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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein
Autoren: Nicholas Sparks
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schritten in jener Kirche zum Altar, in der Jim getauft worden war, und in den ersten Jahren ihrer Ehe malte Julie, wenn sie mit Jim telefonierte, immer Smileys. Was konnte man mehr verlangen, fragte sie sich, wenn sie über ihr Leben nachdachte.
    Viel, wie sie bald feststellte. Wenige Wochen nach ihrem vierten Hochzeitstag erlitt Jim auf dem Heimweg von der Kirche einen Anfall und wurde mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht. Zwei Jahre später starb er an dem Hirntumor, und Julie musste mit fünfundzwanzig noch einmal ganz von vorn anfangen. Als dann auch noch Singer auftauchte, war sie an einem Punkt in ihrem Leben angekommen, wo nichts mehr sie überraschen konnte.
    Heute, so dachte sie, waren es die kleinen Dinge im Leben, auf die es ankam. Hatten früher die Höhepunkte den Takt angegeben, war es nun der Alltag, der ihre Existenz bestimmte. Mabel, Gott segne sie, war ein Engel gewesen. Sie hatte Julie geholfen, ihre Ausbildung zu beenden, sodass sie nun als Friseurin ein anständiges Auskommen hatte. Henry und Emma, zwei gute Freunde von Jim, hatten ihr nicht nur von Anfang an geholfen, sich in der Stadt einzuleben, sondern standen ihr auch nach Jims Ableben treu zur Seite. Und dann war da noch Mike, Henrys jüngerer Bruder und Jims bester Jugendfreund.
    Julie stand immer noch unter der Dusche. Sie lächelte. Mike war ein Kerl, der eines Tages eine Frau glücklich machen würde, wenn er auch bisweilen ein wenig konfus war.
    Wenig später, als sich Julie abgetrocknet hatte, putzte sie sich die Zähne, bürstete ihr Haar, schminkte sich und kleidete sich an. Da ihr Wagen in der Werkstatt war, musste sie zu Fuß zur Arbeit gehen – ungefähr eine Meile die Straße hoch –, also zog sie ein Paar bequeme Schuhe an. Als sie von außen die Haustür abschloss, rief sie nach Singer.
    Aus dem Augenwinkel erspähte sie eine Karte, die aus dem Briefkasten herausragte.
    Julie öffnete sie neugierig und überflog sie, während Singer aus dem Gehölz hervorsprang und zu ihr auf die Veranda getrottet kam.
    Liebe Julie, es war ein wunderbarer Samstagabend. Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf.
    Richard
    Deswegen hatte Singer also letzte Nacht solch einen Zirkus veranstaltet.
    »Siehst du«, sagte sie und hielt die Karte vor Singers Gesicht, damit er sie sehen konnte, »ich hab dir doch gesagt, er ist ein netter Kerl.«
    Singer wandte sich ab.
    »Nicht diese Nummer. Du kannst ruhig zugeben, dass du dich geirrt hast, weißt du. Ich glaube, du bist nur eifersüchtig.«
    Singer schnüffelte an ihr herum.
    »Ist es das? Bist du eifersüchtig?«
    Julie brauchte sich nicht zu bücken, um ihm über den Rücken zu streicheln.
    »Sei nicht eifersüchtig, okay? Freu dich für mich.« Singer tapste auf die andere Seite und sah zu ihr hoch.
    »Jetzt komm. Wir müssen laufen, weil Mike den Jeep noch nicht repariert hat.«
    Bei dem Namen Mike fing Singer an, mit dem Schwanz zu wedeln.

Kapitel 2
    M ike Harris’ Songtexte ließen ziemlich zu wünschen übrig, und auch seine Stimme war nicht eben danach, dass Vertreter von Plattenfirmen ihm die Tür einrannten. Dafür spielte er Gitarre und übte jeden Tag, in der Hoffnung, dass sein Durchbruch nicht mehr lange auf sich warten ließ. In den letzten zehn Jahren hatte er in einem Dutzend verschiedener Bands gespielt, von lärmigem Rock der Achtziger bis hin zu betulich-erdverbundenem Country. Und obwohl er mit offenkundiger Begeisterung spielte und die anderen Bandmitglieder ihn einfach gern haben mussten, nahm man ihn nach ein paar Wochen gewöhnlich beiseite und teilte ihm mit, dass es aus welchen Gründen auch immer einfach nicht mit ihm klappte. Nachdem sich diese Erfahrungen häuften, musste selbst Mike den Schluss ziehen, dass es nicht an persönlichen Unverträglichkeiten liegen konnte – obgleich er sich immer noch nicht eingestehen mochte, dass er womöglich einfach nicht besonders gut war.
    Mike führte ein Notizbuch, in dem er in der Freizeit seine Gedanken festhielt, mit dem Plan, diese Eindrücke in einem künftigen Roman zu verarbeiten. Doch auch das Schreiben gestaltete sich schwieriger, als er zunächst angenommen hatte. Es lag nicht daran, dass er keine Ideen hatte, vielmehr hatte er viel zu viele und konnte sich nicht entscheiden, welche in die Geschichte einfließen sollten und welche nicht. Im Jahr zuvor hatte er versucht, einen auf einem Kreuzfahrtschiff spielenden Kriminalroman zu schreiben, à la Agatha Christie, mit dem üblichen Dutzend Verdächtiger. Aber der Plot,
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