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Duenenmond

Duenenmond

Titel: Duenenmond
Autoren: Lena Johannson
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Menschen da sind, alles in einem ruhigen Rhythmus abläuft, ohne Hektik und Stress, fühle ich mich hier wohl. Manchmal denke ich, wir leben in einer Oase der Seeligen. Wir kriegen von der so genannten wirklichen Welt da draußen nur das mit, was wir wollen. Jeder ist für den anderen da. Nirgends auf der Welt habe ich hilfsbereitere, liebenswertere Menschen kennengelernt als hier. Sagen Sie doch mal selbst: Können Sie sich einen besseren Ort vorstellen, um eine Familie zu gründen, um Kinder großzuziehen? Ich nicht.«Der letzte Tag. Jo und Jan hatten vereinbart, wegen des bevorstehenden Abschieds nicht zu jammern, ihn nicht einmal zu erwähnen. Sie wollten die letzten Stunden gemeinsam genießen. Traurig würde es noch früh genug werden. Dennoch galt Jos erster Gedanke an diesem Morgen ihrer Abreise. Sie beschloss, ihr Zimmer schon einen Tag früher zu räumen und mit ihrem Gepäck zu Jan zu ziehen. Wenn sie ihre letzte Urlaubsnacht, wie die vergangene auch, bei ihm verbrachte, konnten sie vor ihrer Abfahrt wenigstens noch ausgiebig zusammen frühstücken.
    »Es tut mir sehr leid, wir müssen Ihnen dann aber eine Storno …«
    »Stornogebühr berechnen, ich weiß«, unterbrach Jo die Mitarbeiterin an der Rezeption. »Kein Problem, ist ja nur Geld«, sagte sie und strahlte.
    Die Frau zog die Augenbrauen hoch und starrte Jo mit offenem Mund an. Jo packte und schleppte ihren Koffer in ihr Auto, das seit ihrer Ankunft unbenutzt auf dem Parkplatz stand. Als sie eine Minute später mit ihrem Wagen in seine Einfahrt fuhr, breitete sich ein warmes Gefühl in ihr aus. Es war, als gehöre sie hierher, und das fühlte sich richtig an. Wenn Ahrenshoop doch nur nicht so weit von Hamburg und ihrem Job weg wäre. Auf ihre Wohnung könnte sie vielleicht sogar verzichten.
    Sie hörte Jan und Max bereits, als sie um das Haus herum in den Garten ging. Jan zog an einem dicken Stück Tau, das Max im Maul hatte und um keinen Preis hergeben wollte. Er knurrte sogar ein bisschen, was sich allerdings eher niedlich als bedrohlich anhörte.
    »Sönke hat angerufen. Zum Segeln reicht der Wind leider nicht. Aber er will ein kleines Fest für dich geben. Hast du Lust?« Jan hatte sich auch diesen Tag frei genommen.
    »Klar, gerne.«
    Um acht Uhr machten sie sich auf den Weg. Sie sagten kein Wort. Nicht jammern, so war es abgemacht. Nur ließ sich Traurigkeit von Abmachungen nicht beeindrucken. Auf dem Steg vor der Aldebaran brannten, obwohl es noch hell war, zwei Fackeln.
    »Schön, dass ihr da seid«, rief Sönke schon von weitem.
    Jo wurde ein paar Freunden vorgestellt, und sie sah Silke wieder.
    »Wie hast du den Reitausflug überstanden? War der Muskelkater sehr schlimm?«
    »Solange ich mich nicht gerührt habe, ging’s. Aber viel wichtiger: Wie geht es Molly? Hat sie mich verkraftet?«
    »Ich habe den Eindruck, sie musste schon viel schlimmere Anfänger verkraften. Sie freut sich bestimmt, wenn du sie mal wieder reitest.«
    Jo lächelte, ging auf das freundliche Angebot aber nicht ein.
    »Sinde hier die viele Loit mit die große Hunger?«, tönte eine Stimme vom Steg.
    »Aber absolut, Alfredo!« Jan sprang von Bord und reichte zwei Styropor-Boxen herauf, die der Italiener gebracht hatte. »Feierst du mit uns?«
    »Schade, kann ich leider nixe. Musse ich wieder in die Ristorante, soonst reisse meine Frau mir die Kopfe weg.«
    »Ja, ja, die Frauen …«
    »Kannsu nixe make. Schone Abend noock.«
    Sönke hatte bereits Geschirr und Besteck verteilt und öffnete gerade eine Weinflasche.
    »Große Ausnahme«, kommentierte er das selbst. »Wenn wir im Hafen liegen bleiben, dürfen wir auch Alkohol trinken. Wir können schließlich nicht mit Wasser Abschied feiern.«
    »Das verbotene Wort«, rief Jan und drohte seinem Kumpel mit dem Finger. »Du hast es gesagt. Noch einmal, und …« Wieder hob er den Zeigefinger. Seine Gesten waren übertrieben, seine Stimme zu laut. Jo wusste genau, wie es in ihm aussah. Ihr ging es nicht anders.
    Sie aßen Spaghetti mit Muscheln, tranken Rotwein, während die Dunkelheit hereinbrach. Sönke zündete ein Windlicht an. Silke verwickelte Jan in ein Gespräch, und auch die anderen unterhielten sich angeregt. Jo nutzte die Gelegenheit, diese einzigartige Atmosphäre noch einmal tief in sich aufzunehmen. Sie lauschte auf das leise Klatschen und Glucksen des Wassers am Rumpf des Schiffes, konzentrierte sich auf den Klang der Grillen und betrachtete lange den Mond, diesen unglaublich kitschigen, unglaublich schönen
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