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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein
Autoren: Nicholas Sparks
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anderen und wartete, ob Julie noch mehr sagen würde. Dem war nicht so.
    Mist, dachte er. Richard schien eindeutig ein anderes Kaliber zu sein als Bob, der romantische Zahlenjongleur. Oder Ross, der Sex-Besessene. Oder Adam aus den Eingeweiden von Swansboro. Mit solchen Nebenbuhlern, fand Mike, konnte er es durchaus aufnehmen. Aber Richard? Das Slocum House?
Nett war es?
    »Du hast dich also amüsiert?«, fragte er noch einmal nach.
    »Ja. Wir hatten Spaß.«
    Spaß? Wie viel Spaß? Das ist überhaupt nicht gut, dachte Mike.
    »Freut mich«, log er und heuchelte Begeisterung, so gut es ging.
    Julie berührte ihn am Arm. »Keine Sorge, Mike. Du weißt doch, dass ich dich immer am meisten lieben werde, nicht wahr?«
    Mike schob die Hände in die Taschen. »Aber auch nur, weil ich dein Auto repariere«, sagte er.
    »Stell dein Licht nicht unter den Scheffel«, sagte sie. »Schließlich hast du auch mein Dach geflickt.«
    »Und deine Waschmaschine repariert.«
    Julie beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange, dann drückte sie ihm leicht den Arm.
    »Was soll ich sagen, Mike? Du bist einfach ein lieber Kerl.«
    Als Julie zum Salon weiterging, spürte sie, dass Mike ihr nachsah, doch anders als bei manch anderen Männern störte es sie kein bisschen. Er ist ein guter Freund, dachte sie, verbesserte sich aber auf der Stelle. Nein, Mike war ihr bester Freund, den sie im Notfall immer anrufen konnte. Freunde wie er waren selten, deshalb empfand sie auch Gewissensbisse, wenn sie – wie eben – nicht ganz offen zu ihm war.
    Sie brachte es nicht übers Herz, Mike nähere Einzelheiten über ihre Verabredung zu erzählen, weil er… nun, Mike machte nicht gerade ein Geheimnis daraus, was er für sie empfand, und sie wollte seine Gefühle nicht verletzen. Was hätte sie denn sagen sollen?
Verglichen mit den anderen Männern war Richard toll! Klar, ich würde mich wieder mit ihm treffen!
Sie wusste, dass Mike gern etwas mit ihr angefangen hätte, und zwar schon seit ein paar Jahren. Aber ihre Gefühle für Mike – abgesehen davon, dass sie ihn als ihren besten Freund ansah – waren kompliziert. Wie konnte es auch anders sein? Jim und Mike waren von Kindheit an beste Freunde gewesen, Mike war bei ihrer Hochzeit Trauzeuge gewesen, und bei Mike hatte sie nach Jims Tod Trost gesucht. Er war mehr wie ein Bruder, und sie konnte schließlich nicht einfach auf Knopfdruck ihre Gefühle ändern.
    Aber das war noch nicht alles. Weil Jim und Mike so enge Freunde gewesen waren, weil Mike in ihrer beider Leben eine Rolle gespielt hatte, empfand Julie schon bei der Vorstellung, mit ihm auszugehen, ein seltsames Gefühl von Verrat. Wenn sie einwilligte, sich mit ihm zu treffen, hieß das, einem Wunsch zu folgen, den sie insgeheim immer schon gehabt hatte? Was würde Jim davon halten? Und konnte sie je Mike anschauen, ohne dabei an Jim zu denken und an frühere Gelegenheiten, als sie alle drei zusammen gewesen waren? Sie wusste es nicht. Und was wäre, falls Mike und sie tatsächlich einmal miteinander ausgingen, das Ganze aber, aus welchem Grund auch immer, in einen Fehlschlag mündete? Das würde alles zwischen ihnen ändern. Aber Julie konnte die Vorstellung nicht ertragen, ihn als Freund zu verlieren. Leichter wäre es also, wenn alles zwischen ihnen beim Alten blieb.
    Auch Mike, so mutmaßte sie, war sich über all dies im Klaren, was wahrscheinlich auch der Grund war, warum er sie noch nie um ein Date gebeten hatte, obwohl er es sich so offensichtlich wünschte.
    Manchmal aber – wie letzten Sommer, als sie mit Henry und Emma auf dem Boot unterwegs gewesen waren und Wasserski liefen – hatte sie das Gefühl, als ringe er ernstlich mit sich, es zu tun, und wenn ihn diese Stimmungen anwandelten, wurde Mike etwas komisch. Entgegen seiner sonst so unkomplizierten Art – stets lachte er als Erster über Witze, auch wenn sie auf seine Kosten gingen, stets war er derjenige, den man zum Bierholen in den Laden um die Ecke schickte, weil jeder wusste, dass es ihm nichts ausmachte – wurde Mike dann unvermittelt still, als argwöhne er, sein ganzes Problem mit Julie sei darauf zurückzuführen, dass er nicht cool genug war. Statt über das Gerede der anderen zu lachen, zwinkerte er nur oder verdrehte die Augen oder musterte seine Fingernägel. Wenn Mike in diese Launen verfiel, kannte Henry, sein älterer Bruder, kein Pardon. Als Henry damals auf dem Schiff Mikes jähen Stimmungsumschwung bemerkt hatte, hatte er ihn gefragt, ob er mittags zu
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