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Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Titel: Anita Blake 06 - Tanz der Toten
Autoren: Laurell K. Hamilton
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    Hinter meinem Schreibtisch saß die schönste Leiche, die ich je gesehen hatte. Jean-Claudes weißes Hemd leuchtete im Schein der Schreibtischlampe. Ein Wasserfall aus Spitze quoll aus dem Ausschnitt seiner schwarzen Samtjacke. Ich stand hinter ihm, mit dem Rücken an der Wand und verschränkten Armen, was meine Hände beruhigend nah an das Schulterholster mit der Browning Hi-Power brachte. Ich hatte nicht vor, sie auf ihn zu richten. Es war der andere Vampir, der mir Sorgen machte.
     
    Nur die Schreibtischlampe brannte. Der Vampir hatte verlangt, dass das Deckenlicht ausgeschaltet wurde. Er hieß Sabin, und er stand mir gegenüber an der Wand und drückte sich ins Dunkle. Er war von Kopf bis Fuß in einen schwarzen Kapuzenumhang gehüllt. Sah aus wie aus einem alten Vincent-Price-Film. Ich hatte noch nie einen echten Vampir gesehen, der sich so anzog.
     
    Der Letzte in unserer heiteren Runde war Dominic Dumare. Er saß auf einem der Klientensessel. Er war groß und dünn, aber nicht schmächtig. Er hatte kräftige Hände, die groß genug waren, um mein Gesicht in seiner Handfläche verschwinden zu lassen. Er trug einen dreiteiligen schwarzen Anzug, der nach Chauffeur aussah, wenn man von der Anstecknadel mit dem Diamanten absah. Ein Backen- und Oberlippenbart betonten sein markantes Gesicht.
     
    Gleich beim Hereinkommen hatte ich von ihm einen übersinnlichen Wind gespürt, der mir das Rückgrat hinunterfuhr. Mir waren erst zwei Leute begegnet, die dieses Fluidum ausstrahlten: die Nummer eins unter den mir bekannten Voodoopriestern und die Nummer zwei unter den mir bekannten Voodoopriestern. Nummer eins, eine Frau, war tot. Nummer zwei, ein Mann, arbeitete für Animators, Inc., genau wie ich. Aber Dominic Dumare war nicht hier, um sich um eine Stelle zu bewerben.
     
    »Ms Blake, bitte nehmen Sie Platz«, begann Dumare. »Sabin findet es äußerst beleidigend zu sitzen, solange eine Dame steht.« Ich blickte an ihm vorbei zu Sabin. »Ich werde mich setzen, wenn er sich setzt«, antwortete ich.
     
    Dumare sah Jean-Claude an. Der schenkte ihm ein freundlich herablassendes Lächeln. »Hast du so wenig Kontrolle über deinen menschlichen Diener?«
     
    Ich brauchte Jean-Claude nicht anzusehen, um zu wissen, wie er lächelte. »Oh, bei ma petite bist du auf dich allein gestellt. Sie ist mein menschlicher Diener, wie vor dem Rat erklärt, aber sie gehorcht niemandem.« »Du scheinst stolz darauf zu sein«, sagte Sabin. Er klang britisch und sehr nach den oberen Zehntausend.
     
    »Sie ist der Scharfrichter und hat mehr Vampirfähigkeiten als sonst ein Mensch. Sie ist eine so machtvolle Totenbeschwörerin, dass du immerhin um die halbe Welt gereist bist, um sie zu konsultieren. Sie ist mein menschlicher Diener, trägt aber kein Zeichen, das sie an mich bindet. Sie geht mit mir aus, ohne dass ich sie in meinen Bann schlagen muss. Warum sollte ich nicht zufrieden sein?«
     
    Wenn man ihn so hörte, konnte man meinen, dass das alles auf seinem Mist gewachsen war. Tatsache war, dass er nichts unversucht gelassen hatte, um mir seine Vampirzeichen aufzudrücken, aber mir war es gelungen, ohne davonzukommen. Und wir gingen miteinander aus, weil er mich erpresste: Entweder ließ ich mich von ihm ausführen, oder er würde meinen Freund umbringen. Jean-Claude hatte alles zu seinem Vorteil gedreht. Wieso überraschte mich das nicht?
     
    »Bis sie stirbt, kannst du keinen anderen Menschen zeichnen«, stellte Sabin fest. »Du hast dich um ein beträchtliches Maß an Macht gebracht.« »Ich weiß genau, was ich getan habe«, erwiderte Jean-Claude.
     
    Sabin lachte, und es klang gallebitter. »Wir alle tun seltsame Dinge um der Liebe willen.«
     
    In dem Moment hätte ich viel gegeben, Jean-Claudes Gesicht sehen zu können. Ich sah nur sein langes Haar, das schwarz auf schwarz über die Samtjacke floss. Aber seine Schultern versteiften sich, die Hände strichen über die Schreibunterlage, dann wurde er völlig reglos. So abwartend reglos, wie es nur sehr alte Vampire können, als würden sie, wenn sie nur lange genug stillhalten, ganz einfach verschwinden.
     
    »Das ist es, was dich hergeführt hat, Sabin? Die Liebe?« Jean-Claude klang neutral, nichtssagend. Sabins Lachen zerschnitt die Luft wie eine Glasscherbe. Es fühlte sich an, als würde allein ihr Klang für innere Verletzungen sorgen. Das gefiel mir nicht.
     
    »Schluss mit dem Geplänkel«, sagte ich, »bringen wir's hinter uns.« »Ist sie immer so
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