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Makers

Makers

Titel: Makers
Autoren: Chris Anderson
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KAPITEL 1
    DIE REVOLUTION DER ERFINDER
    Fred Hauser, mein Großvater mütterlicherseits, wanderte im Jahr 1926 aus Bern in der Schweiz nach Los Angeles aus. Er war aber nicht nur Schweizer, sondern vor allem ein ausgebildeter Mechaniker, und da war es wohl unvermeidlich, dass auch ein Uhrmacher in ihm steckte. Zum Glück gab es zu jener Zeit in Hollywood für einen Feinmechaniker viel zu tun bei all den mechanischen Kameras, Projektionssystemen und der neuen Tontechnik mit Magnetbändern. Hauser fand einen Job in der Aufnahmetechnik der MGM-Studios, heiratete, wurde Vater einer Tochter (meine Mutter) und kaufte sich einen mediterranen Bungalow in einer Seitenstraße in Westwood, wo jedes Haus einen großen Rasen vor dem Haus und eine Garage dahinter hatte.
    Aber Hauser war nicht nur ein technischer Angestellter. Nachts war er außerdem ein Erfinder. Er träumte von Maschinen, fertigte Entwürfe und technische Zeichnungen an und baute danach seine Prototypen. Er richtete sich in seiner Garage eine Werkstatt ein und stattete sie nach und nach mit den Werkzeugen aus, die er für seine Erfindungen brauchte: einem Standbohrer, einer Bandsäge, einer Stichsäge, einer Schleifmaschine und vor allem einer Drehmaschine zur Metallbearbeitung. Mithilfe einer solchen Drehmaschine undetwas Geschick kann jeder Stahl- oder Aluminiumblöcke in hochpräzise Maschinenteile verwandeln, egal ob Nockenwelle oder Ventil.
    Anfangs hatten seine Erfindungen hauptsächlich mit seiner Arbeit zu tun, und er entwickelte verschiedene Bandlaufwerke. Mit der Zeit jedoch richtete er seine Aufmerksamkeit immer mehr auf den Rasen vor seinem Haus. Weil alle trotz der heißen kalifornischen Sonne unbedingt einen perfekt grünen Rasen vor dem Haus haben wollten, boomte das Geschäft mit Sprinkleranlagen. Die stolzen Hausbesitzer nutzten ihren neu gewonnenen Wohlstand, ließen ihre Gärten aufreißen und Bewässerungssysteme verlegen. Nach Feierabend drehten sie dann die Ventile auf und bewunderten die Wasserfontänen aus Versenkregnern, verstellbaren Düsen und Schwenkregnern, die ihre Rasen bewässerten. Eine beeindruckende Vorrichtung. Allerdings musste man immer selbst Hand anlegen, wenn auch nur, um das Wasser an- und wieder abzudrehen. Konnte man hier nicht auch ein Uhrwerk einbauen?
    Hausers Antwort auf diese Frage war Patent Nummer 2311108 für den »sequenziellen Betrieb von Versorgungsventilen«, das er 1943 anmeldete. Konkret war damit ein automatisches Sprinklersystemgemeint, das im Wesentlichen aus einer elektrischen Uhr bestand, die das Wasser an- und abdrehte. Das Raffinierte daran war die Programmierung, die heute noch in ähnlicher Form für zeitgesteuerte Lampen und Thermostate verwendet wird: Im »Zifferblatt« der Uhr befand sich ein Ring aus Löchern, je eins alle fünf Minuten. Ein Stift, der durch eines der Löcher dringt, aktiviert einen Schalter, ein sogenanntes Relais, das ein Wasserventil öffnet oder schließt und so diesen Teil des Sprinklersystems kontrolliert. Über verschiedene Lochringe konnte man die einzelnen Teile des Bewässerungssystems steuern und alle Grünflächen rund ums Haus bewässern: vor dem Haus, hinter dem Haus, Innenhof und Auffahrt.

    Hauser hatte den Prototyp gebaut und in seinem eigenen Garten getestet, bevor er den Patentantrag stellte. Noch während das Prüfverfahren lief, suchte er nach Möglichkeiten, seine Erfindung auf den Markt zu bringen. Und genau hier offenbarten sich die Grenzen des Industriemodells des 20. Jahrhunderts.
    Es war damals schwer, nur mit einer Idee die Welt zu verändern. Man kann eine bessere Mausefalle erfinden, aber wenn man nicht Millionen davon herstellen kann, interessiert sich die Welt nicht dafür. Wie Marx bemerkte, hat derjenige die Macht, der die Produktionsmittel kontrolliert. Mein Großvater konnte das automatische Sprinklersystem zwar in seiner Werkstatt erfinden, aber er konnte dort keine Fabrik bauen. Um seine Erfindung auf den Markt zu bringen, musste er einen Fabrikanten dafür interessieren. Das ist schwierig, und der Erfinder muss dazu die Kontrolle über seine Erfindung abgeben. Der Besitzer der Produktionsmittel entscheidet, was produziert wird.
    Doch mein Großvater hatte Glück. Südkalifornien war das Zentrum der neuen Bewässerungsindustrie für den Privatgebrauch, und eine Firma namens Moody erwarb schließlich eine Produktlizenz für das automatische Sprinklersystem. Im Jahr 1950 kam es als Moody Rainmaster auf den Markt, und die Firma warb mit den
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