jo las seinen Brief nochmals, obwohl sie ihn bereits auswendig herunterbeten konnte. Sie war wie betäubt, seit sie das Papier auf dem Küchentisch entdeckt
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