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DU HÖRST VON MIR

DU HÖRST VON MIR

Titel: DU HÖRST VON MIR
Autoren: Luis Algorri
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gehört dir.«
    »Nein, was ich dir zu erklären versuche, ist, dass ich schon meine Zigarettenschachtel hatte. Du hast dich bestimmt geirrt, als...«
    »Die Schachtel, die ich dir zugeworfen habe, bevor du gegangen bist, hattest du auf dem Sprungbrett im Schwimmbad liegen gelassen.«
    »Aber... was redest du denn da?«
    »Ich habe euch gesehen. Dich und José. Ich arbeite im Sommer im Schwimmbad. Ich bin ein Freund von José, wie du vielleicht mittlerweile gemerkt haben wirst. In jener Nacht war ich noch dabei, die Küche zu putzen, als ihr kamt. Ich sah euch, wie ihr auf dem Sprungbrett gesessen und geraucht habt und wie ihr dann gebadet habt. Dann seid ihr abgehauen.
    Und du hast die Kippen liegen gelassen.«
    Ich ging weiter, schweigend, mit kurzen Schritten, bei ihm untergehakt. Seine Worte fielen, mehr als auf eine Erinnerung, auf eine Narbe, noch zart und weich, aber immerhin eine Narbe und keine Wunde mehr. Ich seufzte.
    »Dann bin ich euch gefolgt. Besser gesagt, dann bin ich dir gefolgt.«
    »Warum bist du mir gefolgt?«
    »Ich weiß auch nicht...«
    Ich sah ihn dankbar an. Natürlich wusste er es. Wir wussten es beide.
    »Du hast ihn nach Hause gebracht und bist dann hier in den Park gekommen. An den Rest erinnerst du dich bestimmt selbst.«
    »Ja, klar erinnere ich mich. Und ich erinnere mich auch, dass du mir nicht deinen Namen gesagt hast.«
    »Ich heiße Miguel.«
    »Das dachte ich mir.«
    »Wieso?«
    »José hat mir von einem Jungen erzählt, der ein Freund von ihm ist und der im Schwimmbad arbeitet und der so heißt.«
    Er sah mich an, wieder nervös und nahm einen langen Zug an der Zigarette.
    »Und... was hat er sonst noch so über mich erzählt?«
    Ich lächelte ihn zärtlich an.
    »Dass du ein ganz toller Typ bist.«
    »Sonst nichts?«
    »Also soweit ich mich jetzt erinnere, nichts weiter«, log ich.
    »Ah.«
    Wir blieben vor der Steinmauer stehen, am Fluss. Ich weiß nicht, ob er dorthin steuerte, oder ob ich es war, jedenfalls kamen wir zu genau der Stelle, an der wir uns vor vielen Monaten kennen gelernt hatten.
    »Das heißt, du bist auch eigentlich gar kein Stricher.«
    »Natürlich nicht«
    »Und dieses Gerede, wo jedes dritte Wort ›Ey‹ und ›Alter‹
    war, und so...?«
    »Das war um dich geil zu machen«, er wurde rot wie eine Tomate, »und damit ich mich nicht verrate.«
    »Damit du dich nicht... verrätst? Wie meinst du das?«
    »Ach, nichts, nur so.«
    Ich lachte innerlich und war zugleich ganz gerührt, wie nervös er war.
    »Ach ja, und wie geht's denn eigentlich deiner Freundin, deiner ›Braut‹?«
    »Das war auch gelogen«, lächelte er, immer mehr errötend.
    Er sprach zur anderen Seite, sein Gesicht von mir abgewendet. Wir schwiegen eine Zeit lang. Ich drehte mich um und sah auf das graue träge Wasser des Flusses.
    »Weswegen bist du gekommen, Miguel?«
    »Um dir das zu geben, was mir José für dich gegeben hatte.«
    »Nur deswegen?«
    »Na ja, und um zu sehen, wie es dir geht. Ich weiß, du warst ein paar Mal im Krankenhaus, es ging dir sehr schlecht, und du bist immer noch bei irgendwelchen Ärzten... Aber ich sehe, dir geht's schon gut, viel besser zumindest. Aber du musst ein bisschen mehr essen, ja? Du bist ja nur noch Haut und Knochen.« Er lachte.
    »Und mehr wolltest du nicht?«
    »Weswegen soll ich denn noch gekommen sein?«, fragte er leise.
    »Na, ich habe keine Ahnung«, ich nahm seine Hand, während ich weiter auf den Fluss schaute, »um mir zu sagen, dass du mich in jener Nacht am liebsten hundert Mal erwürgt hättest, zum Beispiel.«
    »Hundert Mal wäre noch zu wenig«, lächelte er verschämt.
    »Das mit mir zu machen, was du gemacht hast und dabei an einen anderen zu denken...«
    »Verzeih mir.«
    »Nein, es gibt da gar nichts zu verzeihen, ich wusste es doch. Man brauchte nur zu sehen, wie du ihn immer anschautest. Du bist wirklich völlig verrückt nach ihm gewesen. Aber in jener Nacht hab ich anschließend zu Hause ganz allein für mich bitterlich geweint, nachdem wir zusammen waren...«
    »Beim letzten Kuss, ich weiß nicht, ob du dich daran erinnerst; den ich dir genau da vorn bei den Bäumen gegeben  habe, da habe ich nicht an ihn gedacht. Dieser Kuss war für dich.«
    »Natürlich erinnere ich mich. Und genau deshalb hatte ich gehofft, dich wiederzusehen. Und eigentlich bin ich fast nur deswegen heute gekommen.«
    »Nur deswegen?«
    »Nein, nicht nur deswegen... Eigentlich um dich... Also ich dachte, vielleicht hast du ja Zeit, dass wir uns noch
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