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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin
Autoren: E Bailey
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pochen, als Ami mich anstupste. »Miranda ist hinter uns«, murmelte sie.
    Ich drehte mich möglichst unauffällig um. Genau, da war Miranda und passte sich hervorragend an die Schatten an. Ihr Gesicht konnte ich nicht sehen, aber das musste ich auch gar nicht. Ich wusste, was sie tat. Sie beobachtete mich.
    Eine Eisspinne krabbelte mir den Rücken hinab. »Lass uns gehen«, flüsterte ich. »Und sehen, ob sie uns folgt.«
    Wir gingen betont lässig weiter und näherten uns der gegenüberliegenden Seite der Bibliothek, als Katie und Konsorten aufkreuzten. Katie war auf Wortschwallmodus. Sie sauste vorbei und schmiss sich auf eine Bank. Paige und Justine setzten sich neben sie. Paige hielt eine riesige Wasserflasche so fest umklammert, als hätte sie Angst, jemand würde sie ihr stehlen. Katie riss sie ihr aus den Händen. Sie nahm einen Schluck, reichte die Flasche dann zurück, ohne einmal aufzublicken. Cameron war ein bisschen abseits und alberte mit jemandem rum. Mit dem Neuen. Also an dieser Front nichts Neues. Zwei Puzzleteilchen Himmel, die perfekt zusammenpassten.
    Katies Tirade nahm kein Ende. Wahrscheinlich handelte es sich um den üblichen Mist. Der Mist, den ich tausend Mal gehört hatte, als wir noch Freundinnen gewesen waren. Ihr Agent schaffte nicht genügend Aufträge heran. Die Jobs, die sie bekam, waren nicht gut genug. Sie verdiente Besseres. Jedenfalls sagten das alle . Paige und Justine nickten an den richtigen Stellen. Machten die angemessenen betroffenen Bemerkungen. Kein Wenn und Aber. Kein Rat. Kein Widerspruch.
    Sie ist genauso schlimm wie immer , wollte ich Ami gerade zuflüstern. Aber das stimmte nicht ganz. Sie war schlimmer. Jetzt sagte ihr niemand mehr, dass sie zu weit ging. Es gab niemanden mehr, der ihr Bescheid stieß, wo Schluss war.
    Plötzlich fiel mir Miranda wieder ein, und ich sah mich um. Sie stand ziemlich nah bei Katie und Konsorten. Ihr Kopf war zu einer Seite geneigt, die Stirn vor Konzentration gerunzelt.
    »Sie lauscht«, flüsterte ich.
    Ami schüttelte den Kopf. »Dazu ist sie aber nicht nah genug. Was meinst du?«
    Als es klingelte, stand Katie auf und zog los, immer noch quasselnd. Justine und Paige folgten ihr.
    Ami drehte sich um. »Wir sollten auch gehen.«
    Wir machten uns auf den Weg zu unserer nächsten Stunde. Aber nach ein paar Schritten steuerte ich in die andere Richtung und zog Ami mit mir. Ami sah mich neugierig an. »Es ist ein Test«, erklärte ich. »Um zu sehen, was Miranda macht.« Ein paar Sekunden vergingen, dann wagte ich einen Blick nach hinten auf der Suche nach Miranda. Ich muss zugeben, ich war überrascht, dass sie nicht da war und in der Ferne herumschlich. Ich brauchte einen Moment, sie zu entdecken. Sie folgte Katie.
    Als Katie an der Tür ankam, blieb sie stehen. Miranda, ein paar Meter dahinter, blieb ebenfalls stehen. Katie strich sich über die Haare und zupfte ihren Rock zurecht. Miranda stand still und sah zu. Zwei Sekunden vergingen. Drei. Dann hob Miranda ihre Hand zum Kopf und strich sich über die Haare, genau wie Katie. Dann zog sie an ihrem Rock, damit er perfekt gerade saß. Genau wie Katie.
    Ich drehte mich zu Ami, im Begriff, etwas dazu zu sagen, aber ihr Gesicht brachte mich zum Verstummen. Ami, meine immer gelassene, logische Freundin, sah vollkommen fertig aus.
    »Was?«, sagte ich.
    »Da ist was …« Ami brach ab, und ich konnte sehen, wie der rationale Teil von ihr versuchte, mit dem klarzukommen, was sie eigentlich gerade sagen wollte. »Mit diesem Mädchen da stimmt etwas so ganz und gar nicht.«
    Der Schmerz in meinem Kopf wurde plötzlich stärker.
    Im Laufe dieses Nachmittags wurden meine Kopfschmerzen so schlimm, dass ich mich von Ami überreden ließ, nach Hause zu gehen. Der Idee, mich in meinem dunklen Zimmer ein paar Stunden lang zusammenzukringeln, vielleicht mit Musik von Luxe im Hintergrund, konnte ich nicht widerstehen. Ich eierte auf meinem Rad nach Hause, das Nachmittagslicht spielte meinen schmerzenden Augen böse Streiche.
    Als ich aus dem Krankenhaus nach Hause gekommen war, hatte ich ein paar umfassende Renovierungsarbeiten durchgeführt. Ich riss all die Mädchen- und Prinzessinnensachen von den Wänden, die Katie und ich so geliebt hatten, und überlegte kurz, alles so zu belassen – kahl und schlicht und hässlich – aber am Ende hätte es zu sehr ausgesehen wie in meinem Krankenhauszimmer. Was ich brauchte, war eine Zufluchtmöglichkeit. Kaum hatte sich die Idee von einem Wahrsagerzelt in
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