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DU HÖRST VON MIR

DU HÖRST VON MIR

Titel: DU HÖRST VON MIR
Autoren: Luis Algorri
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da, sie sind mit Oma nach Salamanca gefahren, um Onkel Ángel zu besuchen. Es ist nur  mein Bruder da, der sowieso die ganze Zeit nur lernt und gar nicht aus seinem Zimmer rauskommt.«
    »Bist du sicher, dass er nicht rauskommt?«, fragte ich mißtrauisch.
    »Er täte gut daran, nicht rauszukommen. Er hat im September noch fünf Prüfungen vor sich«, gab Ana zurück.
    »Aber... was sollen wir denn bei dir zu Hause?«
    Ana lächelte.
    »Der Frosch, den du mir geschenkt hast, hat Sehnsucht nach dir.«
    Bevor wir dann wirklich miteinander schliefen, war dieser Nachmittag bei Ana zu Hause das Mal, wo wir am dichtesten davor waren. Wir waren atemlos, barfuß, ich hatte die Hose offen und Anas Bluse lag auf dem Boden, als das Klopfen an der Tür uns zusammenfahren ließen.
    »Was willst du?«, rief Ana.
    »Ani?«
    »Warte gefälligst einen Moment, verdammter...«, fluchte Ana.
    Die Stimme auf dem Korridor sagte etwas, was wir aber nicht verstanden. Ana strich sich mit den Händen übers Haar und stand auf, um die Tür zu öffnen.
    »Was zum Teufel ist denn?«, fragte sie ungehalten.
    »Nichts. Telefon für dich.«
    Man hörte Anas nackte Füße, wie sie den Korridor entlangliefen. Eine endlose Sekunde verging. Die Tür war angelehnt.
    Als ich ihn im Halbdunkel des Vestibüls erkannte, spürte ich, wie mir das Blut in den Kopf schoss. Dasselbe wuschelige Haar, der gleiche dunkle Pulli, diese Blässe und die kleinen,  feindseligen Augen. Ich versuchte einen widerspenstigen Knopf an meiner Jeans zu schließen.
    »Hallo, wie geht's?«, fragte ich.
    »Gut. Hallo«, entgegnete er knapp.
    »Ich glaube, wir kennen uns, oder? Wir haben uns an Anas Geburtstag kurz gesehen.«
    Er musterte mich von oben bis unten. Ich beschloss, den Knopf in Ruhe zu lassen.
    »Keine Ahnung. Sie kommt gleich wieder. Sie ist am Telefon. Entschuldige«, sagte er, drehte sich um und verschwand.
    Ich hörte irgendwo in der Wohnung eine Tür knallen. Als Ana zurückkam und die Tür verschloss, hatte ich gerade eine Zigarette angezündet.
    »Sag mal, wer ist eigentlich dieser Typ?«, fragte ich.
    »José? Na wer wird das wohl sein? Mein Bruder natürlich.«
    »Dein Bruder? Aber hieß dein Bruder nicht Eduardo?«, entgegnete ich verwirrt.
    »Ja, aber das hier ist noch ein anderer Bruder... Hast du José noch nicht kennen gelernt?«
    »Ich glaube, an deinem Geburtstag hab ich ihn kurz gesehen. Aber ich dachte, er wäre irgendein Freund von dir. Es waren ja so viele Leute da...«
    »Ach was! Das ist mein Bruder«, Ana lachte lauthals, »und ich hab noch 'ne Menge andere... Ich hab dir doch schon gesagt, dass er bis September noch ganz schön pauken muss, deshalb geht er diesen Sommer praktisch nicht aus dem Haus.
    Nur manchmal geht er kurz ins Schwimmbad. Mach dir keine Gedanken, er wird niemandem etwas sagen... Aber sag mal...
    wieso hast du dich denn so schnell wieder angezogen?«
    Ich nahm ihr Gesicht in beide Hände und rieb meine Nase an ihrer.
    »Ich lade dich zu einer Riesenpizza ein, du weißt schon wo«, schlug ich vor.
    Sie lachte wieder.
    »Mit Gambas?«, fragte sie schelmisch.
    »Mit einer Supersonderextraportion Gambas!«
    »Na gut«, sie lächelte, konnte ihre Enttäuschung aber nicht ganz vor mir verbergen. »Dann los: ich mach mich nur schnell zurecht, dann können wir gehen.«

    Wir waren Mitglied im selben Sportclub und es dauerte nicht lange, bis sich ihre und meine Eltern kennen lernten; sie setzten sich zwar nicht zusammen zum Essen an einen der Tische, aber sie grüßten sich und gaben sich die Hand mit dem resignierten Lächeln derer, die wissen, das die Dinge sind, wie sie sind und dass es das Beste ist, ihnen freien Lauf zu lassen. Auch Ana und ich setzten uns nicht zu ihnen, sondern wir breiteten unsere Handtücher etwas abseits auf dem Rasen aus, im Halbschatten zwischen Sonne und dem Schatten der Bäume und legten uns so lange hin, bis die Hitze ein Bad unumgänglich machte. Dies wiederholte sich mehrmals am Tag. Irgendwann legten sich Clara, Pepo, Eduardo und ein paar der anderen zu uns. Aber es ist nicht leicht, die Süßlichkeit eines frisch verliebten Paares zu ertragen und sie ließen uns daher zumeist allein. An einem jener Tage war ich auf meinem Handtuch in der
    späten Nachmittagssonne eingedöst, während Ana neben mir lag und las.
    »Guck ihn dir an! Da hat er vom Lernen wohl schon wieder die Nase voll. Der Junge hat Nerven.«
    »Was?«, fragte ich aus dem Halbschlaf.
    »Na José! Lümmelt schon wieder hier im
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