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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein
Autoren: Nicholas Sparks
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nicht…«
    Der junge Mann schaute sich noch mal um. »Frohe Weihnachten«, sagte er.
    Julie sah von der offenen Tür aus zu, wie er in seinen Lieferwagen stieg. Kurz darauf stellte sie den Karton vor dem Weihnachtsbaum auf den Boden und kniete sich daneben. Ein kurzer Blick bestätigte, dass nirgendwo eine Karte steckte, und auch sonst deutete nichts auf den Absender hin. Julie löste das Band, hob den separat mit Papier umwickelten Deckel ab – und starrte sprachlos ihr Geschenk an.
    Ein verfilztes, winziges Fellknäuel, kaum mehr als ein paar Pfund schwer, kauerte in einer Kartonecke – der hässlichste Welpe, der Julie je untergekommen war. Sein Kopf war groß und stand in deutlichem Missverhältnis zum übrigen Körper. Winselnd sah er zu ihr hoch, die Augen mit Schleimpfropfen verklebt.
    Jemand hatte ihr einen Welpen gekauft. Einen hässlichen Welpen.
    Innen an der Kartonwand war mit Klebeband ein Briefumschlag befestigt. Während sie danach griff, erkannte sie die Handschrift darauf und hielt inne. Nein, dachte sie, das kann nicht sein…
    Die Liebesbriefe, die er ihr an ihren Hochzeitstagen schrieb, trugen diese Handschrift, und auch die hastig gekritzelten Nachrichten neben dem Telefon, die Unterlagen, die sich auf seinem Schreibtisch türmten. Julie hielt den Umschlag vor sich und las immer wieder ihren Namen darauf. Dann zog sie mit zittrigen Händen den Brief heraus.
    Liebe Jules,
    Es war Jims Spitzname für sie, und Julie schloss die Augen. Ihr war, als schrumpfe ihr Körper plötzlich. Sie zwang sich, tief durchzuatmen, und fing noch einmal an zu lesen.
    Liebe Jules,
    wenn du diesen Brief liest
,
werde ich schon dahingegangen sein. Ich weiß nicht, wie lange ich dann schon fort bin, aber ich hoffe, du hast langsam begonnen, es zu verschmerzen. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde es mir schwerfallen, aber du weißt, dass ich dich immer schon für die Stärkere von uns beiden gehalten habe.
    Ich habe dir, wie du siehst, einen Hund gekauft. Harold Kuphaldt war mit meinem Vater befreundet, und er züchtet Dänische Doggen, so lange ich denken kann. Als Junge habe ich mir immer eine gewünscht, aber da unser Haus so klein war, hat Mom es nicht erlaubt. Es sind große Tiere, zugegeben, aber Harold zufolge sind sie auch die liebsten Hunde der Welt. Ich hoffe, du hast viel Freude mit ihm (oder ihr).
    Insgeheim habe ich wohl immer gewusst, dass ich es nicht schaffen werde. Darüber wollte ich aber nicht nachdenken, weil ich wusste, dass du niemanden hast, der dir hilft, solch eine Situation durchzustehen. Jedenfalls keine Eltern oder Geschwister. Der Gedanke, dass du dann ganz allein bist, hat mir das Herz gebrochen. Weil ich keine bessere Idee hatte, habe ich wenigstens dafür gesorgt, dass du diesen Hund bekommst.
    Falls er dir nicht gefällt, musst du ihn natürlich nicht behalten. Harold meinte, er würde ihn ohne Probleme zurücknehmen. (Seine Telefonnummer müsste beiliegen.)
    Ich hoffe, es geht dir ganz gut. Seit ich krank wurde, war ich in ständiger Sorge um dich. Ich liebe dich, Jules, wirklich. Als du in mein Leben getreten bist, hast du mich zum glücklichsten Mann der Welt gemacht. Die Vorstellung, dass du nie wieder glücklich wirst, bricht mir schier das Herz. Tu es also für mich, werde wieder glücklich. Finde jemanden, der dich glücklich macht. Mag sein, dass
du es für unmöglich hältst, und dass es tatsächlich schwer ist, aber ich möchte gern, dass du es versuchst. Die Welt ist so viel schöner, wenn du lächelst.
    Und mach dir keine Sorgen. Wo ich auch sein mag, ich werde auf dich aufpassen. Ich werde dein Schutzengel sein, Sweetheart. Verlass dich darauf, ich beschütze dich. Ich liebe dich,
    Jim
    Mit Tränen in den Augen spähte Julie über den Rand des Kartons und griff hinein. Der Welpe schmiegte sich an ihre Hand. Sie hob ihn heraus und hielt ihn sich dicht vors Gesicht. Er war winzig und zitterte, und sie konnte seine Rippen fühlen.
    Wirklich ein hässliches Kerlchen, dachte Julie. Und ausgewachsen war er sicher so groß wie ein Kalb. Was um alles in der Welt sollte sie mit solch einem Hund?
    Warum hatte Jim ihr nicht einen Zwergschnauzer mit grauem Backenbärtchen schenken können, oder einen Cockerspaniel mit traurigen Kulleraugen? Etwas Handlicheres? Etwas Süßes, das sich ab und zu auf ihrem Schoß zusammenrollte?
    Der Welpe, ein Rüde, begann zu winseln, ein hoher Laut, der an- und abschwoll wie der Widerhall von fernen Lokpfeifen.
    »Schscht… dir passiert nichts«,
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